Wenn ein Bewährungswiderruf zugestellt wird, tickt die Uhr: Ab jetzt hat man eine Woche Zeit, um sich zu wehren. Dabei ist es für mich vollkommen ärgerlich, dass viele – sei es aus schlichter Unachtsamkeit, sei es aber auch aus Geiz – lieber mit ihrer Freiheit spielen, als einfach einmal anzurufen.
Denn ich sehe ständig Widerrufsbeschlüsse, die einfach nur schlecht formuliert sind. Insbesondere die sehr strenge Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts scheint noch lange nicht bei Amtsgerichten oder Landgerichten angekommen zu sein. Wer sich allerdings erst meldet, wenn die Ladung zu Haftantritt kommt, der kommt einfach zu spät.
Der Widerruf von Bewährungen und der Kampf um Bewährungen gehört zu unserem strafprozessualen Alltag – und wir sind hier sehr erfolgreich, denn: nach unserer Erfahrung steckt hier viel verborgenes Potenzial – das wegen der kurzen Beschwerdefrist oft untergeht! Gerade Amtsgerichte unterschätzen die besonderen Umstände und nehmen gerne vorschnell, etwa bei nur mangelndem Kontakt mit dem Bewährungshelfer, einen Widerrufsgrund an. Beachten Sie dazu unseren zusammenfassenden Beitrag zum Thema Bewährungswiderruf sowie den Beitrag zur mehrfachen Bewährung.
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Bewährungswiderruf: Wochenfrist beachten
In einem Verfahren des OLG Köln, in dem ich nicht anwaltlich tätig war, findet man einen Beschluss, der deutlich macht, dass man sich bei der Rechtsprechung diese viel zu kurze Wochenfrist auch noch schön redet:
Natürlich ist das formal korrekt, dass ausgerechnet hier aber eine so kurze Frist gilt, während selbst bei einem Strafbefehl zwei Wochen für das Rechtsmittel gelten ist schon ärgerlich – vor allem, wenn man bedenkt, dass im absoluten Regelfall jemand angeschrieben wird, der zwar in den Knast soll, aber keinen Anwalt hat.
Anwalt hat nur einen Brief geschrieben
Denn, und das zeigt der Beschluss sehr deutlich: Ein Anwalt ist selbst bei einfachsten Dingen notwendig. Was wir Anwälte gar nicht mehr hören können ist der Standardspruch einfacher Mandaten: „Ich soll X Euro zahlen, dabei hat der Anwalt nur einen Brief geschrieben“. Das ist unverschämt und respektlos, zumal niemand gezwungen wird, sich einen Anwalt zu nehmen.
Doch unser anwaltlicher Alltag und auch der hier angeführte Beschluss machen deutlich: Hinterher war es immer nur ein Brief. Viele scheitern aber daran, auch nur diesen einen Brief fristwahrend ordentlich abzusenden. Auch das ist eine Dienstleistung und wenn man sich einen Anwalt nimmt, dann sind wenigstens einzuhaltende Fristen kein ernsthaftes Thema mehr. Und wenn der Anwalt Mist baut, kann man es im Strafrecht sogar hinterher reparieren.
Darum: Ihnen droht ein Bewährungswiderruf? Rufen Sie Ihren Strafverteidiger an. Spielen Sie nicht mit Ihrer Freiheit und diskutieren Sie nicht dümmlich herum – es gibt regelmäßig gutes Potential.
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