Steuerstrafrecht: Verhältnis von Umsatzsteuervoranmeldung zu Umsatzsteuerjahreserklärung

In der neueren steuerstrafrechtlichen BGH-Rechtsprechung des BGH wird das Zusammenspiel zwischen Umsatzsteuervoranmeldungen und Umsatzsteuerjahreserklärung als eine regelmäßig in Form der Gesetzeskonkurrenz als mitbestrafte Vortat eingestuft.

Eine solche mitbestrafte Vortat liegt vor, wenn im Verlauf eines deliktischen Geschehens verschiedene Angriffsobjekte beeinträchtigt werden, die konkrete Sachverhaltsgestaltung aber ergibt, dass das Schwergewicht des Unrechts bei der Nachtat liegt und der Gesamtkomplex der beiden Straftaten nur unter dem Gesichtspunkt der nachfolgenden Tat zu bewerten ist). Dies ist mit der Rechtsprechung insbesondere bei Durchgangsdelikten gegeben, deren Unrechtsgehalt deshalb nicht über den der „Haupttat“ hinausgeht, weil er sich darin erschöpft, einen intensiveren Angriff auf dasselbe Rechtsgut vorzubereiten.

Die Voraussetzungen einer Mitbestrafung der Vortaten unrichtiger Umsatzsteuervoranmeldungen durch die Abgabe einer unrichtigen Umsatzsteuerjahreserklärung liegen aber dann nicht vor, wenn der Unrechtsgehalt der vollendeten Vortaten mit Auszahlung tatsächlich nicht bestehender Erstattungsbeträge von der lediglich versuchten „Haupttat“ nicht vollständig erfasst wird, wie der BGH ausführt:

Denn soweit bereits in Form des Erlangens nicht gerechtfertigter Steuervorteile ein Taterfolg eingetreten ist, kommt dessen Unrechtsgehalt bei der Bestrafung der lediglich versuchten Hinterziehung von Umsatzsteuern durch Abgabe einer unrichtigen
Umsatzsteuerjahreserklärung nicht zum Ausdruck.

Damit liegt in der versuchten Tat auch nicht das Schwergewicht des Unrechts des Gesamtgeschehens. Dem steht nicht entgegen, dass der Unrechtsgehalt der unrichtigen Umsatzsteuerjahreserklärung insofern über den der Umsatzsteuervoranmeldungen hinausgeht, als mit ihr insgesamt eine noch weitergehende Hinterziehung als mit den Voranmeldungen erstrebt wurde. Die Taten stehen damit im Verhältnis der Tatmehrheit zueinander.

BGH, 1 StR 297/21

Dabei muss der Tatrichter mit dem allerdings im Rahmen der in den Blick nehmen, dass die in Tatmehrheit zueinander stehenden Taten einen sich teilweise überschneidenden Schuldgehalt aufweisen. Diesem Erfordernis kann man dadurch Rechnung tragen, dass hinsichtlich der nachfolgenden Versuchstat lediglich der gegenüber den Umsatzsteuervoranmeldungen neu hinzukommende Schuldgehalt in die Zumessung der Einzelstrafe eingestellt wird. So kann bei der Strafzumessung für die in der Abgabe einer unrichtigen Umsatzsteuerjahreserklärung liegende versuchte nur der gegenüber den Voranmeldungen überschießende, jedoch nicht ausgezahlte Erstattungsbetrag in Ansatz gebracht werden.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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