Im Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 22. August 2024 (Az. VII ZR 68/22) ging es um die Frage, ob ein Besteller nach Erklärung einer Minderung der Vergütung dennoch einen Anspruch auf einen Kostenvorschuss zur Mängelbeseitigung geltend machen kann. Der BGH entschied, dass die Minderung des Vergütungsanspruchs gemäß § 634 Nr. 3, § 638 BGB einen Kostenvorschussanspruch nach § 634 Nr. 2, § 637 Abs. 3 BGB nicht ausschließt.
Sachverhalt
Die Klägerin errichtete für die Beklagten ein Einfamilienhaus, das am 14. Oktober 2013 abgenommen wurde. Nach Abschluss der Bauarbeiten machten die Beklagten Schallschutzmängel geltend, die sie zur Minderung der Vergütung veranlassten. Später verlangten sie jedoch zusätzlich einen Kostenvorschuss zur Beseitigung der Mängel. Die Klägerin klagte auf Zahlung des ausstehenden Restbetrags, während die Beklagten widerklagend den Vorschuss verlangten.
Rechtsfragen
Der zentrale Streitpunkt bestand darin, ob nach einer bereits erklärten Minderung der Werklohnanspruch des Unternehmers dennoch ein Anspruch auf einen Kostenvorschuss zur Beseitigung derselben Mängel bestehen kann. Das Landgericht hatte den Vorschuss zunächst abgelehnt, doch das Berufungsgericht bejahte ihn, da die Mängel weiterhin beseitigt werden sollten.
Entscheidung
Der BGH entschied, dass die Minderung der Vergütung nicht zwangsläufig dazu führt, dass der Besteller keinen Vorschuss für die Mängelbeseitigung verlangen kann. Der Besteller kann sein Recht auf Minderung geltend machen und trotzdem zu einem späteren Zeitpunkt die Beseitigung des Mangels veranlassen. Dies ergibt sich aus dem Grundsatz, dass die verschiedenen Mängelrechte des Bestellers grundsätzlich nebeneinander bestehen können, solange der Besteller das Werk behält:
- Wahlfreiheit des Bestellers: Der BGH betonte, dass der Besteller gemäß § 634 BGB verschiedene Mängelrechte hat, die er flexibel ausüben kann. Dazu gehört das Recht, trotz Minderung weiterhin die Beseitigung eines Mangels zu verlangen.
- Kostenvorschussanspruch: Auch nach einer Minderung steht dem Besteller ein Vorschussanspruch zu, da dieser darauf abzielt, ihm die finanzielle Belastung der Mängelbeseitigung zu ersparen. Der BGH erklärte, dass es keinen gesetzlich geregelten Ausschluss dieses Rechts nach einer Minderung gibt.
- Unverhältnismäßigkeit: Die Klägerin hatte argumentiert, dass die Mängelbeseitigung unverhältnismäßig sei. Der BGH wies dies zurück, da die Schallschutzmängel nicht trivial waren und die prognostizierten Kosten als angemessen angesehen wurden.
Fazit
Der BGH bestätigte damit, dass die Minderung des Werklohns den Anspruch auf einen Kostenvorschuss nicht ausschließt. Der Besteller hat die Möglichkeit, flexibel zwischen seinen Mängelrechten zu wechseln, solange er das mangelhafte Werk behält. Dies stärkt die Position des Bestellers, da er auch nach einer Minderung eine vollständige Erfüllung seiner vertraglichen Ansprüche durchsetzen kann.
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