Computerbetrug durch Cardsharing: Fernsehsignal von Bezahlsender vervielfältigt

Es gibt weitere laufende gegen das Umfeld von -Infrastruktur: Schon Ende August hatte die Polizei Köln in einer vielbeachteten Pressemitteilung einige anschauliche Bilder zur Verfügung gestellt, um einen kleinen Einblick „hinter“ die Kulissen zu geben.

Größere Anbieter von Cardsharing betroffen

Ich selber bin inzwischen in mehreren Ermittlungsverfahren rund um das Cardsharing tätig, nicht nur gegen Nutzer sondern auch Betreiber von Servern, und kann bestätigen, dass gegen verschiedene Anbieter vorgegangen wird. Dabei ist offenkundig bis heute nicht bekannt, welche Anbieter betroffen sind (die Namen nenne ich an dieser Stelle bewusst nicht, dies folgt zu einem späteren Zeitpunkt, auch zum Schutz der hiesigen Mandantschaft).

Ermittlungsverfahren gegen Cardsharing-Nutzer

Neben den an der Infrastruktur Beteiligten stellt sich natürlich die Frage, ob auch Nutzer mit Ermittlungsverfahren rechnen müssen: Die Frage ist berechtigt und meine Erfahrung aus Cardsharing-Verfahren zeigt, dass das in jedem Fall zu erwarten ist. Insbesondere sind in den bisherigen Verfahren gegen Anbieter Kontoabfragen gelaufen, sodass man problemlos nachvollziehen konnte, von welchem Konto mit welchem Betreff wann Zahlungen erfolgt sind.

Dabei sollte man als einfacher Nutzer nicht zeitnah mit Post von der Polizei rechnen, bei mir zeigt sich eine Wartezeit zwischen zwei und fünf (!) Jahren, ausgehend von Kaufdatum. Allerdings bekommt man im Regelfall, als erfahrener Verteidiger, hier brauchbare Lösungen hin.

Anzeige von Pay-TV-Anbieter

Cardsharing bedroht naturgemäß das wirtschaftliche Modell von Pay-TV-Anbietern und trifft diese ins Mark. Man sollte also nicht glauben, dass es sich um eine ignorierte Bagatelle handelt, vielmehr müssen Pay-TV-Anbieter hier aggressiv vorgehen, um ihre wirtschaftliche Existenz zu sichern. Die Ermittlungen sind dabei recht umfangreich, auch Ermittlungen auf Telegram und das Auskundschaften von Verbindungen auf Social-Media-Seiten wie Facebook gehört dazu. Da zudem in den mir bekannten Fällen der Schaden auch noch mit den Vertragspreisen hochgerechnet wird (obwohl etwa ein großer Pay-TV-Anbieter selbst On-Demand-Lösungen ohne Vertragsbindungen anbietet zu kleinerem Preis), stehen im schlimmsten Fall auch noch erhebliche Vermögensabschöpfungen im Raum.

Ablauf für Nutzer beim Cardsharing

Der Ablauf war immer recht ähnlich, wer sich für ein Cardsharing interessierte, buchte auf eine Webseite („Card-Sharing-Portal“ bei key.tv) oder unterstützt durch einen Telegram-Kanal, wohin sich zahlreiche illegale Aktivitäten inzwischen verlagern. Auswählen konnte man unter diversen Angeboten, von „Sky Deutschland“ bis hin zu schlichten HD+ Angeboten; als Zahlungsmethoden werden regelmäßig SEPA-Überweisung, PayPal, angeboten, die auch tatsächlich alle inkl. Überweisung gerne genutzt werden.

Jeder Kunde, und daher kommen die Ermittlungsverfahren, hat regelmäßig ein Buchungskonto, auf dem er seinen Zahlungseingang verbucht bekommen hat, sodass hierüber dann das entsprechende Paket für ihn „freigeschaltet“ werden konnte.

Dem Kunden wurden sodann die passenden Verbindungsparameter als Zugangsdaten zum Key-Server mitgeteilt, die er in einen manipulierten Receiver (oder mittels Software wie VLC bei einem M3U-Link) hinterlegt hat, auf dem beispielsweise OSCam oder CCcam lief, dies in der Art

Welche Strafen stehen im Raum?

Am Anfang denken die meisten nur an die §§108ff. UrhG – deren Strafrahmen ist mit bis zu 5 Jahren im gewerbsmäßigen Fall (§108b StGB) aber überraschend überschaubar. Was übersehen wird ist, dass für Mitarbeiter im Bereich der Infrastruktur zugleich ein (zu Lasten des Pay-TV-Anbieters) vorliegen kann, der im Fall eines gewerbsmäßigen Betruges dann mit 6 Monaten Mindestfreiheitsstrafe bedacht ist; und zwar je Tat. Von Kavaliersdelikt ist das weit entfernt.

Das Thema ist noch lange nicht durch, aufgrund der mir bekannten Umstände rechne ich in den nächsten Jahren mit hunderten Ermittlungsverfahren im Umfeld der derzeit laufenden Verfahren. Wer hier als Nutzer tatsächlich aufgefallen ist, mag abwägen, sich frühzeitig zu kümmern – oder im schlimmsten Fall jahrelang schlecht zu schlafen bis Post kommt.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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