Das Oberlandesgericht Karlsruhe (Beschluss vom 14.7.2020, 2 Rv 35 Ss 175/20) sieht derzeit keine gesicherten naturwissenschaftlichen Erkenntnisse dafür, dass Fahrer von „Pedelecs“ mit einer Begrenzung der motorunterstützten Geschwindigkeit auf 25 km/h bereits unterhalb der für Fahrradfahrer geltenden Grenze von 1,6 Promille Blutalkoholkonzentration absolut fahruntüchtig sind.
Die vom Bundesgerichtshof festgelegte Grenze, wonach der Führer eines Kfz bereits von einem Blut Alkoholgehalt von 1,1 Promille an unwiderleglich fahruntüchtig und wegen Trunkenheit im Verkehr zu bestrafen ist, ist daher auf solche „Pedelecs“ nicht anzuwenden.
Weitere Beiträge zum Thema Alkohol und eScooter bei uns:
- Landgericht Wuppertal, 25 Qs 63/21 (922 Js 3738/21) – mit Darstellung des Streits hinter der Problematik
- Bundesgerichtshof zu den Feststellungen zum eScooter bei Trunkenheitsfahrt
- Landgericht Osnabrück zu den Promillegrenzen auf einem eScooter
- Landgericht (LG) Halle und Amtsgericht (AG) München zu Trunkenheitsfahrten mit einem E-Scooter
- OLG Frankfurt zum Entzug der Fahrerlaubnis bei Trunkenheitsfahrt auf eScooter
- Passend dazu: OLG Karlsruhe zu Alkohol auf Pedelecs
- Übersicht zu Promillegrenzen im allgemeinen
Im Fall des OLG war der Fahrer eines „Pedelecs“ mit einer auf seinen Fahrweg einbiegenden Fahrradfahrerin kollidiert, die seine Vorfahrt missachtet hatte. Dabei hatte er 1,59 Promille im Blut.
Die Beweise reichten nicht für die einzelfallbezogene Feststellung aus, dass der Angeklagte deshalb alkoholbedingt nicht mehr zum Führen des Fahrzeugs in der Lage war. Eine Verurteilung wegen Trunkenheit im Verkehr unter dem Gesichtspunkt der relativen Fahr untüchtigkeit (Blutalkoholkonzentration von mindestens 0,3 Promille bei Hinzutreten alkohol typischer Ausfallerscheinungen) kommt deshalb nicht in Betracht. Eine Ordnungswidrigkeit nach § 24a StVG (Führen eines Kraftfahrzeugs mit mindestens 0,25 Milligramm je Liter Alkohol in der Atemluft oder mindestens 0,5 Promille Alkohol im Blut) liegt ebenfalls nicht vor, weil handelsübliche „Pedelecs“ mit einer Begrenzung der motorunterstützten Geschwindigkeit auf 25 km/h keine Kraftfahrzeuge im Sinne des Straßenverkehrsrechts sind (§ 1 Abs. 3 StVG).
Hinweis: Das Amtsgericht Staufen und das LG Freiburg haben den Angeklagten frei gesprochen. Gegen das freisprechende Urteil des LG hat die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt, die jetzt dem OLG Karlsruhe zur Entscheidung vorliegt. Dieses hat aber noch nicht endgültig entschieden, da die Beteiligten noch Gelegenheit zur Stellungnahme haben. Das OLG hat den die Sach und Rechtslage daher nur vorläufig beurteilt.
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