Strafverteidigungskosten als Werbungskosten

Strafverteidigungskosten als Werbungskosten: Dass Strafverteidigungskosten dann als Werbungskosten abziehbar sind, wenn der strafrechtliche Vorwurf, gegen den sich der Steuerpflichtige zur Wehr setzt, durch sein berufliches Verhalten veranlasst ist, hat der Bundesfinanzhof (VI R 75/10) klargestellt.

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sind Werbungskosten über den Wortlaut des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG hinaus alle Aufwendungen, die durch die Erzielung von steuerpflichtigen Einnahmen veranlasst sind. Eine solche Veranlassung liegt vor, wenn objektiv ein Zusammenhang mit der auf die Einnahmeerzielung gerichteten Tätigkeit besteht und subjektiv die Aufwendungen zur Förderung dieser steuerlich relevanten Tätigkeit gemacht werden. Danach können auch strafbare Handlungen, die im Zusammenhang mit einer beruflichen Tätigkeit stehen, Erwerbsaufwendungen begründen und die sich aus ihnen ergebenden Schadensersatzverpflichtungen zu Werbungskosten führen. Aufwendungen, die durch strafbare Handlungen ausgelöst werden, sind nicht ohne Weiteres der privaten Lebensführung zuzuordnen.

Dieses Ergebnis folgt nicht nur aus dem objektiven Nettoprinzip, sondern ergibt sich auch aus § 40 AO. Danach ist es für die Besteuerung unerheblich, ob ein Verhalten, das den Tatbestand eines Steuergesetzes ganz oder zum Teil erfüllt, gegen ein gesetzliches Gebot oder Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt (BFH-Urteil vom 9. Dezember 2003 VI R 35/96, BFHE 205, 56, BStBl II 2004, 641).

In gleicher Weise ist in der Rechtsprechung des BFH anerkannt, dass Strafverteidigungskosten dann als Werbungskosten abziehbar sind, wenn der strafrechtliche Vorwurf, gegen den sich der Steuerpflichtige zur Wehr setzt, durch sein berufliches Verhalten veranlasst gewesen ist. Das ist der Fall, wenn die dem Steuerpflichtigen zur Last gelegte Tat in Ausübung der beruflichen Tätigkeit begangen worden ist (BFH-Urteil vom 18. Oktober 2007 VI R 42/04, BFHE 219, 197, BStBl II 2008, 223, und Beschluss des Großen Senats des BFH vom 21. November 1983 GrS 2/82, BFHE 140, 50, BStBl II 1984, 160).

Dem Abzug dieser Verfahrenskosten steht § 12 Nr. 4 EStG nicht entgegen. Der Gesetzgeber hat bei der Einführung dieser Vorschrift, die – wie § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 EStG – als Reaktion auf die Beschlüsse des Großen Senats des BFH in BFHE 140, 50, BStBl II 1984, 160, und vom 21. November 1983 GrS 3/82 (BFHE 140, 62, BStBl II 1984, 166) zu verstehen ist (Fissenewert in Herrmann/ Heuer/Raupach –HHR–, § 12 EStG Rz 141; HHR/Hildesheim, § 4 EStG Rz 1700 Gff.), bewusst davon abgesehen, auch die Verfahrenskosten in das Verbot eines Abzugs als Werbungskosten einzubeziehen (Fischer in Hübschmann/Hepp/Spitaler –HHSp–, § 40 AO Rz 62; zum Anwendungsbereich des § 12 Nr. 4 EStG s. Senatsentscheidungen vom 15. Januar 2009 VI R 37/06, BFHE 224, 140, BStBl II 2010, 111; vom 22. Juli 2008 VI R 47/06, BFHE 222, 448, BStBl II 2009, 151).

Allerdings setzt nach bisheriger Rechtsprechung die Annahme von Erwerbsaufwendungen auch in diesen Fällen voraus, dass die – die Aufwendungen auslösenden – schuldhaften Handlungen noch im Rahmen der beruflichen Aufgabenerfüllung liegen und nicht auf privaten, den beruflichen Zusammenhang aufhebenden Umständen beruhen. So greifen nach der Rechtsprechung private Gründe dann durch, wenn die strafbaren Handlungen mit der Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen nur insoweit im Zusammenhang stehen, als diese eine Gelegenheit zu einer Straftat verschafft.

Eine erwerbsbezogene Veranlassung wird auch aufgehoben, wenn der seinen Arbeitgeber bewusst, also vorsätzlich schädigen wollte oder sich oder einen Dritten durch die schädigende Handlung bereichert hat, wenn also das Verhalten des Arbeitnehmers von privaten Gründen getragen wurde (BFH-Urteil in BFHE 219, 197, BStBl II 2008, 223). Wie das FG zu Recht ausgeführt hat, genügt allerdings insoweit zum Ausschluss des Werbungskostenabzugs der Tatvorwurf allein zumindest dann nicht, wenn dem Steuerpflichtigen bzw. zur Untreue vorgeworfen wird.

BFH, VI R 75/10
Strafverteidigungskosten als Werbungskosten: Fachanwalt für Strafrecht Ferner zu den Strafverteidigungskosten als Werbungskosten

Strafverteidigungskosten als Werbungskosten absetzen? Es wäre schön, wenn dies einfach wäre, aber natürlich ist es das nicht. Tatsächlich ist es ein sehr undankbares Thema.

