Um die Höhe der Strafe bei einer begangenen Steuerhinterziehung ranken sich viele Mythen. Dabei kann ein kurzer Blick auf typische Entscheidungen des Bundesgerichtshofs bereits einen interessanten Eindruck vermitteln, um dieses Bild gerade zu rücken:
So hat der Bundesgerichtshof gerade nicht festgestellt, dass es bestimmte Strafen gibt, je nachdem wie hoch die hinterzogene Summe ist. Vielmehr hebt der BGH hervor, dass selbstverständlich immer eine entsprechende Abwägung vorzunehmen ist, wobei sich aus der Höhe der hinterzogenen Summe letztlich Grundsätze für die im Raum stehende Mindeststraferwartung ergeben.
Zur Steuerhinterziehung bei uns:
Zum besonders schweren Fall der Steuerhinterziehung
Der Straftatbestand der Steuerhinterziehung sieht für besonders schwere Fälle einen erhöhten Strafrahmen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe vor. Ein solcher besonders schwerer Fall liegt mit dem Gesetz dann vor, wenn der Täter in „großem Ausmaß“ Steuern verkürzt.
Mit der ständigen Rechtsprechung des BGH ist das Regelbeispiel „in großem Ausmaß“ dann erfüllt, wenn der Hinterziehungsbetrag 50.000 € übersteigt. Beschränkt sich das Verhalten des Täters darauf, die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis zu lassen und führt das lediglich zu einer Gefährdung des Steueranspruchs, liegt die Wertgrenze zum „großen Ausmaß“ bei 100.000 € (BGH, 1 StR 416/08, 1 StR 525/11).
Untere Grenzen bei Steuerhinterziehung
Der BGH (BGH, 1 StR 525/11) hat festgestellt, dass je nach Menge des hinterzogenen Betrages zu unterscheiden ist in der Form:
Dass bei einem sechsstelligen Hinterziehungsbetrag die Verhängung einer Geldstrafe nur bei Vorliegen von gewichtigen Milderungsgründen noch schuldangemessen sein kann.
Bei Hinterziehungsbeträgen in Millionenhöhe eine Freiheitsstrafe zur Bewährung nur bei Vorliegen besonders gewichtiger Milderungsgründe noch in Betracht kommt.
Das bedeutet, dass somit grundsätzlich bei einer Hinterziehung in Millionenhöhe keine Bewährungsstrafe mehr zur Verfügung steht.
Aber: Keine Rückschlüsse bei Hinterziehung geringerer Beträge!
Vorsicht ist geboten bei vorschnellen RÜckschlüssen – der umgekehrte Schluss, dass höhere Strafen bei derartigen Beträgen nicht in Betracht kommen, verbietet sich. Wer also eine geringere Summe als einen Millionenbetrag hinterzogen hat, muss nicht zwingend eine Bewährungsstrafe erhalten:
Die Zumessung der schuldangemessenen Strafe richtet sich nach den Grundsätzen des § 46 StGB. Je nach den Umständen des Einzelfalls kommt daher auch bei geringeren Hinterziehungsbeträgen eine Freiheitsstrafe von über zwei Jahren in Betracht. (BGH, 1 StR 423/12)
Steuerhinterziehung: Konkrete Abwägung
Der Bundesgerichtshof betont immer wieder, dass es keine „Tarife“ gibt, also keine festen Strafen bzw. ein bestimmtes Strafmaß je nach hinterzogener Summe:
Auch wenn der Hinterziehungsbetrag ein bestimmender Strafzumessungsgrund für die Steuerhinterziehung ist, kann allein dessen Ausmaß für die Strafhöhenbemessung nicht in dem Sinne ausschlaggebend sein, dass die Strafe gestaffelt nach der Höhe des Hinterziehungsbetrags schematisch und quasi „tarifmäßig“ verhängt wird. Jeder Einzelfall ist vielmehr nach den von § 46 StGB vorgeschriebenen Kriterien zu beurteilen. (BGH, 1 StR 416/08)
Das bedeutet, durch den BGH wurden klare Vorgaben gemacht: Je nach hinterzogener Summe kommt eine bestimmte Strafe als Untergrenze in Betracht. Wenn das Gericht davon abweichen möchte, ist das möglich, es muss aber zur Begründung ganz herausragende Gründe für diese Abweichung im Urteil anführen können.
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