Das Werben mit Kundenreferenzen ist häufig das A&O für viele Agenturen – bietet sich doch die Möglichkeit, gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: So kann man nicht nur zeitgleich damit werben überhaupt schon erfolgreich Kunden betreut zu haben, sondern auch mit besonders namhaften Kunden Werben und zeigen, wie das geleistete aussah. Leider aber gibt es hin und wieder Streit um die Frage, ob ein Kunde sich das „gefallen lassen muss“. Und Agenturen fragen sich, ob sie überhaupt (mehr oder minder ungefragt) mit der Arbeit für Ihre Kunden werden dürfen. Ein Überblick.
Zum Thema auch bei uns:
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Nennung von Referenzen kein grundsätzliches Problem
Bei der Nennung von Referenzen gibt es mit Blick auf den Wettbewerb kein grundsätzliches Problem, sofern die Referenzen der Wahrheit entsprechen (LG Hamburg, 312 O 601/05). Insofern wird man gehalten sein müssen, die Referenzlisten „sauber“ aufzubereiten. Wer etwa als Mitarbeiter einer Agentur Kunden betreut hat und später im Rahmen des Werbeauftritts einer selbst gegründeten Agentur auf diese Kunden verweisen möchte, der muss klar machen, in welchem Rahmen er früher für diese Kunden gearbeitet hat. Ebenso wird man die erbrachten Leistungen sauber darstellen müssen, darf also nicht suggerieren, etwas geleistet zu haben, was letztlich gar nicht passiert ist (Beispiel: Leistung war der Druck von Visitenkarten, die Referenz-Präsentation suggeriert aber auch die Erstellung des Logos als Leistungsumfang). Letztlich ist in diesem Bereich aber spätestens seit der Zulässigkeit von Gegnerlisten (BVerfG, 1 BvR 1625/06) festzustellen, dass die Rechtsprechung eher grosszügig ist.
Damit verbleibt die Frage, ob der einzelne Kunde/Auftraggeber im konkreten Fall mit der Nennung als Referenz leben muss oder nicht.
Vertragliche Vereinbarung
Es ist selbstverständlich am klügsten, eine klare vertragliche Vereinbarung mit dem Kunden zu treffen, aus der sich ergibt, dass die erbrachte Leistung als Referenz genutzt werden darf. Idealerweise wird dabei genau benannt, was genutzt wird (Wird der Kunde nur genannt, mit Benennung der Leistung – oder zeigt man auch Grafiken?) und vor allem auch über welchen Zeitraum. Dabei ist eine zeitliche Begrenzung der Anzeige m.E. durchaus angebracht, nicht nur weil veraltete Referenzen ein negatives Bild auf die Agentur werfen, sondern auch weil sich bei theoretischer unbegrenzter Laufzeit die Diskussion aufdrängt, ob eine entsprechende vertragliche Vereinbarung eine AGB-Prüfung überleben würde (Stichwort: Unangemessene Benachteiligung).
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Problem: Keine vertragliche Vereinbarung
Leider ist es immer noch üblich, hinsichtlich der Referenzen keine vertragliche Vereinbarung zu treffen und statt dessen einfach den Kunden als Referenz zu benennen. Man hört dann häufig, dass das ja auch so üblich wäre.
Nun ist es der Charme einer vertraglichen Absprache, dass es hier wenig herum zu deuten gibt. Wer darauf verzichtet, wird mangels ausdrücklicher vertraglicher Abrede nun „auslegen“ müssen, was wohl von den Vertragsparteien, gewollt gewesen sein wird. Dies ist ein erstes Risiko, für beide Seiten, da nicht abschliessend beurteilt werden kann, wie im Streitfall ein Gericht die Sache auslegen wird.
