Werbung mit Opensource-Software: Manche Namen oder Marken sind im Alltag quasi Allgemeinbegriffe: Wer nach einem Tempo fragt, meint häufig ein Taschentuch und „Pampers“ sind ein Synonym für Windeln. Ähnliches gibt es auch in der digitalen Welt, wenn auch (noch) nicht derart krass: „Googeln“ ist der Begriff für das Suchen im Netz schlechthin und WordPress das Blogsystem schlechthin.
Dass sich um die verschiedenen Produkte auch Dienstleistungen ranken, ist nichts Besonderes: Rechtsanwälte arbeiten gezielt in eBay-Streitigkeiten, Marketingprofis kümmern sich um die Werbung bei Google und für WordPress gibt es Vielzahl von Produkten und Dienstleistungen.
Zum Thema auch bei uns:
- Werbung mit fremden Namen aus Opensource-Software
- Werbung mit fremden Marken
- Werberecht – Kunden-Referenzen: Dürfen Agenturen mit der Arbeit für Kunden werben?
- Wem gehören Kundendaten und Kontakte?
- Haftung der Werbeagentur
- Markenrecherche durch Werbeagentur
- Werbeagenturvertrag
- OLG Düsseldorf zur kommerziellen Verwendung von GPLv2 Software
- Markenrechtsverletzung durch Verwendung von Softwarename
Naheliegend, dass man versucht, seine eigene Dienstleistung so zu benennen, dass man einen griffigen Namen nutzt, der mit dem eigentlichen Produkt besonders nahe steht. So einfach ist das aber nicht.
Dass auch Juristen hier Fehler begehen, zeigt ein älteres Urteil des LG Hamburg (312 O 937/07) aus dem Jahr 2009, das einem Rechtsanwalt untersagt hat, eine Domain in Zusammenhang mit „eBay“ zu nutzen (etwa „anwalt-ebay.de“). Hintergrund, ganz kurz: Es darf nicht der Eindruck erweckt werden, offiziell im Auftrag/mit Genehmigung von eBay tätig zu sein, zumal „eBay“ eine registrierte Marke ist.
Namen von Opensource-Software als Marke geschützt
Wahrscheinlich werden viele davon ausgehen, dass das naheliegend ist – andererseits aber bei Opensource-Software glauben, dass es sich hier um etwas anderes handelt. In der Tat ist nach meiner Erfahrung gerade bei Opensource-Software der Gedanke verbreitet, dass man sich hier über Marken- und Namensrechte kaum Gedanken machen muss.
Der Ursprung liegt nicht alleine – wie so oft vorgeworfen – in der Einstellung, dass man Open-Source-Software als „Freiwild“ betrachtet. „Schuld“ ist vielmehr die GPL, die wohl bekannteste Opensource-Lizenz, die ausdrücklich vorsieht und wünscht, dass Dritte zu Open-Source-Produkten entgeltpflichtige Dienstleistungen anbieten (§ 1 der GPL2 oder Punkt 4 der GPL3). Und wenn man zu einem Produkt eine Dienstleistung anbieten kann, ja gar soll, dann muss man doch auch zwangsläufig den Namen nutzen können. Oder?
Werbung mit Opensource-Software ist durchaus komplex
Nutzung einer Opensource-Marke zur Werbung
Erst einmal ist dieser Gedanke im Grundsatz korrekt: § 23 MarkenG sieht ausdrücklich vor, dass eine beschreibende Verwendung von Markennamen – auch zur Bewerbung von Dienstleistungen – erlaubt ist. So kann man bei einer Opensource-Software also durchaus klarstellen, für welche Geräte sie geeignet ist, auch wenn man dazu fremde Markennamen verwenden muss Landgericht Berlin (16 O 255/10).
Wie sonst sollte man auch z.B. eine Suchmaschinenoptimierung speziell für WordPress anbieten, wenn man nicht schreiben darf, um welches System es sich handelt? Das Ergebnis wäre doch widersinnig und würde Marken nicht stärken, sondern gerade schwächen, da niemand sie mehr nutzen könnte.
Aber: Es ist etwas anderes, ob ich meine Dienstleistung beschreibe mit den Worten „Ich biete eine Suchmaschinenoptimierung für WordPress“ oder ob ich eine Domain registriere mit dem Namen „wordpress-suchmaschinenoptimierung.tld“. Das Problem bei einem solchen Vorgehen: Man verlässt den Boden der beschreibenden Verwendung und nutzt die Marke in einem Rahmen, der so nicht mehr gebilligt wird.
Zur Vertiefung: Ich habe zur beschreibenden Nutzung von Marken auch hier mehr geschrieben.
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Nutzungsrecht aus GPL?
