Markenrechtsverletzung durch GmbH: Keine Unterlassungserklärung des Geschäftsführers?

Besteht ein Unterlassungsanspruch gegen den Geschäftsführer bei einer Markenrechtsverletzung durch die GmbH?

Haftet der einer juristischen Person für eine Markenrechtsverletzung? Diese Frage war lange umstritten, inzwischen gibt es aber einige Entscheidungen, die durchaus wegweisend sind. Grundsätzlich gilt nunmehr wohl, dass der Geschäftsführer nicht mehr „blind“ neben der juristischen Person in Anspruch zu nehmen ist.

Markenrechtsverletzung und Geschäftsführer: Rechtsprechung des BGH

Der BGH hat inzwischen festgestellt, dass neben der der jeweilige Geschäftsführer sowohl bei Markenrechtsverletzungen (BGH, I ZR 86/10) als auch bei Urheberrechtsverletzungen (BGH, I ZR 216/06) und Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht (BGH, I ZR 216/06) als Unterlassungsschuldner in Betracht kommen kann. Dabei kann es sogar mit dem BGH so weit gehen, dass ein gar nicht mehr tätiger Geschäftsführer in Betracht kommt, weil die Gefahr besteht, dass er das kritisierte Geschäftsmodell unter „anderem Deckmantel“ erneut betreibt (BGH, I ZR 216/06).

Aber der BGH hat dies im Jahr 2015 dann insoweit eingeschränkt, als dass es auf eine willentliche Rechtsverletzung ankommt (BGH, I ZR 124/11):

Ein Geschäftsführer kann bei einer Verletzung absoluter Rechte durch die von ihm vertretene Gesellschaft persönlich als Störer auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wenn er in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Ver- letzung des geschützten Rechts beiträgt und dabei zumutbare Verhaltenspflichten verletzt

Es ist also durchaus so, dass zumindest eine automatische Inanspruchnahme nicht (mehr) zur Diskussion steht.

Entscheidung des OLG Hamburg: Kenntnisnahme des Geschäftsführers zählt

Das OLG Hamburg (3 U 136/11) hat entschieden, dass ein Geschäftsführer, der (nur) für das operative Geschäft zuständig ist, keine im eigenen Namen bei Markenrechtsverletzung durch die GmbH abgeben muss. Dies jedenfalls dann, wenn er von der Markenrechtsverletzung tatsächlich keine Kenntnis hatte und ihm auch kein Organisationsverschulden zur Last fällt.

Die Entscheidung passt zu der Rechtsprechung des BGH zu Unterlassungserklärungen bei Gesellschaften (hier kurz skizziert), die sich nicht in eine abschliessende Formel bringen lässt: Man muss die Gesamtumstände würdigen und Vorsichtig sein. Die Abmahnpraxis zeigt bisher bei dieser Frage eher Zurückhaltung, ich erlebe sehr selten dass neben der Gesellschaft der Geschäftsführer persönlich in Anspruch genommen wird, was mitunter überraschend aber meistens auch ratsam ist.

Bei der Frage wer in Anspruch genommen wird handelt es sich dabei um kein reines Affektionsinteresse: Ein persönlich zur Unterlassung verpflichteter Geschäftsführer wird unabhängig von der Gesellschaft bei der er tätig ist die Unterlassung zu schulden haben und mit dem Lebensrisiko einer leben müssen. Allerdings schützt es auch nicht, wenn nur die Gesellschaft verpflichtet wurde – wenn der Geschäftsführer etwa eine Nachfolgegesellschaft betreibt, kann auch diese sodann verpflichtet sein. Daher verbleibt es dabei, dass im Fall einer geforderten Unterlassungserklärung schon alleine deswegen anwaltlicher Rat eingeholt werden sollte.

OLG Düsseldorf zur Haftung des Geschäftsführers bei Markenrechtsverletzung

Auch das Oberlandesgericht Düsseldorf (I-20 U 26/15) schliesst sich dem an und sieht keine grundsätzliche Haftung:

Der Grundsatz, dass der Geschäftsführer für Kennzeichenverletzungen haftet, wenn er von ihnen Kenntnis hat und sie nicht verhindert, wird von der Rechtsprechung des in dieser Allgemeinheit nicht mehr aufrecht erhalten (BGH GRUR 2014, 883 Rn. 15 – Geschäftsführerhaftung). Zwar kommt bei Kennzeichenverletzungen – anders als bei Wettbewerbsverstößen – grundsätzlich eine zivilrechtliche Haftung als Störer in Betracht. Dies setzt indes voraus, dass der Geschäftsführer willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt und dabei zumutbare Verhaltenspflichten verletzt (BGH GRUR 2015, 672 Rn. 82 – Videospiel-Konsolen II). Dafür ist hier nichts ersichtlich, zumal die Frage, inwieweit hier eine Anzeige des Vertriebs erforderlich war, noch nicht höchstrichterlich geklärt ist. Es ist daher nicht ersichtlich, wodurch der Beklagte hier willentlich zu der Rechtsverletzung beigetragen hat.

Dies bestätigt das OLG Düsseldorf (20 U 48/15) im Jahr 2016:

Der Grundsatz, dass der Geschäftsführer für Kennzeichenverletzungen haftet, wenn er von ihnen Kenntnis hat und sie nicht verhindert, wird von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshof in dieser Allgemeinheit nicht mehr aufrecht erhalten (BGH GRUR 2014, 883 Rn. 15 – Geschäftsführerhaftung). Zwar kommt bei Kennzeichenverletzungen – anders als bei Wettbewerbsverstößen – grundsätzlich eine zivilrechtliche Haftung als Störer in Betracht. Dies setzt indes voraus, dass der Geschäftsführer willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt und dabei zumutbare Verhaltenspflichten verletzt (BGH GRUR 2015, 672 Rn. 82 – Videospiel-Konsolen II).

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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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