Im Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 28. August 2024 (Az. XII ZR 62/22) befasste sich das Gericht mit der Beweiskraft öffentlicher Urkunden, insbesondere gemäß § 415 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO). Der BGH stellte klar, dass öffentliche Urkunden den vollen Beweis dafür erbringen, dass die in der Urkunde niedergelegte Erklärung in der dokumentierten Form und zu den festgehaltenen Umständen abgegeben wurde. Dies umfasst Ort, Zeit und den Inhalt der Erklärung sowie das Vorhandensein der Urkundsperson.
Allerdings stellte der BGH auch fest, dass die inhaltliche Richtigkeit der Erklärung, also die Frage, ob die durch die Urkunde dokumentierte Tatsache auch tatsächlich zutrifft, nicht von dieser Beweiskraft umfasst ist. Die Frage, ob eine Tatsache durch eine Erklärung bewiesen wird, bleibt der freien Beweiswürdigung des Gerichts vorbehalten.
In dem zugrundeliegenden Fall ging es um die Genehmigung eines Kaufvertrags durch die Erblasserin, die von ihrem Betreuer vertreten wurde. Das Berufungsgericht hatte der notariellen Urkunde die volle Beweiskraft für die inhaltliche Richtigkeit beigemessen, was der BGH jedoch als Fehler ansah. Entscheidend sei vielmehr, ob die Erblasserin umfassend über die wirtschaftlichen Konsequenzen des Vertrages aufgeklärt wurde. Hier hätte das Berufungsgericht klären müssen, ob die Erblasserin ausreichend informiert wurde, was es aber versäumt hatte.
Der BGH bestätigt damit die prozessual vorgegebene enge Beweiskraft öffentlicher Urkunden, die nur die formale Richtigkeit der dokumentierten Erklärung, nicht aber deren inhaltliche Wahrheit garantiert. Die inhaltliche Prüfung bleibt der richterlichen Bewertung vorbehalten.
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