BKA geht gegen „Telegram-Darknet“ vor

Das Bundeskriminalamt (BKA) teilt mit, dass am 29. Oktober 2020 im Rahmen einer konzertierten Aktion in sechs Bundesländern insgesamt neun Chatgruppen im Messengerdienst „Telegram“ übernommen und sichergestellt wurden, dies dabei mit äusserst umfangreichen Ergebnissen:

Die bundesweiten Ermittlungen gegen Administratoren entsprechender Gruppen sowie dortige Händler werden seit Anfang Juni 2020 geführt und haben bislang zur Identifizierung von 28 Beschuldigten geführt, gegen die gestern Durchsuchungsbeschlüsse in 30 Objekten vollstreckt werden konnten. Die Beschuldigten stehen im Verdacht, unerlaubt Handel mit Betäubungsmitteln, gefälschten Dokumenten, illegal erlangten Daten und anderen inkriminierten Gütern über den Messengerdienst „Telegram“ betrieben zu haben (…) Im Rahmen der gestrigen Maßnahmen konnte die Kommunikation in insgesamt neun Chatgruppen des Messengers „Telegram“ mit ca. 8.000 Mitgliedern übernommen und sichergestellt werden, darunter u.a. „Silk Road“, „Marktplatz//Schwarzmarkt“, „GermanRefundCrew“ oder „Cracked Accounts Shop“. 

Vorgehen im „Telegram-Darknet“

Schon lange ist zu beobachten, dass sich der Vertrieb illegaler Güter zunehmend vom klassischen Darknet in -Dienste, speziell zu Telegram, verlagert. Insoweit spricht das BKA zu Recht davon , dass es sich hierbei um eine Alternative zu Handelsplattformen im „“ handelt. Der Ablauf war dann so, dass in den recht häufig öffentlich zugänglichen Kanälen und Chatgruppen von „Telegram“ die Anbahnung der illegalen Geschäfte stattfindet, so in der Form, dass mit Bildern beworbene Angebote oder einfach Listen geteilt werden. Die Abwicklung der illegalen Geschäfte zwischen Händler und Käufer erfolgt danach in separaten Chats zwischen einzelnen Telegram-Nutzern. Es gibt zahlreiche Berichte dazu, etwa bei Heise oder Vice.

BKA geht gegen "Telegram-Darknet" vor - Rechtsanwalt Ferner

Die übernommenen Gruppen wurden seitens des BKA durch ein „Sicherstellungsbanner“ gekennzeichnet


Aufklärung bisher nicht klar

Wie das BKA hier ermittelt hat ist bisher nicht klar, einen technischen Hebel mag man ausschliessen, eine Kooperation der Telegram-Betreiber wäre überraschend und da es keinerlei Meldungen von EUROPOL gibt, scheint man auch vor allem mit hauseigenen Mitteln gearbeitet zu haben. Da gleich mehrere Gruppen „hochgenommen“ wurden, wären die üblichen Darknet-Ermittlungsansätze aber auch überraschend, etwa in Form fingierter Käufe, zumal man offensichtlich auch die Administratoren der Kanäle zielgerichtet angehen konnte, während Käufe vor allem zu den Händlern führen würden.

In der Tat, so überraschend es wäre, sehe ich erhebliche Hinweise in die Richtung, dass Telegram selber die Finger mit im Spiel hat – dies auch unter einem anderen Aspekt: Die Gruppen wurden laut BKA nicht nur „übernommen“ sondern gleich „sichergestellt“. Eine Sicherstellung eines solchen Kanals/einer Gruppe aber, die am Ende nur Teil der Dienstleistung des Providers (Telegram) ist und jederzeit von dort aus beendet werden könnte, funktioniert nur, wenn Telegram selber mitarbeitet.

Umgang mit Hausdurchsuchungen

Es gab bereits zahlreiche Hausdurchsuchungen – weitere werden folgen. Aktuell dürfte man sich auf Administratoren und Händler konzentrieren, nach meiner Erfahrung führen Durchsuchungen bei Händlern zeitnah zu Ermittlungen gegen Käufer, weil interessanter Weise gerade im scheinbar anonymen Umfeld von Darknet & Co. die Verkäufer sehr umfangreich Buch führen über potentielle Käufer; oder einfach schlampig sind und nicht die zahlreichen Versand-Unterlagen zeitnah vernichtet. Bei Durchsuchungen gegen meine üblichen Hinweise zur Vorbereitung auf eine Hausdurchsuchung.

Dabei kann der Rat nur sein, als betroffener Käufer, der noch mit keinen Ermittlungen konfrontiert ist, sich frühzeitig Rat zu suchen – die Menschen sind seltsamer Weise immer so dumm, zu warten, bis die Polizei vor der Türe steht. Als ob es dann besser wird …

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften. Dabei bin ich fortgebildet in Krisenkommunikation und Compliance.

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