Wird eine Marke rechtserhaltend benutzt, wenn Sie in einer Opensource-Software verwendet wird? Diese spannende Frage hat das OLG Köln (6 U 18/16) entscheiden können.
Dazu auch bei uns: Markenrecht, Werbung und Opensource-Produkte
Rechtserhaltende Benutzung
Die rechtserhaltende Benutzung hat herausragende Bedeutung: Mit § 49 Abs. 1 MarkenG wird die Eintragung einer Marke auf Antrag gelöscht, wenn die Marke nach dem Tag der Eintragung innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren nicht gem. § 26 MarkenG benutzt worden ist. Eine rechterhaltende Benutzung im Sinne von § 26 MarkenG setzt dabei voraus, dass die Marke für die Waren und Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, im Inland ernsthaft benutzt worden ist. Dabei wirkt die Benutzung der für Waren eingetragenen Marke nur dann rechtserhaltend, wenn die Verwendung der Hauptfunktion der Marke entspricht, dem Verkehr die Ursprungsidentität der Ware zu garantieren, indem sie ihm ermöglicht diese Ware von Waren anderer Herkunft zu unterscheiden.
Die dabei geforderte „Ernsthaftigkeit“ der Benutzung dient der Abgrenzung gegenüber bloßen symbolischen Scheinhandlungen, welche die Herkunftsfunktion nicht erfüllen oder keine wirtschaftliche Relevanz haben. Denn es besteht ein allgemein anerkanntes Interesse daran, das Markenregister von lediglich formal existierenden Scheinrechten freizuhalten und damit den übrigen Marktteilnehmern die Möglichkeit zu belassen, die Marke ihrerseits wirtschaftlich zu verwerten – die Benutzung durch den Markeninhaber muss daher eine übliche und wirtschaftlich sinnvolle Verwendung von Marken darstellen. Eine symbolische Benutzung allein zum Zwecke der Wahrung der durch die Marke verliehenen Rechte reicht hingegen nicht aus. Und hier kommt nun die Streitfrage: Genügt dann der Einsatz in einer Opensource-Software?
Verwendung in Opensource-Software schadet nicht zwingend
Alleine aus dem Umstand, dass eine Opensource-Software unentgeltlich zur Verfügung gestellt wird, ergibt sich kein zwingender Angriffspunkt, wie das OLG unter Rückgriff auf die EUGH-Rechtsprechung hervorhebt:
Dass die Software als solche unentgeltlich bereitgestellt wird, führt für sich genommen noch nicht zur Verneinung der rechtserhaltenden Benutzung. Wie der EuGH in seiner „Verein Radetzky-Orden“- Entscheidung zu Art. 12 Abs. 1 der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21.12.1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken ausgeführt hat, kann eine Marke auch dann ernsthaft benutzt sein, wenn etwa ein karitativer Verein keine Gewinnerzielungsabsicht verfolgt, aber bestrebt ist, für seine Waren und Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen und anschließend zu sichern (vgl. EuGH, Urteil vom 9.12.2008, C-442/07, Celex-Nr. 62007CJ0442 – in juris). Zur Begründung hat der EuGH weiter ausgeführt, dass es außerdem entlohnte karitative Dienstleistungen gebe sowie diverse Arten ideeller Hilfsvereine, die ihre Leistungen vordergründig kostenlos erbringen, in Wahrheit aber durch Subventionen finanziert würden oder Entgelt unterschiedlicher Formen erhielten (…)
Daraus folgt, dass für eine rechtlich relevante Benutzung der Marke eine Gewinnerzielungsabsicht zwar nicht erforderlich ist, dass jedoch letztlich ein Bezug zur Gewinnung von Marktanteilen gegeben sein muss. In diesem Sinn wird die rechtserhaltende Benutzung auch vom BGH verstanden, nach dessen Rechtsprechung der Umstand, dass die mit der Marke gekennzeichnete Ware unentgeltlich abgegeben wird, der Annahme einer rechtlich relevanten Benutzung der Marke nur dann entgegenstehe, wenn die Abgabe keinen Bezug zu einer geschäftlichen Tätigkeit aufweise und sonach allenfalls „symbolischen“ Charakter hätte (vgl. BGH, Urteil vom 6.10.2005, I ZB 20/03, Rn. 25, „GALLUP“ – in juris).
