In der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Köln (8 Sa 300/23) vom 11. Januar 2024 ging es um die Rückforderung von geleisteter Entgeltfortzahlung durch die Beklagte aufgrund von Zweifeln an der Richtigkeit einer türkischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Klägers. Der Kläger, ein langjähriger Mitarbeiter, reichte nach einem Aufenthalt in der Türkei eine türkische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ein, deren Gültigkeit von der Beklagten angezweifelt wurde.
Sachverhalt
Der Kläger war seit dem 30. Oktober 2000 bei der Beklagten beschäftigt und hatte vom 27. Mai 2022 bis zum 2. Juni 2022 Urlaub in der Türkei. Im Anschluss daran nahm er zwei Ruhetage und mehrere Freizeitausgleichstage in Anspruch. Am 14. Juni 2022 reichte er eine türkische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ein, die ihn vom 13. Juni 2022 bis zum 23. Juni 2022 krank schrieb. Die Beklagte zweifelte die Echtheit und den Beweiswert der Bescheinigung an und kürzte das Gehalt des Klägers entsprechend.
Der Kläger erhob daraufhin Klage und forderte die Rückzahlung der gekürzten Beträge. Er argumentierte, dass die Bescheinigung korrekt und seine Erkrankung echt sei. Die Beklagte hingegen verwies auf Unstimmigkeiten in der Bescheinigung und frühere ähnliche Vorfälle, die den Verdacht auf ein Verhaltensmuster erhärteten.
Rechtliche Analyse
Das Landesarbeitsgericht Köln gab dem Kläger teilweise Recht und entschied, dass die Beklagte den einbehaltenen Betrag zurückzahlen muss.
- Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung: Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aus der Türkei wurde vom Gericht als grundsätzlich gleichwertig zu einer deutschen Bescheinigung angesehen. Entscheidend war, dass der ausstellende Arzt zwischen einer bloßen Erkrankung und einer mit Arbeitsunfähigkeit verbundenen Krankheit unterschieden hat. Der Kläger konnte zudem eine Erklärung des Arztes vorlegen, der die Korrektur des Datums auf der Bescheinigung bestätigte.
- Darlegungs- und Beweislast: Die Beklagte konnte nicht ausreichend konkrete Tatsachen darlegen, die Zweifel an der Echtheit der Bescheinigung begründeten. Allgemeine Mutmaßungen und frühere ähnliche Vorfälle reichten nicht aus, um den Beweiswert der aktuellen Bescheinigung zu erschüttern.
- Keine Wiederholungsmuster: Die Beklagte hatte argumentiert, dass der Kläger in der Vergangenheit wiederholt im Zusammenhang mit Urlauben arbeitsunfähig geschrieben worden sei. Das Gericht stellte jedoch fest, dass keine ausreichenden Anhaltspunkte für ein systematisches Verhaltensmuster vorlagen.
Fazit
Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Köln unterstreicht die Bedeutung des Beweiswertes ausländischer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und die hohen Anforderungen an den Arbeitgeber bei der Anfechtung solcher Bescheinigungen. Arbeitgeber müssen konkrete und belegbare Zweifel vorbringen, um den Beweiswert einer vorgelegten Bescheinigung zu erschüttern. Mutmaßungen und Vermutungen reichen nicht aus, um eine berechtigte Entgeltfortzahlung zu verweigern.
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