Kein Schmerzensgeld nach Verbrühungen mit heißem Tee im ToGo-Becher

Die 16. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg hat mit Urteil vom 15.03.2023 (Aktenzeichen 16 O 2015/23) die einer Klägerin auf Schmerzensgeld und Schadensersatz wegen einer Verletzung durch einen von der Beklagten verkauften Tee abgewiesen.

Die Beklagte betreibt ein McDonalds Schnellrestaurant in Wildeshausen. Dort wurde für die Klägerin ein Tee erworben, welchen diese in einem Becher mit Deckel in einer Pappschale übergeben bekam. Der Becher war auf zwei Seiten mit einem aufgedruckten Hinweis „VORSICHT HEISS“ sowie dem Symbol einer Tasse mit Dampfschwaden versehen.

Die Klägerin behauptet, sie habe den Tee etwa 8 Minuten nach Erwerb am Deckel aus der überreichten Pappschale entnommen. Der Deckel des Bechers sei nicht richtig geschlossen gewesen, daher habe sich dieser gelöst und der heiße Tee habe sich über ihren Oberschenkel ergossen. Sie habe schmerzhafte Verbrennungen I. und II. Grades an ihren Oberschenkeln erlitten. Sie behauptet, dass der Tee von der Beklagten auch zu heiß aufgebrüht worden sei, sodass von ihm unnötige Gesundheitsgefahren für die Kunden ausgegangen seien. Andernfalls hätte er keine so schwerwiegenden Verbrennungen verursachen können. Der Tee sei zudem wegen des nicht hinreichend festsitzenden Deckels und einer zu hohen Temperatur mangelhaft gewesen. Sie habe mangels anderweitiger Hinweise davon ausgehen dürfen, den Tee gefahrlos am Deckel anheben zu können, mit einer überhöhten Temperatur habe sie nicht rechnen brauchen.

Die Klägerin begehrte ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 5.000 EUR und die Kosten für eine spätere Laser-Narbenbehandlung, die voraussichtlich mit 33.000 EUR zu veranschlagen sind.

Die Beklagte behauptet, ihre Mitarbeiterin habe nach dem Aufbrühen des Tees diesen mit dem vorgesehenen Deckel ordnungsgemäß verschlossen und den korrekten Sitz des Deckels überprüft. Der Tee werde in ihrem Betrieb mit der erforderlichen und üblicherweise empfohlenen Temperatur von 90 Grad Celsius aufgebrüht. Nach 8 Minuten hätte der Tee aufgrund der Abkühlung derartige Verbrennungen nicht mehr verursachen können. Ein Anheben des Bechers am Deckel sei unsachgemäß und begründe ein alleiniges Verschulden der Klägerin. Es hätte zudem den Sitz des Deckels überprüft werden müssen, bevor man den Becher an diesem anhebt.

Die 16. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Bei den von der Klägerin erlittenen Verletzungen handelt es sich um einen höchst bedauerlichen Unfall, für den aber die Beklagte mangels feststellbarer Pflichtverletzung nicht verantwortlich gemacht werden kann und daher nicht haftet.

In der durchgeführten Beweisaufnahme konnte die Klägerin nicht beweisen, dass ein fehlerhaft sitzender Deckel für die vorgebrachten Verletzungen ursächlich war.

Einen Schadensersatzanspruch konnte nach Auffassung der Kammer zudem nicht auf eine zu hohe Temperatur des Tees oder einen unterlassenen Hinweis auf die Gefahren beim Anheben des Bechers am Deckel gestützt werden.

Die Kammer hat zur Temperatur des Heißgetränkes insbesondere ausgeführt, dass eine Zubereitungstemperatur des Teewassers von über 90 Grad Celsius, auch von bis zu 100 Grad Celsius, bereits nicht pflichtwidrig ist. Es vielmehr der üblichen Zubereitung von Tee entspricht, dass dieser mit sprudelnd kochendem Wasser zubereitet wird. Dies ergibt sich aus öffentlich zugänglichen Quellen und ist damit offenkundig, § 291 ZPO.

Gleiches gilt im Ergebnis auch für die Aushändigung von so aufgebrühtem Tee an Kunden, ohne diesen zuvor auf eine bestimmte – niedrigere – Temperatur abkühlen zu lassen. Aus einem über einen Becher frisch aufgebrühten Tee kann weder als geschuldete Beschaffenheit noch als Schutzpflicht entnommen werden, dass der Tee nur mit verzehrfertiger Temperatur übergeben werden darf. Denn es ist ohne Weiteres davon auszugehen, dass jedem – mindestens aber dem durchschnittlichen – Kunden, der einen Tee und damit ein Heißgetränk bestellt, bekannt ist, dass dieser mit heißem Wasser aufgebrüht wird.

Hinsichtlich einer möglichen Schutzpflichtverletzung war zudem zu berücksichtigen, dass der Becher im vorliegenden Fall unstreitig mit Warnhinweisen durch einen Schriftzug „VORSICHT HEISS“ sowie ein Piktogramm einer Tasse mit Dampfschwaden versehen war, die nochmals ausdrücklich auf den heißen Inhalt und damit auch auf die davon ausgehenden Gefahren hingewiesen haben.

Der Klägerin steht auch kein Anspruch wegen einer unterbliebenen Warnung vor dem Risiko eines Lösens des Deckels vom Becher bei einem Anheben am Deckel zu. Die Beklagte war nicht verpflichtet, vor einem solchen Risiko zu warnen. Denn es ist allgemein bekannt, dass die typischen Deckel von Einwegbechern nicht fest mit den Bechern verbunden sind, sondern der Deckel nur auf den Becher aufgedrückt und auf diesen geklemmt wird. Der Deckel fungiert damit eher als Abdeckung denn als Bestandteil des Gefäßes. Ebenfalls allgemein bekannt ist die Flexibilität der aus Pappe bzw. Plastik bestehenden Teile, die regelmäßig mit einer Verformung beim Anfassen einhergehen und daher eine tragfähige Verbindung zwar vielleicht nicht ausschließen, aber jedenfalls nicht erwarten lassen. Von einer Kenntnis dieser üblichen Eigenschaft von Einwegbechern und –deckeln durfte die Beklagte bei ihren Kunden und damit auch bei der Klägerin ohne Weiteres ausgehen.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften. Dabei bin ich fortgebildet in Krisenkommunikation und Compliance.

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