Zusammenfassend also nochmals kurz zu den Strafverteidigungskosten als Werbungskosten:

  • Nach der Rechtsprechung des BFH sind Werbungskosten über den Wortlaut des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG hinaus alle Aufwendungen, die durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst sind. Eine solche Veranlassung liegt vor, wenn objektiv ein Zusammenhang mit der auf die Erzielung von Einnahmen gerichteten Tätigkeit besteht und subjektiv die Aufwendungen zur Förderung dieser steuerlich relevanten Tätigkeit gemacht werden. Danach können auch Straftaten, die im Zusammenhang mit einer beruflichen Tätigkeit stehen, Werbungskosten sein (BFH, VI R 35/96, VI R 75/10 und VI B 88/21).
  • Strafverteidigungskosten sind als Werbungskosten abziehbar, wenn der strafrechtliche Vorwurf, gegen den sich der Steuerpflichtige zur Wehr setzt, durch sein berufliches Verhalten veranlasst ist. Dies ist der Fall, wenn die dem Steuerpflichtigen zur Last gelegte Tat in Ausübung der beruflichen Tätigkeit begangen wurde (BFH, VI R 42/04, GrS 2/82, VI R 75/10 und VI B 88/21).

Grenze: Keine erwerbsbezogene Veranlassung

Eine erwerbsbezogene Veranlassung wird aber aufgehoben, wenn der Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber bewusst schädigen wollte oder sich oder einen Dritten durch die schädigende Handlung bereichert hat.

Denn: Die Annahme von Werbungskosten setzt in oben geschilderten Fällen voraus, dass die den Aufwand auslösenden schuldhaften Handlungen noch im Rahmen der beruflichen Aufgabenerfüllung liegen und nicht auf privaten, den beruflichen Zusammenhang aufhebenden Umständen beruhen. So ist nach der Rechtsprechung eine private Veranlassung gegeben, wenn die strafbaren Handlungen mit der beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen nur insoweit in Zusammenhang stehen, als diese die Gelegenheit zur Begehung der Straftat verschafft.

Die berufliche Veranlassung entfällt auch dann, wenn der Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber bewusst, also vorsätzlich, schädigen wollte oder sich oder einen Dritten durch die schädigende Handlung bereichert hat, das Verhalten des Arbeitnehmers also von privaten Motiven getragen war (BFH, VI R 75/10 und VI B 88/21).

Strafverteidigerkosten als Werbungskosten: Honorarvereinbarung

In der Rechtsprechung des BFH ist somit geklärt, unter welchen Voraussetzungen Strafverteidigungskosten als im Sinne des § 33 EStG anzuerkennen sind.

Aus Sicht des BFH (zusammenfassend dazu BFH, VIII R 43/14). entstehen Kosten im Strafverfahren nur dem verurteilten Straftäter oder demjenigen, der für seine erfolgreiche Verteidigung mehr aufgewendet hat, als ihm vom Staat erstattet wird. Ein Abzug von Strafverteidigungskosten als außergewöhnliche Belastung scheidet danach aus, wenn der Steuerpflichtige verurteilt wird und die Kosten des Verfahrens einschließlich seiner eigenen Auslagen zu tragen hat.

Soweit der Steuerpflichtige aufgrund eines Freispruchs nach § 467 Abs. 1 einen Anspruch auf Erstattung der Strafverteidigungskosten hat, fehlt es für einen Abzug nach § 33 EStG bereits an einer Belastung des Steuerpflichtigen.

Aufwendungen für die Strafverteidigung sind auch dann nicht zwangsläufig (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG), wenn der Steuerpflichtige mit seinem Verteidiger ein Honorar vereinbart hat, das die von der Staatskasse zu erstattenden Kosten übersteigt.

Wären die anteilig auf die nicht zugelassenen Anklagepunkte entfallenden Kosten der Strafverteidigung höher als die erstattungsfähigen gesetzlichen Gebühren, wären auch diese vom Beschuldigten selbst zu tragenden Kosten aufgrund der mit dem Verteidiger getroffenen Honorarvereinbarung nicht zwangsläufig entstanden.

Einstellung des Strafverfahrens

Die des Strafverfahrens gemäß § 153a StPO rechtfertigt dabei nicht die Schlussfolgerung, dass der Steuerpflichtige die ihm zur Last gelegte Tat verübt hat! Gleichwohl zeigt es sich steuerrechtlich undankbar:

Der Regelfall wird sein, dass der Beschuldigte bei einer Einstellung nach § 467 Abs. 5 StPO seine notwendigen Auslagen zu tragen hat. Nach § 464a Abs. 2 Nr. 2 StPO gehören zu den notwendigen Auslagen eines Beteiligten auch die Gebühren und Auslagen eines Verteidigers, soweit sie nach § 91 Abs. 2 ZPO zu erstatten sind. Der Beschuldigte hat sie nach § 467 Abs. 5 StPO zu tragen, weil er sich im Rahmen der kooperativen Verfahrensbeendigung freiwillig dieser Rechtsfolge und anderen Sanktionen besonderer Art unterwirft, um die Fortsetzung des Verfahrens zu vermeiden, so der BFH (vgl. ausdrücklich BFH, VIII R 43/14). Die Kosten der Strafverteidigung entstehen dem Kläger daher nicht zwangsläufig, sondern sind von ihm zu tragen, weil er der Verfahrensbeendigung zugestimmt hat.

Dazu auch bei uns die allgemeine Übersicht zur Absetzbarkeit von Kosten beachten!

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften. Dabei bin ich fortgebildet in Krisenkommunikation und Compliance.

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