Nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG ist eine Kündigung, die ohne Beteiligung des Betriebs- oder Personalrats erfolgt, unwirksam. Dies gilt in erweiternder Auslegung dieser Vorschrift auch dann, wenn das Anhörungsverfahren nicht wirksam eingeleitet, durchgeführt oder abgeschlossen worden ist.
Das Anhörungsverfahren ist abgeschlossen, wenn die Äußerungsfrist nach § 102 Abs. 2 BetrVG (bei ordentlicher Kündigung eine Woche) abgelaufen ist oder der Betriebsrat vorher eine abschließende Stellungnahme abgegeben hat. Eine Äußerung des Betriebsrats im Anhörungsverfahren hat nur dann fristverkürzende Wirkung, wenn der Arbeitgeber ihr zweifelsfrei entnehmen kann, dass es sich um eine abschließende Stellungnahme handelt.
Dies ist z.B. dann der Fall, wenn es sich um ein Formular des Arbeitgebers handelt, auf dessen Grundlage der Betriebsrat durch Ankreuzen eine „abschließende“ Stellungnahme abgibt. Erklärt der Betriebsrat dies – wie hier – nicht ausdrücklich, ist der Inhalt seiner Stellungnahme durch Auslegung nach §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Diese Auslegung muss eindeutig ergeben, dass sich der Betriebsrat vor Ablauf der Anhörungsfrist nicht noch einmal – und sei es „nur“ zur Ergänzung der Begründung seines bereits eröffneten Beschlusses – äußern will. Der Arbeitgeber muss aufgrund der bisherigen Äußerungen des Betriebsrats davon ausgehen können, dass dieser unter keinen Umständen mehr tun wird, als er bereits getan hat (BAG, 2 AZR 345/15).
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Für die Annahme einer vorweggenommenen Erledigungserklärung bedarf es nach diesen Ausführungen „besonderer Anhaltspunkte“. Diese liegen regelmäßig vor, wenn der Betriebsrat dem Arbeitgeber mitteilt, dass er der beabsichtigten Kündigung ausdrücklich und vorbehaltlos zustimmt oder erklärt, von einer Äußerung zur Kündigungsabsicht abzusehen (LAG Sachsen, 9 Sa 250/21).
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