(1) Bei dieser Auslegung wird man prüfen müssen, was gegen die Verwendung als Referenzen im konkreten Fall sprechen könnte. Typische Einstiegspunkte für eine Ablehnung eines Rechts zur Nennung als Referenz sind:
- Wurden sämtliche Nutzungsrechte abgetreten? Dann würde kein Raum mehr für die Verwendung als Referenzen verbleiben. Mangels ausdrücklicher Absprache kommt es hier auf die Auslegung an, also wie kann der vorliegende Vertrag gedeutet werden. Ein Indiz bei der Auslegung kann die vereinbarte Vergütung sein: Je geringer diese ist (im Vergleich zum marktüblichen Preis), umso eher dürfte man davon ausgehen können, dass nicht sämtliche Nutzungsrechte übertragen werden sollten. Oder dass zumindest ein Vorbehalt hinsichtlich eingeschränkter eigener Verwendung nach §31 III S.2 UrhG verbleiben sollte. Darüber hinaus kann je nach vereinbarter Vergütung davon ausgegangen werden, dass auf eine Nennung des Urhebers nach §13 UrhG ebenfalls nicht verzichtet werden sollte.
- An zweiter Stelle könnte ein Geheimhaltungsinteresse des Kunden eine Rolle spielen. Ein solches würde vorliegen, wenn zumindest erkennbar wäre, dass durch die Nennung als Referenzen etwas offenbart wurde, was (noch) nicht bekannt werden sollte. Etwa die konkrete Form des Logos vor einer geplanten Markeneintragung. Hier kann man dann prüfen, ob der Kunde mit sämtlichen Unterlagen bereits die Öffentlichkeit gesucht hat – in diesem Fall wäre ein solches Geheimhaltungsinteresse wohl zu verneinen.
- An Dritter Stelle mag man kurz über datenschutzrechtliche Fragen nachdenken, wobei es hier hinsichtlich natürlicher Personen am Ende auf die Frage ankommt, ob einer Verwendung schutzwürdige Interessen entgegen stehen. Solche Interessen vermag ich nur in Ausnahmefällen zu erkennen. Insbesondere entsteht durch die Verwendung als Referenz kein grundsätzlicher „Imageschaden“, da davon auszugehen ist, dass ja überhaupt jemand mit dieser Tätigkeit beauftragt wurde. Sofern man den Imageschaden darin erkennen möchte, dass nicht irgendwer, sondern die konkrete Agentur die Tätigkeit ausgeführt hat, wird sich der Kunde m.E. vorhalten lassen müssen, dass er dann den §13 UrhG vertraglich hätte abbedingen müssen, da er ansonsten seinerseits verpflichtet sein wird, die Agentur als Urheber – etwa im Impressum – zu benennen.
- Auch über die an vierter Stelle nachzudenkenden markenrechtlichen Ansprüche ergibt sich m.E. grundsätzlich kein Contra-Argument. Denn selbst wenn der Kunde etwa sein Logo markenrechtlich geschützt hätte und dieses Logo nun als Referenz auf der Webseite der Agentur erscheint: Die Daten werden bei einer Anzeige als Referenz ja gerade verwendet, um auf den Kunden hinzuweisen, eine Verwechslungsgefahr besteht also zu keinem Zeitpunkt. Oder anders ausgedrückt: Die im Raum stehende Marke wird gerade nicht als eigene, sondern als fremde Marke geführt!
- Zu guter Letzt verbleibt die Frage, ob die Darstellung als Referenz in „sinnentstellender Weise“ erfolgt. Dies wäre etwa der Fall, wenn man damit werben würde, ein Logo von Grund auf neu entworfen und entwickelt zu haben, während dies tatsächlich der Kunde tat und die Agentur dessen Entwürfe lediglich umgesetzt hat.
Diese Fragen werden sich dabei am Einzelfall orientieren. Grundsätzlich, bei typischen Verträgen von Grafik- und Webagenturen wird man wohl kein besonderes Schutzbedürfnis bzw. Geheimhaltungsinteresse erkennen (so wohl LG Berlin, 15 O 318/12).
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(2) Es verbleibt die Frage, was bei einer Auslegung für eine Verwendung als Referenzen sprechen kann. Hier spiegeln sich natürlich die obigen Argumente:
- Da ist zum einen, dass der Kunde die Übertragung sämtlicher Nutzungsrechte an ihn beweisen müsste.
- Die Verwendung von Referenzen ist nach meinem dafürhalten bei Werbeagenturen durchaus branchenüblich (so wohl auch LG Berlin, 15 O 318/12)., wobei man wohl auch eine bereits vorhandene Praxis der Nennung von Kunden durch die konkrete Agentur nochmals wertend berücksichtigen kann. Sollte der Kunde darauf verweisen wollen, dass er widersprochen habe, wäre er diesbezüglich beweispflichtig!