Auch aus der GPL als Lizenz lässt sich ein Recht zur Nutzung des Namens nicht herleiten. Das zeigt zum einen schon der Blick in den Lizenztext (gleich ob GPL2 oder GPL3), der auf Namensrechte des lizenzierten Produkts gar nicht eingeht. Aber auch „zwischen den Zeilen“ lässt sich der GPL kein Recht zur Benutzung einer Marke entnehmen, wie das OLG Düsseldorf (I-20 U 41/09) richtigerweise festgestellt hat. Das OLG stellt dazu fest:
Auch die General Public License (GPL), unter der das von der … vertriebene und mit der Gemeinschaftmarke … gekennzeichnete Computerprogramm steht, gibt dem Beklagten kein Recht zur Nutzung der Marke. Die GPL regelt lediglich die urheberrechtlichen Aspekte der Nutzung eines ihr unterstellten Computerprogramms, markenrechtliche Bestimmungen enthält das Regelwerk nicht. Eine (konkludente) markenrechtliche Nutzungsberechtigung folgt auch nicht aus der Natur der Sache. Die urheberrechtliche Nutzungsberechtigung läuft ohne die markenrechtliche nicht leer. Der Berechtigte kann das von ihm legal vervielfältigte Programm unter einem anderen (eigenen) Namen vertreiben.
Ein unter einer freien Lizenz stehendes Computerprogramm ist in dieser Hinsicht mit der Rechtsprechung einem Werk vergleichbar, dessen Urheberschutz abgelaufen ist (siehe OLG Düsseldorf, 20 U 176/11). In einem solchen Fall, in dem Dritte das Werk reproduzieren dürfen, besteht für diese Dritten das Bedürfnis, das reproduzierte Werk auch zu bezeichnen. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist dem berechtigten Interesse an der Verwendung des Titels eines Werkes, dessen urheberrechtlicher Schutz abgelaufen ist und das daher von jedermann verwertet werden kann, gegebenenfalls im Rahmen des Schutzumfangs eines als Marke eingetragenen Werktitels nach § 23 Nr. 2 MarkenG Rechnung zu tragen. Die Interessenlage ist aber keine andere, wenn die Verwendung des Werkes von vorneherein aufgrund der Gewährung einer freien Lizenz urheberrechtlich zulässig ist. Auch dann besteht für den berechtigten Verwender die Notwendigkeit, auf die Nämlichkeit des Werkes hinzuweisen, also dessen Werktitel zu verwenden (so auch OLG Köln, 6 U 18/16) – es kommt also darauf an.
Bekannte Opensource-Produkte als Marken geschützt
An diesem Punkt muss der Hinweis eingeschoben werden, dass viele grosse Opensource-Projekte – wenn nicht gar die meisten – ihre Namen längst haben markenrechtlich sichern lassen. Es existiert z.B. eine Marke „Linux“ ebenso wie „Ubuntu“ und „Wikipedia“. Das auch aus gutem Grund, denn mit einer eingetragenen Marke lässt sich ein Missbrauch des Namens durch Dritte effektiv(er) bekämpfen. Daher gibt es auch „Guidelines“ zur Verwendung dieser Marken, etwa von der LinuxFoundation zur Nutzung der Marke „Linux“ – und die sollte man streng einhalten.
Und um wieder an den Anfang zurückzukommen: Es gibt auch eine Marke „WordPress“. Die Marke „WordPress“ wird von der WordPress-Foundation gehalten, die klare Vorgaben zur Nutzung der Marke macht – zu finden hier. Ich bin immer wieder fasziniert, wie wenige von diesem Umstand zu wissen scheinen. Die dortige Lizenz (um die handelt es sich nämlich genau genommen) zur Nutzung von „WordPress“ samt Logo macht nämlich eines ganz besonders klar:
Please do not use WordPress as part of a domain name … All other WordPress-related businesses or projects … cannot use them as part of a product, project, service, domain, or company name
Das „Please“ bezieht sich auf unterstützende Seiten, also Community-Seiten die regionale Unterstützung anbieten. Wie man sieht, sind alle anderen, insbesondere kommerzielle Projekte, strikt angehalten, weder Namen noch Logo in einer Art zu nutzen, die etwas offizielles Suggeriert. Unzweideutig ist dabei im Domainnamen der Begriff „WordPress“ nicht erlaubt.
Was heißt das an dieser Stelle: Die Auswahl von Domainnamen oder Produktnamen – das ist nichts Neues – will gut überlegt sein! Überraschend ist, dass heute immer noch viel zu naiv und selbstverständlich fremde Namen als Domainbestandteile gewählt werden, weil es sich um Opensource-Software handelt. Die rechtliche Lage ebenso wie die Rechtsprechung ist hier aber längst eindeutig: Es handelt sich dabei um einen justiziablen Verstoß gegen das Markenrecht und die letzten Jahre zeigen, dass dem zunehmend auch nachgegangen wird. Man ist gut beraten, von Anfang an seinen Namen und seinen Domainnamen in diesem Zusammenhang klug auszuwählen und nicht allzu blauäugig zu sein.
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