Strafbarkeit des Verbreitens von Propagandamitteln terroristischer Organisationen

Die Nutzung sozialer Medien zur Verbreitung extremistischer Inhalte ist eine zunehmende Herausforderung für Strafverfolgungsbehörden. Insbesondere in politisch aufgeladenen Konfliktsituationen werden digitale Plattformen oft genutzt, um Propaganda terroristischer Organisationen zu verbreiten und dadurch bestimmte ideologische Botschaften zu verstärken.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Beschluss vom 18. Dezember 2024 (Az. 3 StR 507/24)die Verurteilung einer Angeklagten wegen des Verbreitens von Propagandamitteln terroristischer Organisationen (§ 86 Abs. 2 StGB) bestätigt. Die Entscheidung bekräftigt die strafrechtliche Relevanz solcher Handlungen und verdeutlicht, dass das Posten extremistischer Inhalte in sozialen Netzwerken nicht nur politische oder moralische, sondern auch strafrechtliche Konsequenzen haben kann.

Hintergrund des Falls

Die Angeklagte hatte am 7. Oktober 2023 über ihren öffentlich einsehbaren Instagram-Account ein Bild verbreitet, das einen augenscheinlich getöteten oder schwer verletzten israelischen Soldaten zeigte. Eine andere Person trat mit einem Schuh auf dessen Kopf. Das Bild war mit einem Wasserzeichen versehen, das auf die offizielle Medienstelle der Hamas hinwies.

Nach den Feststellungen des Landgerichts Berlin war sich die Angeklagte darüber bewusst, dass das Bild als Ausdruck ihrer Sympathie für den Angriff der Hamas auf Israel sowie als Gutheißung dieses Angriffs verstanden werden konnte. Sie nahm in Kauf, dass ihr Post als Aufruf zur Gewalt gegen Juden und Israelis interpretiert werden würde.

Das Landgericht verurteilte sie wegen öffentlicher Aufforderung zu Straftaten in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Volksverhetzung und Verbreiten von Propagandamitteln terroristischer Organisationen, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Zudem wurde die Einziehung ihres Mobiltelefons angeordnet.


Rechtliche Bewertung

1. Strafbarkeit nach § 86 Abs. 2 StGB

Das zentrale Tatbestandsmerkmal des § 86 Abs. 2 StGB ist das „Verbreiten von Propagandamitteln“ einer in Deutschland verbotenen terroristischen Organisation. Die Hamas ist seit der Durchführungsverordnung (EU) 2021/138 des Rates vom 5. Februar 2021 als terroristische Vereinigung in der Europäischen Union gelistet.

Der BGH stellte klar, dass das gepostete Bild ein Propagandamittel im Sinne des § 86 Abs. 3 StGB darstellt. Es wurde ursprünglich über einen Kanal verbreitet, der der Hamas zugeordnet werden konnte, und diente nach seiner inhaltlichen Gestaltung der Verherrlichung von Gewalt und der Einschüchterung der jüdischen Bevölkerung.

Besonders betonte der BGH, dass es für die Strafbarkeit nicht darauf ankommt, ob die Angeklagte das Bild selbst erstellt hat. Maßgeblich ist allein, dass sie es über ihren Social-Media-Kanal einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht und sich damit die Propaganda der Hamas zu eigen gemacht hat.

2. Tateinheit mit Volksverhetzung und Billigung von Straftaten

Neben der Strafbarkeit nach § 86 Abs. 2 StGB wurde die Angeklagte auch wegen Volksverhetzung (§ 130 Abs. 1 Nr. 2 StGB) und der Billigung von Straftaten (§ 140 Nr. 2 StGB) verurteilt.

Der BGH bestätigte die Feststellung des Landgerichts, dass die Darstellung des getöteten israelischen Soldaten mit einem Fuß auf seinem Kopf symbolisch als Ausdruck der Missachtung und Demütigung verstanden werden müsse. Dies sei geeignet, den öffentlichen Frieden zu stören und Hass gegen eine Bevölkerungsgruppe zu schüren.

Zudem erkannte der BGH, dass die Angeklagte den Angriff der Hamas am 7. Oktober 2023 als legitim darstellte und diesen durch ihre Veröffentlichung billigte. Da dieser Angriff massive Gewalttaten gegen die Zivilbevölkerung umfasste, sei eine Billigung solcher Taten strafbar.

3. Verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit des § 86 Abs. 2 StGB

In ihrer Revision hatte die Angeklagte unter anderem argumentiert, dass § 86 Abs. 2 StGB gegen das Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG verstoße. Insbesondere sei problematisch, dass die Strafvorschrift auf eine EU-Verordnung verweise, die dynamisch aktualisiert werde.

