Beweisverwertungsverbot im Ordnungswidrigkeitenrecht: Es gibt im Strafprozessrecht oder ordnungswidrigkeitenrecht keine allgemeingültige Regel dahingehend, wann ein Beweisverwertungsverbot vorliegt oder ein eventuell vorliegendes Beweisverwertungsverbot über das unmittelbar gewonnene Beweisergebnis hinausreicht bzw. wo die Grenzen des Beweisverwertungsverbotes liegen.
Alle diese Grenzen richten sich nicht nur nach der Sachlage und Art und Schwere des Verstoßes, sondern auch nach der Kausalität der unzulässig erlangten Erkenntnisse für die weiteren Ermittlungen und die schließlich Überführung des Betroffenen. Insgesamt ist – gerade für Strafprozesse – insoweit an die Abwägungslehre samt Widerspruchslösung zu erinnern.
Zum Verwertungsverbot bei uns:
- Die Abwägungslehre des BGH
- Beweisverwertungsverbot: Spontanäußerung und Verwertungsverbot
- Beweisverwertungsverbot bei Ordnungswidrigkeit und im Strafprozess
- EUGH: Verwertungsverbot bei mangelhafter Verteidigungsmöglichkeit
- Beweisverwertungsverbot bei rechtswidriger Hausdurchsuchung
- Kein Verwertungsverbot bei Vernehmung ohne zwingend vorgesehenen Pflichtverteidiger
Mit dem Beweisverwertungsverbot im deutschen Recht ist es inzwischen nicht mehr weit her, da Der Bundesgerichtshof bei vielen erheblichen Fehlern schlicht die Augen zumacht – etwa bei einer Wohnungsdurchsuchung – oder vom Betroffenen verlangt, dass er sich prozessual wehrt, da ansonsten der Beweis einfach nutzbar ist (das ist die so genannte Widerspruchslösung – und genau der Grund warum Sie ohne Strafverteidiger ausgeliefert sind).
Beweisverwertungsverbot bei mangelhafter Belehrung
Jedenfalls bei nicht ordnungsgemäß belehrten Betroffenen steht eine Unverwertbarkeit der gemachten Angaben im Raum, insbesondere auch bei Ordnungswidrigkeiten:
Wird ein kraftfahrzeugführender Betroffener, bei dem im Rahmen einer polizeilichen Kontrolle angesichts des Antreffens im grenznahen Gebiet zu den Niederlanden und aufgrund stark erweiterter Pupillen ohne Reaktion und starkem Lidflattern der Anfangsverdacht für eine Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 2 StVG besteht, ohne vorangegangene Belehrung zunächst befragt wird „ob er etwas genommen habe“, so verstößt dies gegen §§ 136 Abs. 1 S. 2, 163a Abs. 4 StPO, 46 Abs. 1 OWiG. 2.
Oberlandesgericht Hamm, 4 RBs 136/20
Doch Vorsicht, wiederum eine Ausnahme gibt es bei Spontanäusserungen: Wenn ungefragt gegenüber einem Polizeibeamten Angaben gemacht werden oder auch die in Anwesenheit eines Polizeibeamten gegenüber dem Beschuldigten erfolgte Bezichtigung durch einen zur Zeugnisverweigerung berechtigten Angehörigen sind später als „Spontanäußerungen verwertbar“. Das gilt auch, wenn der Angehörige später von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch macht. Mehr dazu hier bei uns.
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