- Wenn zu guter Letzt die Benennung als Urheber nach §13 UrhG gerade nicht ausgeschlossen wurde, sehe ich in der Verwendung als Referenz nichts anderes als das spiegelbildliche Recht zu der Pflicht der Urheberbenennung.
Streit um tatsächliche Beauftragung
Wenn es Streit gibt, ob man von dem Unternehmen tatsächlich beauftragt wurde, muss man in der Lage sein, die Beauftragung darlegen zu können – auch dies muss bedacht sein. Dabei hat ein Unternehmen ein geschütztes Interesse daran, dass sein Name nicht ausgenutzt wird:
Durch die Herausstellung der Konzernbezeichnung „BMW Group“ der Klägerin hat die Beklagte zu 1) deren persönlichkeitsrechtliche Befugnisse verletzt, zu denen bei Unternehmen, die – wie die Klägerin – mit ihrem Namen oder Firmenbestandteilen werbend an die Öffentlichkeit treten, auch die Befugnis gehört, selber über Art und Umfang des Gebrauchs des Namens oder Firmenbestandteils durch andere zu bestimmen. Diese Befugnis ist Teil des nur dem Namensträger selbst zustehenden Rechts auf geistige und wirtschaftliche Selbstbestimmung und auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (BGH GRUR 1981, 846, 847 – Rennsportgemeinschaft). Indessen ist der Name eines anderen, den dieser im Geschäftsverkehr selber werbend herausstellt, vor unbefugter Ausnutzung für fremde Geschäftsinteressen über die der Caterina-Valente-Entscheidung (BGH GRUR 1959, 430) und der Herrenreiter-Entscheidung (BGH GRUR 1958, 408) zugrundeliegenden Fallgestaltungen hinaus auch dann zu schützen, wenn mit dem Namensgebrauch eine Minderung von Ruf und Ansehen des Berechtigten nicht verbunden ist (BGH GRUR 1981, 846, 847 – Rennsportgemeinschaft). Das allgemeine Persönlichkeitsrecht gewährt dem Berechtigten einen generellen Schutz vor den die Person als solche berührenden Eingriffen Dritter. Ihm allein ist es deshalb vorbehalten, darüber zu befinden, ob und unter welchen Voraussetzungen sein Name in der Öffentlichkeit in Erscheinung tritt.
Damit würde es nicht in Einklang stehen, wenn der Berechtigte es dulden müsste, dass sein Name, den er im Geschäftsverkehr selber werbend benutzt, ungefragt oder sogar gegen seinen Willen für fremde Werbung Verwendung findet. Im Wesen des Namensrechts als eines Persönlichkeitsrechts liegt es, ihn selber entscheiden zu lassen, ob und unter welchen Voraussetzungen sein Name für Werbezwecke anderer zur Verfügung steht (BGH GRUR 1981, 846, 847 – Rennsportgemeinschaft).
LG München I, 33 O 4811/21
Fazit: Werbung mit Kundenreferenzen
Im Ergebnis zeigt sich: Eine klare vertragliche Absprache wird mehr Wert sein, als ein stillschweigendes Hoffen, dass der Kunde die Nennung schon hinnehmen wird. Nicht ohne Grund kommt in diesem Beitrag der Absatz zur vertraglichen Absprache mit wenigen Zeilen aus, während bei der Auslegung ein Kriterien-Katalog erarbeitet werden muss. Aber auch die vertragliche Vereinbarung, die im Regelfall als AGB getroffen werden wird, sollte nicht auf die leichte Schulter genommen werden:
Das Risiko einer unangemessenen Benachteiligung des Kunden ist durchaus zu erkennen, etwa wenn nicht klar gestellt ist, in welcher Form die Referenzen für welchen Zeitraum benannt werden. Hier ist ein gewisses Fingerspitzengefühl von Nöten. Einen Ausschluss des Widerspruchsrechts des Kunden hinsichtlich der Verwendung als Referenz wird man m.E. nicht ohne weiteres über AGB ermöglichen können, allerdings sollte man mit geeigneten Widerspruchsfristen, die nicht zu hoch angesetzt sein dürfen, durchaus eine zumindest kurzzeitige Erwähnung in jedem Fall sicher stellen können.
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