Außerordentliche Kündigung wegen Strafanzeige

In einem aktuellen Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz (Az. 2 Sa 349/21, Urteilsdatum: 11.05.2022) wurde die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung, ausgesprochen von einem Arbeitgeber gegenüber einer Arbeitnehmerin, bestätigt. Die Kündigung erfolgte, nachdem die Arbeitnehmerin eine gegen ihren Arbeitgeber wegen angeblicher unerlaubter Überwachung erstattet hatte.

Hintergrund des Falles

Die Arbeitnehmerin, beschäftigt in der Buchhaltung, äußerte wiederholt Befürchtungen einer Überwachung durch den Arbeitgeber. Trotz wiederholter Versicherungen des Arbeitgebers, dass keine Überwachung stattfand, erstattete sie eine Strafanzeige. Daraufhin sprach der Arbeitgeber die außerordentliche sowie eine vorsorgliche ordentliche Kündigung aus.

Entscheidungsgründe des Gerichts

Das Landesarbeitsgericht stellte fest, dass die Arbeitnehmerin mit der Strafanzeige eine erhebliche Verletzung ihrer vertraglichen Rücksichtnahmepflichten begangen hatte. Diese Verletzung wurde als wichtiger Grund für die außerordentliche Kündigung im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB angesehen. Das Gericht betonte, dass die Erstattung einer Strafanzeige gegen den Arbeitgeber grundsätzlich ein wichtiger Kündigungsgrund sein kann, insbesondere wenn der dabei wissentlich oder leichtfertig falsche Angaben macht.

Bedeutung für Arbeitnehmer als Hinweisgeber („Whistleblower“)

Dieser Fall wirft ein Schlaglicht auf die komplexe Thematik der Arbeitnehmer als Hinweisgeber, auch bekannt als „Whistleblowing“. Im Kern steht das Spannungsfeld zwischen der Wahrnehmung staatsbürgerlicher Rechte durch den Arbeitnehmer und seiner vertraglichen Pflicht zur Rücksichtnahme gegenüber dem Arbeitgeber.

  1. Grundrecht auf : Die Einschaltung der Staatsanwaltschaft zur Aufklärung eines vermeintlich strafbaren Verhaltens des Arbeitgebers ist grundsätzlich vom Grundrecht der Meinungsfreiheit umfasst.
  2. Grenzen des Whistleblowings: Dieses Recht ist jedoch nicht unbegrenzt. Eine Strafanzeige kann dann unangemessen sein, wenn sie auf falschen oder leichtfertigen Behauptungen basiert und somit eine unverhältnismäßige Reaktion darstellt.
  3. Abwägung der Interessen: Wichtig ist die Abwägung zwischen dem Recht auf Meinungsäußerung des Arbeitnehmers und den schutzwürdigen Interessen des Arbeitgebers.

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Fazit

Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz unterstreicht die Bedeutung einer sorgfältigen und verantwortungsvollen Ausübung des Rechts auf freie Meinungsäußerung und der Anzeigepflicht von Arbeitnehmern. Sie verdeutlicht, dass Whistleblowing seine Grenzen findet, wenn es ohne fundierte Anhaltspunkte erfolgt und die Interessen des Arbeitgebers erheblich verletzt. Diese Entscheidung kann als richtungsweisend für ähnliche Fälle angesehen werden, bei denen es um die Balance zwischen Whistleblowing und vertraglichen Pflichten geht.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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