Nachweis von Arbeitszeitbetrug: Das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln hat am 28. März 2024 (Az. 6 Sa 105/23) eine wichtige Entscheidung zur Frage der fristlosen Kündigung wegen Arbeitszeitbetrugs getroffen. Der Fall betraf die Vorlage von Protokollen eines Schließsystems als Beweismittel für den behaupteten Arbeitszeitbetrug. Dieser Blog-Beitrag beleuchtet die wesentlichen rechtlichen Probleme und die Urteilsbegründung des Gerichts im Detail.
Sachverhalt
Die Parteien stritten über die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung, die die Beklagte ausgesprochen hatte. Die Beklagte, ein Unternehmen, warf der Klägerin vor, nach einer einschlägigen Abmahnung einen Arbeitszeitbetrug begangen und gegen Verschwiegenheitspflichten verstoßen zu haben. Die Klägerin bestritt diese Vorwürfe und erhob Kündigungsschutzklage. Sie forderte außerdem Entgeltzahlung für den Monat Oktober 2022, da sie sich im Annahmeverzug befand.
Rechtliche Analyse
1. Beweislast und Eignung der vorgelegten Protokolle
Das Gericht stellte fest, dass die Vorlage von Protokollen eines Schließsystems nicht ausreicht, um einen Arbeitszeitbetrug nachzuweisen. Insbesondere konnten die Protokolle nur die Zeitpunkte des Kommens, nicht aber des Gehens dokumentieren. Die Beklagte behauptete, die Klägerin sei immer um 15:00 Uhr gegangen, obwohl die Protokolle zeigten, dass die Klägerin an mehreren Tagen erst nach 15:00 Uhr zur Arbeit kam.
2. Anforderungen an den Nachweis des Arbeitszeitbetrugs
Für die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung wegen Arbeitszeitbetrugs müssen konkrete und nachvollziehbare Beweise vorliegen. Pauschale Behauptungen ohne detaillierte und stichhaltige Nachweise genügen nicht. Das LAG Köln betonte, dass die Beweispflicht für den behaupteten Arbeitszeitbetrug bei der Arbeitgeberin liegt. Da die Protokolle des Schließsystems keine eindeutigen Beweise für die behaupteten Vertragsverletzungen lieferten, war die Kündigung unwirksam:
Diese Protokolle geben nach den Darlegungen der Beklagten allenfalls Auskunft über die Zeitpunkte des Kommens, nicht aber über die Zeitpunkte des Gehens. Die Behauptung der Beklagten, die Klägerin sei jeden Tag um 15:00 Uhr gegangen, wird durch die Protokolle selbst sogar wiederlegt. Wenn die Klägerin nämlich zum Beispiel an den (willkürlich mit kurzem Blick in das Protokoll gewählten) Tagen 08.11.2021, 09.11.2021, 10.11.2021, 11.11.2021, 27.04.2022, 05.05.2022, 09.05.2022 und 10.05.2022 um 15:00 Uhr oder später gekommen ist kann sie nicht um 15:00 Uhr oder vorher gegangen sein.
3. Rechtsfolgen der unwirksamen Kündigung
Das Arbeitsgericht Köln hatte der Klage in vollem Umfang stattgegeben und die fristlose Kündigung als unwirksam erachtet. Die Beklagte wurde zur Zahlung des Entgelts für den Monat Oktober 2022 verurteilt, da sich die Klägerin im Annahmeverzug befand. Das LAG Köln bestätigte diese Entscheidung und wies die Berufung der Beklagten zurück. Die Beklagte konnte keinen hinreichenden Nachweis für die behaupteten Pflichtverletzungen erbringen, sodass die Kündigung unwirksam war.
Gerichtliche Beurteilung
Das LAG Köln entschied, dass die Berufung der Beklagten unbegründet war. Es bestätigte die Entscheidung des Arbeitsgerichts Köln, wonach die fristlose Kündigung unwirksam war und die Beklagte zur Zahlung des Entgelts für den Monat Oktober 2022 verpflichtet ist. Das Gericht stellte klar, dass die vorgelegten Protokolle des Schließsystems nicht geeignet waren, einen Arbeitszeitbetrug nachzuweisen.
Fazit und Auswirkungen
Diese Entscheidung verdeutlicht die hohen Anforderungen an den Nachweis eines Arbeitszeitbetrugs und die Beweispflicht der Arbeitgeber. Protokolle von Schließsystemen, die nur den Zeitpunkt des Kommens, aber nicht des Gehens dokumentieren, reichen nicht aus, um einen Arbeitszeitbetrug nachzuweisen. Arbeitgeber sollten daher sorgfältig prüfen, ob ihre Beweismittel hinreichend und stichhaltig sind, bevor sie eine fristlose Kündigung aussprechen.
Für Arbeitnehmer ist diese Entscheidung von Bedeutung, da sie ihre Rechte stärkt und sie vor unrechtmäßigen Kündigungen schützt. Sie zeigt, dass Arbeitgeber detaillierte und klare Beweise vorlegen müssen, um schwerwiegende Vorwürfe wie Arbeitszeitbetrug zu untermauern.
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