Der BGH wies diese Bedenken zurück. Er stellte klar, dass die Bezugnahme auf die EU-Verordnung als statische Verweisung zu verstehen sei, sodass sichergestellt sei, dass der Gesetzgeber die Kontrolle über den Inhalt der Strafnorm behalte. Zudem sei es verfassungsrechtlich zulässig, auf EU-Normen zu verweisen, sofern diese öffentlich zugänglich und hinreichend bestimmt seien.

Bedeutung der Entscheidung

Die Entscheidung des BGH setzt ein klares Signal gegen die Verbreitung extremistischer Inhalte in sozialen Netzwerken. Besonders hervorzuheben ist die Bestätigung, dass das bloße Teilen von Propagandamaterial bereits eine strafbare Handlung darstellt, selbst wenn der Verbreitende nicht direkt mit der Organisation verbunden ist.

Für die Strafverfolgung bedeutet dies eine Bestätigung der bestehenden Rechtslage und eine klare Linie für zukünftige Verfahren. Plattformbetreiber könnten infolge dieses Urteils verstärkt in die Pflicht genommen werden, terroristische Propaganda schneller zu entfernen, um eine Strafverfolgung von Nutzern zu verhindern.

Gleichzeitig zeigt die Entscheidung, dass die Meinungsfreiheit Grenzen hat. Wer bewusst Material verbreitet, das Gewalt verherrlicht oder terroristische Organisationen unterstützt, kann sich nicht auf eine rein journalistische oder politische Motivation berufen.

Für Nutzer sozialer Medien wird damit nochmals deutlich, dass das Teilen extremistischer Inhalte strafrechtliche Konsequenzen haben kann, selbst wenn dies ohne expliziten Kommentar oder persönliche Stellungnahme geschieht.

Fazit

Der BGH hat mit seiner Entscheidung die Bedeutung von § 86 Abs. 2 StGB für die Bekämpfung extremistischer Propaganda unterstrichen. Das Verbreiten von Propagandamitteln terroristischer Organisationen bleibt eine ernstzunehmende Straftat, die nicht nur die öffentliche Sicherheit betrifft, sondern auch den gesellschaftlichen Frieden gefährdet.

Die Entscheidung zeigt, dass digitale Plattformen keine rechtsfreien Räume sind und dass sich auch private Nutzer ihrer strafrechtlichen Verantwortung bewusst sein müssen. Wer Inhalte terroristischer Organisationen teilt, setzt sich einer strafrechtlichen Verfolgung aus – eine Botschaft, die angesichts der zunehmenden Radikalisierung im digitalen Raum besonders relevant ist.

Fachanwalt für Strafrecht & IT-Recht bei Anwaltskanzlei Ferner Alsdorf
Rechtsanwalt Jens Ferner ist Fachanwalt für Strafrecht sowie Fachanwalt für IT-Recht und widmet sich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht - mit Schwerpunkten in Cybercrime, Cybersecurity, Softwarerecht und Managerhaftung. Er ist zertifizierter Experte für Krisenkommunikation & Cybersecurity; zudem Autor sowohl in Fachzeitschriften als auch in einem renommierten StPO-Kommentar zum IT-Strafprozessrecht sowie zur EU-Staatsanwaltschaft. Als Softwareentwickler ist er in Python zertifiziert und hat IT-Handbücher geschrieben.

Erreichbarkeit: Per Mail, Rückruf, Threema oder Whatsapp.

Unsere Kanzlei ist spezialisiert auf Starke Strafverteidigung, seriöses Wirtschaftsstrafrecht und anspruchsvolles IT-Recht inkl. IT-Sicherheitsrecht - ergänzt um Arbeitsrecht mit Fokus auf Managerhaftung. Von Verbrauchern werden allein Strafverteidigungen und im Einzelfall Fälle im Arbeitsrecht übernommen!
Rechtsanwalt Jens Ferner

Von Rechtsanwalt Jens Ferner

Rechtsanwalt Jens Ferner ist Fachanwalt für Strafrecht sowie Fachanwalt für IT-Recht und widmet sich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht - mit Schwerpunkten in Cybercrime, Cybersecurity, Softwarerecht und Managerhaftung. Er ist zertifizierter Experte für Krisenkommunikation & Cybersecurity; zudem Autor sowohl in Fachzeitschriften als auch in einem renommierten StPO-Kommentar zum IT-Strafprozessrecht sowie zur EU-Staatsanwaltschaft. Als Softwareentwickler ist er in Python zertifiziert und hat IT-Handbücher geschrieben.

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