Hawala-System als kriminelle Vereinigung

Der konnte sich umfassend zur Thematik des „-Systems“ äußern. Dabei hob der BGH hervor, dass es sich bei einer, ein Hawala-System betreibenden, Organisation um eine kriminelle Vereinigung (§ 129 Abs. 2 StGB) handeln kann. Insbesondere kann, abhängig von den konkreten Tatumständen, ein über individuelle Einzelinteressen hinausgehendes übergeordnetes gemeinsames Interesse am Fortbestand des Hawala-Systems bestehen. Zudem stellen Übermittlungen von Geldbeträgen im Rahmen eines Hawala-Systems
grundsätzlich Finanztransfergeschäfte nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 ZAG dar.

Hawala-System?

Beim Hawala-System handelt es sich um ein komplexes System, das man stark vereinfacht darauf reduzieren kann, dass an eine Person Geld gezahlt wird und eine andere Person dieses wieder auszahlt, ohne das ein direkter Transfer der eingezahlten Summe stattfindet. Das auf Vertrauen basierende System ermöglicht nicht nachvollziehbare Zahlungen speziell ins Ausland und ermöglicht damit massiv durch Schwarzgeld und Geldwäsche.

Strafbarkeit des Hawala-Systems

Dass man sich hier direkt in strafbaren Regionen bewegt liegt auf der Hand, der Aufwand dient ja gerade dazu, Zahlungen zu verschleiern. Nun aber wird etwas Neues eröffnet, neben Geldwäsche und dem Angebot unerlaubter Zahlungsdienste: die kriminelle Vereinigung:

Zwar genügt hierfür nicht bereits das Ziel der einzelnen Akteure, jeweils selbst an den Hawala-Gebühren teilzuhaben. Allerdings ist den Urteilsgründen insgesamt zu entnehmen, dass sich die Beteiligten zu einem weitergehenden Zweck zusammentaten. Danach stellte der Fortbestand des Hawala-Systems ein eigenständiges Ziel über die individuelle Gewinnschöpfung hinaus dar.

Bereits der Umfang und das Ausmaß der grenzüberschreitend bestehenden Organisationsstrukturen sprechen dafür, dass der Zusammenschluss der Verfolgung eines übergeordneten gemeinsamen Interesses diente. Hinzu kommt die insofern vorgegebene interne Willensbildung, als die beiden in Köln und Istanbul ansässigen zentralen Mitglieder die übergeordneten Entscheidungen trafen. Des Weiteren ist die Anzahl der „über die gesamte Bundesrepublik verstreuten“ Anlaufpersonen zu berücksichtigen. Zudem hing der Fortbestand der
Organisation ersichtlich nicht von einzelnen Beteiligten ab. Die jeweils eingehenden Geldbeträge wurden „in einem Topf“ zusammengeführt. Dem lag eine besondere Überwachung durch spezielle „Buchhalter“ zugrunde.

Schließlich war fester Bestandteil des Konzepts, sich gezielt jeglicher Form staatlicher Kontrolle und insbesondere der Finanzaufsicht zu entziehen. Mithin läuft das Geschäftsmodell auf die Schaffung eines Schattenfinanzwesens hinaus …

Das genügt, um eine kriminelle Vereinigung anzunehmen: eine solche ist ein auf längere Dauer angelegter, von einer Festlegung von Rollen der Mitglieder, der Kontinuität der Mitgliedschaft und der Ausprägung der Struktur unabhängiger organisierter Zusammenschluss von mehr als zwei Personen zur Verfolgung eines übergeordneten gemeinsamen Interesses. Es müssen also ein organisatorisches, ein personelles, ein zeitliches und ein interessenbezogenes Element gegeben sein. Ebendies ist hier dann gegeben.

Verteidigung bei Geldwäsche

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Verteidigungspotential

Das wiederholte Erbringen von Zahlungsdienstleistungen innerhalb eines einheitlichen Betriebes ist als eine Tat im Rechtssinne zu werten – das bedeutet, es liegen zwar mehrere Einzelakte vor, diese sind aber als eine Tat im rechtlichen Sinne zu beurteilen:

Das mehrfache Tätigwerden des Angeklagten im Rahmen des HawalaSystems ist nicht, wie vom Landgericht angenommen, als mehrere, jeweils durch einen einheitlichen Geldabfluss aufzuteilende Einzeltaten, sondern als eine tatbestandliche Handlungseinheit (vgl. zum Begriff im Einzelnen BGH, Beschluss vom 10. Juli 2017 – GSSt 4/17, BGHSt 63, 1 Rn. 17) zu bewerten.

Das wiederholte Erbringen von Zahlungsdienstleistungen innerhalb eines einheitlichen Betriebes stellt sich als eine Tat im Rechtssinne dar.
Bereits nach dem Wortlaut des § 63 Abs. 1 Nr. 4 ZAG ist der Tatbestand
auf mehrfaches Tätigwerden angelegt, da bestraft wird, wer „Zahlungsdienste“ erbringt. Zudem bedarf es gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 ZAG – ebenso wie nach § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG – einer Erlaubnis nur, wenn die Handlungen gewerbsmäßig oder in einem Umfang vorgenommen werden, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert (vgl. zum Begriff der Gewerbsmäßigkeit in diesem Zusammenhang BGH, Urteil vom 11. September 2002, 1 StR 73/02, BGHR KWG § 54 Genehmigungslose Bankgeschäfte 1). Ohne einen solchen Rahmen erbrachte vereinzelte Zahlungsdienste benötigen mithin keine Erlaubnis und stellen keine Straftat dar (vgl. entsprechend zu § 54 KWG BGH, Beschluss vom 9. April 2019 – 1 StR 673/18, BGHR KWG § 54 Genehmigungslose Bankgeschäfte 3 Rn. 2; Urteil vom 18. Juli 2018 – 2 StR 416/16, BGHR KWG § 54 Bankgeschäfte 1 Rn. 14).

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

Unsere Kanzlei ist spezialisiert auf Starke Strafverteidigung, seriöses Wirtschaftsstrafrecht, Arbeitsrecht und IT-Recht / Technologierecht.