OVG Lüneburg: Prüfungskommission hat Anspruch auf ein amtsärztliches Attest

Das OVG Lüneburg (2 ME 343/09) stellt fest:

Die Prüfungskommission kann verlangen, dass im Fall einer letzten Wiederholungsprüfung zum Nachweis der Prüfungsunfähigkeit aufgrund einer Erkrankung grundsätzlich ein amtsärztliches Attest vorzulegen ist.


Im Sachverhalt erschien jemand nicht zur Prüfung (schriftliche Prüfung im Fach Statistik) und versuchte ohne amtsärztliches Attest eine Wiederholung zu erreichen. Das aber war zwingend so die Fachhochschule Oldenburg/Ostfriesland/Wilhelmshaven (FHOOW):

Dies ergebe sich bereits daraus, dass er entgegen der Forderung in § 16 Abs. 2 Satz 4 BPO Teil A und eines vorangegangenen, hochschulöffentlich bekannt gemachten Beschlusses des Prüfungsausschusses des Fachbereichs Wirtschaft der FHOOW ein amtsärztliches Attest nicht vorgelegt habe. Unabhängig davon sei das von dem Antragsteller am 19. Januar 2009 bei der Antragsgegnerin eingegangene ärztliche Attest über seine „Arbeitsunfähigkeit“ am 15. Januar 2009 und damit verspätet ausgestellt worden, zumal es nicht den Anforderungen, die an den Nachweis der Prüfungsunfähigkeit zu stellen seien, genüge.

Das Gericht stimmt dem zu:

Nach § 16 Abs. 2 Satz 4 BPO Teil A ist im Fall der Geltendmachung von Prüfungsunfähigkeit wegen einer Erkrankung auf Verlangen der Prüfungskommission ein amtsärztliches Attest vorzulegen, soweit die Krankheit nicht offenkundig ist. Ein derartiges Verlangen liegt hier in Gestalt des Beschlusses des Prüfungsausschusses des Fachbereichs Wirtschaft aus dem Jahr 2005 vor. Hiernach ist mit Wirkung ab dem 1. März 2005 beschlossen worden, dass für eine letzte Wiederholungsprüfung bei Krankheit generell ein amtsärztliches Attest vorzulegen ist. Dieser Beschluss hat § 16 Abs. 2 Satz 4 BPO Teil A zur Grundlage. Entgegen der Ansicht des Antragstellers stellt diese Vorschrift nicht ausschließlich auf den Einzelfall eines Prüflings ab, sondern umfasst auch die allgemeine Forderung der Vorlage eines amtsärztlichen Attestes in bestimmten Fallgruppen wie hier der letzten Wiederholungsprüfung. Etwas anderes folgt nicht aus der Fassung der Vorschrift, wonach im Umkehrschluss bei Offenkundigkeit der Krankheit die Vorlage eines amtsärztlichen Attestes nicht erforderlich ist. Dieser Vorbehalt schließt die Befugnis, im Fall des letzten Versuchs einer Wiederholungsprüfung unabhängig von Besonderheiten des Einzelfalls allgemein ein amtsärztliches Attest zu verlangen, nicht aus. Die Forderung der Vorlage eines amtsärztlichen Attestes in diesem Fall beruht seinerseits auf anerkannten Grundsätzen des Prüfungsrechts. Nach allgemeiner Ansicht kann eine Prüfungsordnung vorsehen, dass die Prüfungsunfähigkeit generell durch ein amtsärztliches Attest nachzuweisen ist (BVerwG, Beschl. v. 10.4.1990 – BVerwG 7 B 48.90 -, NVwZ-RR 1990, 481; Niehues, Prüfungsrecht, 4. Aufl. 2004, Rdnr. 136 m. w. N.). Dann ist es aber auch gerechtfertigt, dass die Prüfungsordnung – wie hier im Fall des letzten Prüfungsversuchs – die Prüfungskommission seinerseits ermächtigt, in bestimmten Fällen generell die Vorlage eines amtsärztliches Attestes zu verlangen.

Dieses Erfordernis ist auch hinreichend hochschulöffentlich bekannt gemacht worden. Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 BPO Teil A ist die Prüfungsordnung hochschulöffentlich bekannt zu machen; diesem Erfordernis ist Genüge getan. Gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 BPO Teil A hat die Prüfungskommission die Studierenden in geeigneter Weise über die geltenden Prüfungsbestimmungen zu informieren. Auch dieser Verpflichtung ist die Antragsgegnerin hinreichend nachgekommen. Nach ihrem Vorbringen ist der genannte Beschluss in der Vergangenheit hochschulöffentlich bekannt gemacht worden. Zudem wurde nach dem von dem Antragsteller nicht substantiiert bestrittenen Vortrag der Antragsgegnerin dieser Beschluss ab dem 20. Dezember 2007 im Aushangkasten im Südgebäude des Fachbereichs Wirtschaft ausgehängt. Und schließlich ist nach der von dem Antragsteller ebenfalls nicht substantiiert bestrittenen Darstellung der Antragsgegnerin in dem Klausurenterminplan für das Wintersemester 2008/2009, der über das Internet abgefragt werden konnte und auch im Aushangkasten des Prüfungsausschusses aushing, ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass „für die letzte Wiederholung … ein amtsärztliches Attest – außer bei chronischen Krankheiten – einzureichen (ist)“. Es gehört zu den Obliegenheiten eines Studierenden, sich vor Prüfungsantritt aus ihm zugänglichen Quellen über die geltenden Prüfungsregelungen und insbesondere über die Voraussetzungen für die Anerkennung einer krankheitsbedingten Prüfungsunfähigkeit zu informieren. Der bloße Hinweis des Antragstellers darauf, dass ihm ein solcher Beschluss bisher nicht bekannt gewesen sei, sodass er seine Existenz und Bekanntmachung bestreite, ist mithin nicht ausreichend. Gleiches gilt für die Behauptung des Antragstellers, die Antragsgegnerin lasse entgegen ihrer aufgezeigten Beschlusslage auch bei Studierenden im Fall des letzten Wiederholungsversuchs eine einfache eines Arztes ausreichen. Diese Behauptung hat der Antragsteller weder durch die namentliche Benennung anderer Prüflinge hinreichend dargelegt noch durch Vorlage eidesstattliche Versicherungen dieser Prüflinge glaubhaft gemacht.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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