Portal muss Auskunft über Bewerter geben

Das OLG Celle (13 W 80/20) hat hervorgehoben, dass die Auskunft eines Diensteanbieters über Bestands- und Nutzungsdaten eines Bewertenden aufgrund wahrheitswidriger Äußerungen über ein Unternehmen möglich ist. Hebel in dem Fall war, dass die Äusserung über ein Unternehmen als Straftat eingestuft wurde.

Dabei ging es vorliegend um Bewertungen, die ein Arbeitgeber hinnehmen musste, die ihm von einem (angeblichen) gemacht wurden. Insbesondere wurde hier in den Raum gestellt, dass kein Gehalt gezahlt werden würde – das aber ist kreditschädigend bzw. kreditgefährdend und damit ein Straftatbestand. Insoweit sollte nicht überraschend sein, dass es „kreditgefährdend“ ist, wenn man behauptet, Gehaltszahlungen finden nicht ordentlich statt:

Die dargestellten Äußerungen, die Antragstellerin zahle teilweise kein Gehalt bzw. – wenn Angestellte das Gespräch suchten – nur 10 % des vereinbarten Gehalts, stellen jedoch Tatsachenbehauptungen dar, welche deren Kredit zu gefährden geeignet sind. (…) Dies stellt eine Kreditgefährdung nach § 187 Alt. 3 StGB dar.

Da Schutzgut dieses Tatbestandes nicht die persönliche Ehre, sondern das Vermögen ist (…), erfasst er auch Tathandlungen, die sich gegen juristische Personen und Wirtschaftsunternehmen richten. Voraussetzung ist insoweit die Eignung der Äußerung, das Vertrauen in die Fähigkeit oder in die Bereitschaft des Betroffenen zur Erfüllung vermögensrechtlicher Verbindlichkeiten zu erschüttern (…). Diese Eignung besitzen die bezeichneten Äußerungen, die gerade die Behauptung enthalten, die Antragstellerin sei nicht willens oder nicht in der Lage, bestehenden Verpflichtungen zu Gehaltszahlungen nachzukommen.

Hiermit dann rutscht man in den Anwendungsbereich des §14 Abs.3 TMG:

Insoweit, als die Äußerungen wie dargestellt den Tatbestand der Kreditgefährdung nach § 187 Alt. 3 StGB erfüllen, verletzen sie das der Antragstellerin und deren Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, mithin absolut geschützte Rechte i.S.d. § 14 Abs. 3 TMG. Dass diese Rechtsgüter selbst nicht Schutzgüter des bereits das Vermögen als solches schützenden Tatbestands der Kreditgefährdung sind, ist unerheblich. Einen entsprechenden funktionalen Zusammenhang setzt § 14 Abs. 3 TMG nicht voraus.


Spannend sind die Ausführungen dazu, dass im Rahmen des in Rede stehenden Auskunftsanspruchs eine weitere Einschränkung nach Art der Straftat nicht mehr erfolgen soll:

Nicht erforderlich ist über die Verletzung der in § 1 Abs. 3 NetzDG in Bezug genommenen strafrechtlichen Tatbestände hinaus, dass eine besonders schwerwiegende Rechtsgutsverletzung vorläge, etwa die Grenze zur Hasskriminalität überschritten wäre. Schon die Beschränkung des Anwendungsbereichs von § 14 Abs. 3 TMG auf Fälle strafrechtlich relevanter Verletzungen absolut geschützter Rechte trägt dem gesetzgeberischen Anliegen einer Beschränkung auf schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzungen hinreichend Rechnung (vgl. BT-Drs. 18/13013, S. 23). (…)

Insoweit, als die Äußerungen wie dargestellt den Tatbestand der Kreditgefährdung nach § 187 Alt. 3 StGB erfüllen, verletzen sie das Unternehmenspersönlichkeitsrecht der Antragstellerin und deren Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, mithin absolut geschützte Rechte i.S.d. § 14 Abs. 3 TMG. Dass diese Rechtsgüter selbst nicht Schutzgüter des bereits das Vermögen als solches schützenden Tatbestands der Kreditgefährdung sind, ist unerheblich. Einen entsprechenden funktionalen Zusammenhang setzt § 14 Abs. 3 TMG nicht voraus.

Das Ergebnis ist ein zunehmend gefestigter Anspruch auf Auskunft in der OLG-Rechtsprechung, der noch vor 10 Jahren undenkbar war. Straftaten im Bereich der oder Kreditgefährdung genügen insoweit für die Auskunft. Wer im Internet Bewertungen verbreitet, muss inzwischen realistisch damit rechnen, letztlich durch eine solche Auskunft offen gelegt zu werden.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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