Entfernen einer Marke: Vertrieb eines Produkts nach Entfernen der Marke

Der BGH hat sich zum Markenrecht geäußert, hierbei zur besonders relevanten Frage der Entfernung einer : Die Beseitigung eines fremden Kennzeichens ist keine Benutzung des Zeichens und daher keine Kennzeichenverletzung.

Der Vertrieb einer Ware nach Entfernung eines auf den Hersteller hinweisenden Kennzeichens ist nicht bereits als solcher wettbewerbswidrig. Ob die Beseitigung eines auf der Ware angebrachten Kennzeichens zu einer wettbewerbswidrigen Behinderung des Zeicheninhabers in der Werbung oder im Absatz seiner Waren führt, hängt vielmehr von den (sonstigen) Umständen des Einzelfalles ab.

BGH, Urteil vom 13.10.2004, Az: I ZR 277/01

Aus der Entscheidung:
a) Die Klägerin hat den von ihr geltend gemachten gesetzlichen auf § 823 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt eines Eingriffs in ihren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb sowie auf die §§ 1, 3 UWG a.F. gestützt. Einen markenrechtlichen Unterlassungsanspruch hat sie ausdrücklich nicht geltend gemacht mit der Begründung, die Beseitigung fremder Kennzeichen sei keine Markenverletzung.
Diese Beschränkung ihres Begehrens führt nicht schon deshalb zur Versagung eines Schutzes des Kennzeichens der Klägerin, weil nach der Rechtsprechung des Senats die im Markengesetz enthaltene umfassende, in sich geschlossene kennzeichenrechtliche Regelung den früher aus anderen Bestimmungen hergeleiteten Schutz von Kennzeichen verdrängt und daher im Anwendungsbereich der jeweiligen Bestimmungen des Markenrechts für die gleichzeitige Anwendung der §§ 1, 3 UWG a.F. und des § 823 BGB kein Raum ist (BGHZ 149, 191, 195 f. – shell.de, m.w.N.).

Im Streitfall steht der Vorrang des Markenrechts der Geltendmachung von wettbewerbs- und deliktsrechtlichen Anspruchsgrundlagen nicht entgegen. Das Unterlassungsbegehren der Klägerin richtet sich ausschließlich darauf, daß der Beklagten untersagt werden soll, bei den Waren der Klägerin mit den SB-Beschriftungen die auf diesen enthaltenen Kennzeichnungen zu entfernen und die so veränderten Waren zu bewerben, anzubieten und in den Verkehr zu bringen. Die Klägerin sieht die Wettbewerbswidrigkeit des von ihr beanstandeten Verhaltens schon (und allein) darin begründet, daß ein Händler im Hinblick auf die geplante Weiterveräußerung nicht berechtigt sei, die Marke des Herstellers an der Originalware zu beseitigen. Ihrer Ansicht nach ist es unerheblich, daß die Beklagte den Namen „H. “ auf der Kölner Messe „über“ der Warenpräsentation angebracht hat.

Für dieses Begehren ist der Anwendungsbereich markenrechtlicher Bestimmungen nicht eröffnet. Die (bloße) Beseitigung eines fremden Kennzeichens ist keine Benutzung des Zeichens und daher keine Kennzeichenverletzung i.S. der §§ 14, 15 MarkenG (vgl. OLG Düsseldorf WRP 2001, 288, 290; Hacker in Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 14 Rdn. 88; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl., § 14 Rdn. 175; Kur, MarkenR 2001, 137, 145; vgl. ferner Köhler in Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., § 1 Rdn. 415; so schon zur Rechtslage vor Inkrafttreten des Markengesetzes RGSt 42, 184, 189; RG MuW 1931, 316, 317; v. Gamm, WRP 1961, 231 f.; Stuckel, Die Integrität von Marke, Ware und Verpackung, 1991, S. 103 ff. m.w.N.; a.A. Fezer, Markenrecht, 3. Aufl., § 14 Rdn. 461a).

b) Die Klägerin kann jedoch von der Beklagten weder nach Wettbewerbs- noch nach Deliktsrecht verlangen, daß diese, wie es Gegenstand des Unterlassungsantrages ist, generell den Vertrieb des H. -Wandregal-Systems nach Entfernung der von der Klägerin gelieferten SB-Beschriftungen unterläßt. Ein so weitgehender Unterlassungsanspruch steht ihr weder nach § 823 Abs. 1 BGB noch nach (altem und neuem) Wettbewerbsrecht zu.

Der Vertrieb einer Ware, bei der eine auf den Hersteller hinweisende Kennzeichnung entfernt worden ist, verstößt nicht bereits als solcher gegen Wettbewerbsrecht oder gegen § 823 Abs. 1 BGB. Entgegen der Auffassung der Klägerin hat der Hersteller einer Markenware nicht grundsätzlich einen Anspruch darauf, daß der Händler, dem er die Ware liefert, die Marke auf der Ware beläßt und sie unverändert weiterveräußert.

Zwar kann nach einhelliger Ansicht in Rechtsprechung und Literatur die Entfernung von Kennzeichen auf der Ware unter dem Gesichtspunkt der Absatz- oder Werbebehinderung oder wegen Irreführung über die betriebliche Herkunft der Ware wettbewerbswidrig sein (vgl. BGH, Urt. v. 18.2.1972 – I ZR 82/70, GRUR 1972, 558, 559 – Teerspritzmaschinen; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., § 1 UWG Rdn. 231; Großkomm.UWG, Brandner/Bergmann, § 1 Rdn. A 275; Köhler in Köhler/Piper aaO § 1 Rdn. 399; Stuckel aaO S. 113 ff. m.w.N.). Ob durch die Beseitigung einer Kennzeichnung der Mitbewerber in der Werbung oder im Absatz wettbewerbswidrig behindert (vgl. § 4 Nr. 10 UWG) oder der Verkehr über die betriebliche Herkunft der Ware getäuscht wird (vgl. § 5 Abs. 2 Nr. 1 UWG), hängt jedoch von den Umständen des Einzelfalles ab (ebenso Stuckel aaO S. 120; Nordemann, Wettbewerbs- und Markenrecht, 9. Aufl., Rdn. 1025). So kann trotz der Beseitigung eines auf den Hersteller hinweisenden Kennzeichens an der Ware eine unzulässige individuelle Behinderung oder eine Herkunftstäuschung zu verneinen sein, wenn aufgrund der sonstigen Umstände des Vertriebs der Verkehr gleichwohl die Ware weiterhin dem Kennzeicheninhaber und nicht dem Händler zurechnet und ein schutzwürdiges Interesse des Herstellers an der Verwendung gerade der beseitigten Kennzeichnung nicht verletzt wird. Dies gilt für einen deliktsrechtlichen Anspruch entsprechend.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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