In der Tat überraschend ist es, dass in der Strafprozessordnung nicht geregelt ist, dass ein ausdrücklicher (gesetzlicher) Befangenheitsgrund vorliegt, wenn entscheidender Richter und Prozessbeteiligter – etwa Verteidiger oder Staatsanwalt – miteinander verheiratet sind. Der BGH (4 StR 249/20) konnte nun endlich klarstellen, dass hier definitiv von einer Befangenheit auszugehen ist.
Dass dies nicht zwingend so sein muss zeigt der Generalbundesanwalt, der in dem zitierten Verfahren gar keine Bedanken hatte, wenn vorsitzende Richterin und Nebenklagevertreter miteinander verheiratet sind. Der BGH sieht dies zum Glück anders und verweist auf die Lage im Zivilrecht:
Im Zivilverfahren ist anerkannt, dass bei einem Richter, der Ehegatte eines Prozessbevollmächtigten ist, regelmäßig von einer Besorgnis der Befangenheit auszugehen ist (vgl. OLG Rostock, Beschluss vom 5.November 2003 – 7 U 218/01, OLGR Rostock 2005, 35; OLG Jena, Urteil vom 25. August 1999 – 2 U 755/99, OLGR Jena 2000, 76). (…)
Ein verständiger Angeklagter wird in dieser Konstellation ein Misstrauen in die Un- parteilichkeit der Vorsitzenden Richterin hegen, ohne dass dieser Eindruck tat- sächlich ihrer inneren Haltung entsprechen muss.
BGH, 4 StR 249/20
Es ist befremdlich, dass der Gesetzgeber inzwischen mehrmals jährlich an StPO und StGB herumfummelt, aber diesen in der Praxis häufig vorkommenden Fall bis heute nicht regelt. Dabei macht der Generalbundesanwalt vorliegend deutlich, dass zwar jedem Angeklagten sich ein „Unwohlsein“ aufdrängen muss, aber man das durchaus auch (krampfhaft bemüht) anders sehen kann. Gut ist, dass nun endlich Klarheit herrscht – erschreckend ist, dass der Gesetzgeber hier bis heute nicht reagiert und diese Praxisnahe Konstellation bis heute nicht endlich eindeutig geregelt wurde.
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