Betrugsfälle, bei denen Opfer durch Täuschung dazu gebracht werden, Geld auf fremde Konten zu überweisen, sind kein seltenes Phänomen. Besonders perfide wird es, wenn die Empfänger dieser Gelder – oft ahnungslose oder leichtfertige Dritte – die Beträge weiterleiten und damit die Spur des Geldes verwischen. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt hat in einem Urteil vom 17. Oktober 2025 (29 U 100/24) klargestellt, dass Opfer solcher Betrügereien direkt gegen die Geldwäscher vorgehen können, selbst wenn sie selbst grob fahrlässig gehandelt haben. Die Entscheidung zeigt, wie das Zivilrecht Schutz bietet, wenn das Strafrecht allein nicht ausreicht.
Klassischer Angriff
Die Klägerin wurde im Januar 2023 Opfer eines Betrugs. Ein Anrufer gab sich als Bankmitarbeiter aus und überredete sie, eine Überweisung in Höhe von 9.500 Euro zu autorisieren – angeblich, um betrügerische Transaktionen rückgängig zu machen. Tatsächlich landete das Geld auf dem Konto des Beklagten, der es kurz darauf abhob und an einen Dritten weitergab. Der Beklagte behauptete, er habe sein Konto nur einem Freund zur Verfügung gestellt, weil dieser sein eigenes Tageslimit ausgeschöpft habe. Zwar sei ihm das Ganze „suspekt“ vorgekommen, doch er habe aus Müdigkeit nicht weiter nachgefragt.
Das Landgericht Frankfurt wies die Klage ab, da es keinen direkten Bereicherungsanspruch der Klägerin gegen den Beklagten sah. Das OLG Frankfurt korrigierte diese Entscheidung und verurteilte den Beklagten zur Zahlung des vollen Betrags nebst Zinsen und Anwaltskosten. Entscheidend war dabei nicht nur die Frage, wer das Geld erhalten hatte, sondern auch, ob der Beklagte durch sein Handeln eine Straftat – konkret: leichtfertige Geldwäsche – begangen hatte.
Leichtfertige Geldwäsche als Grundlage für Schadensersatz
Das OLG Frankfurt stützte seine Entscheidung auf § 823 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) in Verbindung mit § 261 des Strafgesetzbuchs (StGB). Danach haftet jeder, der vorsätzlich oder leichtfertig Gegenstände, die aus einer rechtswidrigen Tat stammen, verschleiert oder weitergibt. Der Beklagte hatte das Geld nicht nur entgegengenommen, sondern es auch in bar abgehoben und an Unbekannte weitergereicht – ein klassisches Muster der Geldwäsche.
Das Gericht betonte, dass es für die Haftung nicht darauf ankommt, ob die ursprünglichen Betrüger bekannt oder überführt sind. Allein die Tatsache, dass der Beklagte das Geld annahm und weiterleitete, obwohl ihm die dubiosen Umstände hätten auffallen müssen, reichte aus, um seine Verantwortung zu begründen:
Auch der bezüglich der Tathandlung erforderliche Vorsatz lag … vor. Dabei kann offenbleiben, ob der Beklagte, wie er selbst vorträgt, der Meinung war, dass sein Freund „Z“ erwartete, dass ihm „jemand ihm Geld schicken würde“. Der Beklagte hat bereits nach seinen eigenen Ausführungen gemäß § 261 Abs. 6 S. 1 StGB spätestens im Zeitpunkt der Abhebungen leichtfertig nicht erkannt, dass der von der Klägerin auf sein Konto überwiesene Geldbetrag aus einer rechtswidrigen Tat herrührte. Der sich aufdrängenden Möglichkeit, dass der Geldbetrag nicht rechtmäßig, sondern durch eine rechtswidrige Tat auf sein Konto gelangt ist, hat er sich leichtsinnig oder gleichgültig verschlossen. Leichtfertig handelt, wer die sich ihm aufdrängende Möglichkeit der Herkunft aus einer rechtswidrigen Tat aus besonderem Leichtsinn oder besonderer Gleichgültigkeit verkennt …
Sein Verhalten war damit leichtfertig, weil er die naheliegende Möglichkeit einer Straftat ignorierte. Besonders verdächtig erschien dem Gericht, dass der Beklagte das Geld in vielen kleinen Beträgen abhob, um die Herkunft zu verschleiern.
Kein Mitverschulden des Opfers
Interessant ist die klare Haltung des Gerichts zur Frage des Mitverschuldens. Zwar hatte die Klägerin die Überweisung selbst autorisiert, doch das OLG Frankfurt lehnte eine Anrechnung ihres möglichen Sorgfaltspflichtverstoßes ab. Der Schutzzweck der Geldwäschevorschriften ziele darauf ab, den Geldfluss aus Straftaten zu unterbinden – nicht darauf, das Opfer für seine Leichtgläubigkeit zu bestrafen. Die Klägerin schulde dem Geldwäscher keine besondere Sorgfalt. Dieser Einwand wäre nur dann relevant, wenn das Opfer und der Geldwäscher in einer vertraglichen oder ähnlichen Beziehung gestanden hätten, was hier nicht der Fall war.

Geldwäsche lohnt sich nicht
Die Message ist deutlich: Wer sein Konto für dubiose Geldflüsse zur Verfügung stellt, riskiert nicht nur strafrechtliche Konsequenzen, sondern auch zivilrechtliche Schadensersatzforderungen. Selbst wenn das Opfer des Betrugs selbst unvorsichtig war, ändert dies nichts an der Haftung des Geldwäschers. Die Entscheidung stärkt den Schutz der Geschädigten und macht deutlich, dass die Justiz Geldwäsche nicht als Kavaliersdelikt behandelt.
Bankkunden müssen bei ungewöhnlichen Überweisungen oder Bargeldabhebungen besonders wachsam sein. Wer hier die Augen verschließt, handelt auf eigenes Risiko – und kann am Ende für den Schaden geradestehen. Allerdings ist zugleich zu sehen, dass Täter immer häufiger an Jugendliche herantreten, die besonders arglos sind – und sich gleichwohl hinterher diesen Ansprüchen ausgesetzt sehen können.
Direkter Anspruch statt Umweg über die Bank
Bisher versuchen Opfer von Betrug oft, ihr Geld über die Bank zurückzuholen, was häufig scheitert, weil die Banken keine Haftung für nicht autorisierte Transaktionen übernehmen. Das OLG Frankfurt eröffnet nun einen direkten Weg: Betroffene können den Geldwäscher unmittelbar auf Schadensersatz verklagen, ohne sich mit der Bank auseinandersetzen zu müssen. Dies ist besonders relevant, weil Geldwäscher oft leichter zu identifizieren sind als die ursprünglichen Betrüger.
Man sieht hier, wie auch junge oder unerfahrene Personen, die ihr Konto für fragwürdige Transaktionen zur Verfügung stellen, haftbar gemacht werden können. Wer sich auf zweifelhafte Erklärungen einlässt und große Bargeldsummen weitergibt, ohne nach der Herkunft zu fragen, handelt leichtfertig – und muss die Konsequenzen tragen. Ob das in jedem Fall gerechtfertigt ist wird dem Opfer dabei egal sein, sollte aber gesellschaftlich hinterfragt werden.
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