In einem kürzlich ergangenen Beschluss hat der Bundesgerichtshof (BGH) (Az. 2 StR 30/22) ein Urteil des Landgerichts Aachen vom 1. September 2021 teilweise aufgehoben.
Der Beschluss befasst sich mit den Anforderungen an die Beweiswürdigung und die Struktur der Urteilsgründe, insbesondere im Zusammenhang mit banden- und gewerbsmäßigem Betrug und Urkundenfälschung. Diese Entscheidung unterstreicht die Notwendigkeit einer klaren und nachvollziehbaren Beweiswürdigung durch das Tatgericht.
Sachverhalt
Das Landgericht Aachen hatte die Angeklagten unter anderem wegen banden- und gewerbsmäßigen Betrugs sowie Urkundenfälschung verurteilt. Der Angeklagte K. wurde zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Gegen diese Entscheidung legte er Revision ein, die teilweise Erfolg hatte. Die Verurteilungen in den Fällen II.1 bis II.8 der Urteilsgründe wurden aufgehoben und zur neuen Verhandlung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
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Rechtliche Analyse
Anforderungen an die Beweiswürdigung
Die Beweiswürdigung ist grundsätzlich Sache des Tatgerichts (§ 261 StPO). Das Revisionsgericht überprüft lediglich, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Dies ist der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar, lückenhaft oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt. Die Urteilsgründe müssen erkennen lassen, dass die Beweiswürdigung auf einer tragfähigen und verstandesmäßig einsehbaren Tatsachengrundlage beruht.
Unangemessen breite Urteilsgründe
Der BGH betonte, dass Urteilsgründe nicht unangemessen breit sein sollten. Eine übermäßig weite Darlegung kann Widersprüche und Unklarheiten übersehen lassen, den Blick auf das Wesentliche verstellen und dadurch den Bestand des Urteils gefährden. Eine vollständige Dokumentation der Beweisaufnahme ist nicht erforderlich; es genügt, wesentliche und entscheidungserhebliche Punkte darzustellen.
Konkrete Rechtsfehler des Landgerichts Aachen
- Wiederholtes Wiedererkennen: Das Landgericht stützte seine Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten unter anderem auf die Aussage einer Vermieterin, die den Angeklagten als Mieter wiedererkannt haben wollte. Dieses Wiedererkennen erfolgte bereits im Vorverfahren durch eine Wahllichtbildvorlage. Das Landgericht würdigte jedoch nicht ausreichend den verringerten Beweiswert eines wiederholten Wiedererkennens.
- Wiedererkennen durch Leasinggeber: Ein Mitarbeiter des Leasinggebers erkannte den Angeklagten anhand von Lichtbildern als Begleiter bei einer Fahrzeugabholung. Das Landgericht nahm dieses Wiedererkennen als gegeben an, ohne detailliert darzustellen, welche Personen auf den vorgelegten Lichtbildern zu sehen waren und wie sicher der Zeuge in seiner Aussage war.
- Bandenmäßige Begehung: Die Annahme der bandenmäßigen Begehung beruhte auf unklaren und spekulativen Überlegungen. Das Landgericht zog Schlüsse aus unbestimmten Gesprächssituationen, die keinen ausreichenden Beleg für die Beteiligung weiterer Personen darstellten. Der BGH kritisierte diese Schlussfolgerungen als spekulativ und nicht ausreichend begründet.
- Lückenhafte Beweiswürdigung: Das Landgericht verließ sich auf allgemeine Lebenserfahrung, um Tatinteressen und Beteiligungen zu begründen. Der BGH stellte fest, dass solche Annahmen nicht mehr als bloße Vermutungen sind und keine tragfähige Grundlage für eine Verurteilung bieten können.
Fazit
Die Entscheidung des BGH verdeutlicht die hohen Anforderungen an die Beweiswürdigung und die Notwendigkeit klarer und präziser Urteilsgründe. Urteile müssen auf einer nachvollziehbaren Tatsachengrundlage beruhen und dürfen keine spekulativen oder unzureichend begründeten Annahmen enthalten. Diese Klarstellung des BGH stärkt die Rechtsstaatlichkeit und die Qualität gerichtlicher Entscheidungen, indem sie sicherstellt, dass Urteile auf soliden und transparenten Grundlagen basieren.
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