Das OVG Hamburg (5 Bf 124/08) hat festgestellt, dass auch bei eindeutigem Parkverstoss eine Abschleppmaßnahme dann nicht verhältnismäßig ist, wenn objektiv und klar feststeht, dass der Verkehrsverstoss auch anders zu beseitigen ist – in diesem Fall ging es um eine Mutter, die ihr Kind lediglich im Kindergarten abgeben wollte. Das hinzuziehen eines Abschleppdienstes durch die Polizei sei hier nicht gerechtfertigt, so das Gericht, und die Abschleppkosten waren nicht zu tragen.
Dabei muss wertend gesehen werden, dass für die Richter in dieser Konstellation fest stand, dass die Fahrerin in jedem Fall innerhalb von Minuten (ob nun 5 Minuten oder mehr haben die Richter ausdrücklich dahin stehen lassen) wieder erscheinen und den Verstoss beseitigen würde. Selbst ein sofort gerufener und schnell erscheinender Abschleppwagen würde den Verstoss bestenfalls um sehr wenige Minuten verkürzen. Da eine Abschleppmaßnahme aber nur zur Sicherung, nicht aus „generalpräventiven Aspekten“ („Denkzettel“) möglich ist, scheitert hier die Verhältnismäßigkeit.
Der Sachverhalt ist durchaus recht speziell und sollte nicht über Gebühr verallgemeinert werden. Insbesondere verbietet sich ein Vergleich zu der Situation, in der ein Fahrzeug unter Verstoß gegen die StVO abgestellt wird und ein Zettel mit einer Handy-Nummer hinterlassen wird. Zum einen ist dies zusätzlicher Aufwand für die städtischen Bediensteten vor Ort, zum anderen ist mit der herrschenden Rechtsprechung keineswegs zwingend, dass nach einem Anruf in kürzester Zeit das Fahrzeug versetzt wird (dies ist auch mit dem OVG Hamburg der wesentliche Unterschied zur vorliegenden Konstellation).
- Strafbarkeit nach §315b StGB: gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr - 26. September 2022
- Fahrtenbuch: Wann sind Ermittlungen notwendig - 29. Oktober 2021
- Strafbarkeit der sogenannten Polizeiflucht - 29. Oktober 2021