Fordern überhöhter Preise ist nicht automatisch Betrug

Überhöhte Preise sind nicht automatisch ein : Alleine das Verlangen und Vereinbaren eines bestimmten, gegebenenfalls auch überhöhten Preises umfasst nämlich nicht ohne Weiteres die schlüssige Erklärung, die Leistung sei ihren Preis auch wert:

Mit Rücksicht auf das Prinzip der Vertragsfreiheit ist grundsätzlich kein Raum für die Annahme konkludenter Erklärungen über die Angemessenheit und Üblichkeit des Preises; es ist vielmehr Sache des Vertragspartners, abzuwägen und zu entscheiden, ob er das geforderte Entgelt aufwenden will. So besteht für den Verkäufer bis zur Grenze der Sittenwidrigkeit und des Wuchers grundsätzlich auch keine Pflicht zum Offenle- gen des Werts des Kaufobjekts, selbst wenn dieser erheblich unter dem ver- langten Preis liegt. Im Regelfall muss der Verkäufer den Käufer auch nicht auf ein für diesen ungünstiges Geschäft hinweisen, sondern darf davon ausgehen, dass sich sein künftiger Vertragspartner im eigenen Interesse selbst über Art und Umfang seiner Vertragspflichten Klarheit verschafft hat

BGH, 1 StR 113/19 unter Verweis auf BGH, 5 StR 547/14

Das ist nicht neu, schon viel früher hatte der mit Beschluss vom 14.04.2011 (1 StR 458/10) festgestellt:

Allein das Fordern eines bestimmten, überhöhten Preises enthält für sich genommen noch keine Täuschung, insbesondere beinhaltet es grundsätzlich – vom hier nicht vorliegenden Fall taxoder listenmäßig festgelegter Preise abgesehen -nicht die Behauptung der Angemessenheit oder Üblichkeit des geforderten Preises. Vereinbarungen über den Austausch von Gütern und Leistungen unterliegen der Vertragsfreiheit. Grundsätzlich darf jeder Teilnehmer am Geschäftsverkehr seine bessere Information oder überlegene Sachkenntnis zu seinem Vorteil ausnutzen (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Juni 1989 – 2 StR 252/89, NJW 1990, 2005; OLG Stuttgart, wistra 2003, 276 ; OLG München, wistra 2010, 37).

Damit wurde durch den BGH mit einem verbreitetem aufgeräumt. Auch wenn man zivilrechtlich von vollkommen überzogenen Preisen auf eine Täuschung schliessen kann (dazu hier), funktioniert das nun mal nicht im Strafrecht. Man muss immer auf den Einzelfall blicken und prüfen.

Betrug durch überhöhten Preis – es kommt auf den Vertrag an

Letztlich muss man sich mit dem zu Grunde liegenden Vertrag beschäftigen. Denn ein Betrug kann durchaus vorliegen, wenn die Parteien die Höhe der Gegenleistung für einen Vertragsabschluss mit allen wesentlichen Bestandteilen nicht ausdrücklich vereinbaren müssen – sondern etwa wie bei Dienstvertrag, Maklervertrag oder eine taxmäßige oder übliche Vergütung als vereinbart gilt:

Rechnet der Werkunternehmer nach Leistungserbringung ab, erklärt er konkludent, das geforderte Entgelt entspreche dem als vereinbart geltenden Üblichen; tatsächlich weicht er jedoch vorliegend von den stillschweigend einbezogenen üblichen Sätzen zu Lasten des Bestellers ab. Üblich ist die Vergütung, die zur Zeit des Vertragsschlusses nach allgemeiner Auffassung der beteiligten Kreise am Ort der Werkleistung gewährt zu werden pflegt, wobei Vergleichsmaßstab Leistungen gleicher Art, Güte und Umfang sind sowie die Anerkennung der Üblichkeit gleiche Verhältnisse in zahlreichen Einzelfällen voraussetzt (BGH, Urteile vom 26. Oktober 2010 – VII ZR 239/98 Rn. 14, BGHR BGB § 632 Abs. 2 Vergütung, übliche 1; vom 19. November 2013 – VI ZR 363/12 Rn. 12 und vom 9. Dezember 2014 – VI ZR 138/14 Rn. 17).

BGH, 1 StR 113/19

Doch Vorsicht: Es muss eine gewisse Schwankungsbreite bei der Festlegung des Ortsüblichen berücksichtigt werden, sodass erst eine deutliche Erhöhung betrugsrelevant ist (so schon OLG Düsseldorf, 1 Ws 167/07)

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften. Dabei bin ich fortgebildet in Krisenkommunikation und Compliance.

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