Fahrverbot und Augenblicksversagen bei Rotlichtverstoß: Liegen die Voraussetzungen eines Rotlichtverstoßes vor, unter denen ein Fahrverbot als regelmäßige Denkzettel- und Erziehungsmaßnahme angeordnet werden soll, ist grundsätzlich von einer groben Pflichtverletzung des betroffenen Kraftfahrers auszugehen. Sie ist in diesen Fällen bereits indiziert, wenn man dann etwa auf ein Augenblicksversagen hinaus möchte, muss man hierzu genügend vorbringen können.
Hierauf wies das Kammergericht (KG, Beschluss vom 17.1.2018, 3 Ws 356/17) im Fall eines Autofahrers hin, der wegen eines Rotlichtverstoßes zu einem Monat Fahrverbot verurteilt worden war. Das KG wies die Rechtsbeschwerde des Autofahrers zurück. Es machte deutlich, dass die Gerichte diese Vorbewertung des Verordnungsgebers berücksichtigen müssten. Das diene der Gleichbehandlung der Verkehrsteilnehmer und der Vorhersehbarkeit und Berechenbarkeit der durch bestimmte Verkehrsverstöße ausgelösten Rechtsfolgen. Der Tatrichter sei in diesen Fällen gehalten, ein Fahrverbot anzuordnen. Vom Fahrverbot könne nur abgesehen werden, wenn der Erfolgs- oder Handlungsunwert weggefallen sei. Dazu müssten entweder besondere Ausnahmeumstände in der Tat (z.B. atypischer Rotlichtverstoß wegen Ausschlusses einer Gefahrenlage) oder in der Persönlichkeit des Betroffenen (z.B. Augenblicksversagen beim Rotlichtverstoß) offensichtlich gegeben sein. Dazu hatte der Betroffene jedoch nichts vorgetragen.
Im Hinblick auf ein eventuelles Augenblicksversagen ist darauf zu verweisen, dass ein solches Augenblicksversagen mit der Rechtsprechung nur sehr zurückhaltend anzunehmen sein wird:
Augenblicksversagen bei einem qualifizierten Rotlichtverstoß ist gegeben, wenn der Betroffene die Rotlicht zeigende Lichtzeichenanlage infolge einer momentanen Unaufmerksamkeit nicht wahrgenommen hat und ihm insoweit allenfalls einfache Fahrlässigkeit zur Last fällt. Dies ist vorliegend zu verneinen. Die Lichtzeichenanlage liegt wie festgestellt an einer langen geraden Fahrstrecke, es herrschte kein starker Verkehr und keine unübersichtliche Verkehrssituation. Die Lichtzeichenanlage und deren Umschalten auf zunächst Gelb- und dann Rotlicht musste der Betroffene folglich bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt ohne Weiteres wahrnehmen und beachten. Vorliegend hat der Betroffene hingegen – wie sich in seiner unverminderten Geschwindigkeit zeigt – die Lichtzeichenanlage überhaupt nicht beachtet. Wer so unaufmerksam fährt, dass er ein von ihm zu beachtendes Wechsellichtzeichen überhaupt nicht beachtet, verletzt seine Pflichten gerade in der die Verhängung eines Fahrverbots begründenden besonders groben Weise.
Amtsgericht Detmold, 4 OWi-35 Js 2639/18-500/18
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