Beim Landgericht Bochum (8 S 34/15) ging es um die Ansprüche nach Filesharing die mittels Filesharing-Abmahnung geltend gemacht wurden. Das Landgericht konnte sich dabei zu den drei typischen Fragen in einem Filesharing-Prozess äußern, wobei die Rechtsprechung eher zu Lasten der Anschlussinhaber ging, aber die Ansprüche der Rechtsinhaber der Höhe nach durchaus beschränkt hat.
Beweislast bei Filesharing
Das LG Bochum folgt der Ansicht, dass man umfassend nicht nur zu Nutzern sondern auch deren Nutzungsverhalten vortragen muss:
Wird ein geschütztes Werk der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich
gemacht, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, so spricht die tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist (BGH Urt. v. 12.05.2010 – I ZR 121/08 „Sommer unseres Lebens“). Diese Vermutung kann allerdings widerlegt werden, da es sich um eine „tatsächliche“ und nicht um eine gesetzliche Vermutung nach § 292 ZPO
handelt. Dabei muss der Anschlussinhaber seine Verantwortlichkeit im Rahmen des Zumutbaren substantiiert bestreiten sowie Tatsachen darlegen und gegebenenfalls beweisen, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufs, nämlich der Alleintäterschaft eines andren Nutzers des Internetanschlusses ergibt (BGH, Urt. v. 15.11.2012 – I ZR 74/12 „Morpheus“). Der Anschlussinhaber genügt seiner ihn diesbezüglich treffenden sekundären Darlegungslast dadurch, indem er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständig Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber auch im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen verpflichtet (BGH, Urt. v. 08.01.2014 – I ZR 169/12 „BearShare“).Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts ist die Beklagte ihrer sekundären Darlegungslast nicht ausreichend nachgekommen. Sie hat mit den allgemeinen Angaben, dass auch ihr Ehemann sowie ihr Sohn den Internetanschluss genutzt haben, nicht die ernsthafte Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufs dargelegt. Aus dem unsubstantiierten Vortrag der Beklagten kann weder gefolgert
werden, dass ein Dritter im streitgegenständlichen Zeitpunkt Zugang zu dem Anschluss hatte, noch, dass ein Dritter die Datei über den Anschluss angeboten hat. Die Beklagte trägt weder etwas zum konkreten Nutzungsverhalten der Familienmitglieder vor, noch, über welche Geräte der Internetanschluss im streitgegenständlichen Zeitpunkt genutzt wurde.
Diese Auffassung ist speziell bei Gerichten in NRW verbreitet, sie ist aber falsch: Denn es ist gerade nicht die Pflicht des Familienmitglieds, den Täter „aus den eigenen Reihen“ zu benennen. Ein umfassender Vortrag zum Nutzungsverhalten aber ermöglicht gerade, den Täter auf grund der Verteidigung festzustellen – wenn es sich nicht um eine Grossfamilie mit ähnlichem Nutzungsverhalten der Familienmitglieder handelt.
Andererseits muss vorliegend gesehen werden, dass wohl nicht einmal zu den Endgeräten etwas vorgetragen wurde. Wenn dies stimmt, wäre es ein verbreiteter Fehler in Filesharing-Prozessen, da man hierzu problemlos vortragen kann und auch muss.
Schadensersatz bei Filesharing
Schön ist, dass das Landgericht selber feststellt, dass die Rechtsprechung zum Schadensersatz nach Filesharing von einer „gewissen Beliebigkeit“ gekenntzeichnet ist, das möchte ich bestätigen. Im Ergebnis kommt man bei einem Film dann zu einem Schadensersatz in Höhe von 600 Euro:
Die Kammer schätzt in ständiger Rechtsprechung die für das illegale Anbieten des Downloads eines Filmwerks im Internet zu zahlende Lizenz auf 600,00 Euro. Um die Lizenz zu bestimmen, ist der objektive Wert der angemaßten Benutzungsberechtigung zu ermitteln, der in der angemessenen und üblichen Lizenzgebühr besteht (BGH, NJW-RR 2009, 1053). Im Fall von Urheberrechtsverletzungen durch das Filesharing in Tauschbörsen besteht indes die Problematik, dass es für die angemaßte Benutzung der kostenlosen und unkontrollierten Weiterverbreitung eines urheberrechtlich geschützten Werkes keine marktübliche Lizenz gibt. Dem entspricht, dass die bisherigen Ergebnisse der Rechtsprechung sich durch eine gewisse Beliebigkeit auszeichnen, deren
Begründungen nicht wirklich zu überzeugen vermögen, sondern die bestehende Schwierigkeit der Bezifferung einer faktisch nicht verfügbaren Lizenz widerspiegeln. Die Kammer sieht deswegen davon ab, einzelfallabhängige Schadensersatzbeträge
Höhe der Anwaltsgebühren für Filesharing-Abmahnung
Gar nicht dürfte den Kollegen auf der abmahnenden Gegenseite gefallen, dass man auf die Rechtsprechung des OLG Hamm Bezug nimmt zur Bemessung der Gebühren für die Aussprache der Abmahnung:
Auch hat die Klägerin einen Anspruch auf Abmahnkosten in Höhe von 130,50 Euro nach § 97 a UrhG. Nach ständiger Rechtsprechung des OLG Hamm wird der Streitwert eines Unterlassungsbegehrens bei Urheberrechtsverletzungen mit der doppelten Lizenzgebühr beziffert, so dass vorliegend ein Gegenstandswert in Höhe von 1.200,00 Euro für die Abmahnkosten zugrundezulegen ist.
Hinweis: Die Rechtsprechung ist mal wieder ein Einzelfall, andere Gerichte sehen es – in beide Richtungen – anders, speziell das Landgericht Köln. Von verallgemeinerungen sollte abgesehen werden.
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