Geschäftliche Tätigkeit muss vorhanden sein
Damit eine rechtserhaltende Benutzung vorliegt, muss aber zumindest eine irgendwie geschäftliche Tätigkeit existieren – etwa ein Support oder zumindest eine ernsthafte damit verbundene Werbung. Daran scheiterte es im vorliegenden Fall:
Vorliegend entfaltet der Beklagte neben der kostenlosen Zurverfügungstellung seiner Software keinerlei weitergehende geschäftliche Tätigkeit. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Beklagte ausgeführt, dass er bislang keinerlei Support-Leistungen oder sonstige entgeltliche Dienstleistungen im Zusammenhang mit der P-Software erbracht habe. Er habe zwar auch bereits eine Anfrage danach erhalten. Der Auftrag sei jedoch an der Höhe des Entgelts gescheitert. Es ist unstreitig, dass der Beklagte bislang Student ist und weder auf den beiden Download-Portalen noch auf der Internetseite P.org bzw. -.de entgeltliche Dienstleistungen in Bezug auf die Software beworben werden. Auch wenn das Angebot einer Open Source Software häufig mit entgeltlichen Supportleistungen verbunden ist oder sogar als eigentliches Geschäftsmodell darauf gerichtet sei und damit die Kennzeichnung mit einer Marke als rechterhaltende Benutzung angesehen werden mag, ist im vorliegenden Fall dem besonderen Umstand Rechnung zu tragen, dass der Beklagte bzw. die P GmbH seit 2010 die P-Software kostenfrei anbietet, ohne sonstige geschäftliche Tätigkeiten entfaltet zu haben. Einen Bezug zum geschäftlichen Verkehr kann der Senat danach gerade nicht feststellen.
Opensource-Lizenz als Problem für rechtserhaltende Benutzung
Ungemach droht auch von anderer Seite: Bei einer Open Source Software besteht, mit den üblichen Lizenzen, bekanntlich die Besonderheit, dass Nutzer die Software auch weiterentwickeln, abändern und an eigene Bedürfnisse anpassen – sowie die veränderte Version verbreiten – dürfen. Wenn dies geschieht, so das OLG, handelt es sich aber nicht mehr um die zuerst programmierte Software, sondern um eine Abwandlung davon. In dieser Weise verwendet, ist das verwendete Markenzeichen aber nicht mehr geeignet auf die Ursprungsidentität der Software hinzuweisen:
Es wird nach einigen Weiterentwicklungen und Änderungen unklar sein, welchen Ursprung die Software in ihrer veränderten Form, hat. Die Ursprungsidentität der Software kann gerade nicht mehr garantiert werden. Die Hauptfunktion der Marke würde nicht erfüllt
Hier wurde die GPLv3 eingesetzt und der Entwickler hatte entweder von einer Ergänzung nach Ziff. 7e GPLv3 keinen Gebrauch gemacht oder jedenfalls nicht vernünftig dazu im Prozess vorgetragen, das OLG moniert jedenfalls den ungenügenden und teils verspäteten Vortrag offen, macht aber eben deutlich, dass wenn man anderen damit erlaubt unter der eigenen Marke zu agieren, man in diesem Umfeld ein Risiko eingeht:
Der zitierte und ins Deutsche übersetzte Absatz der Lizenzbedingungen, der die Ansicht des Beklagten stützen soll, bezieht sich auf denjenigen, der eine Open Source Software weiterentwickelt oder abändert. Für Material, das man einem betroffenen Werk hinzufügt, kann man die Bedingungen der Lizenz um folgendes ergänzen: u.a. „das Zurückweisen der Einräumung von Rechten gemäß dem Markenrecht zur Benutzung gewisser Produktnamen, Produkt- oder Service-Marken.“ Der Beklagte ist allerdings der Ursprungsentwickler und nicht jemand, der einer Open Source Software etwas hinzufügt und es ist darüber hinaus nicht vorgetragen, dass er die Bedingungen der Lizenz entsprechend angepasst hätte.
Bislang war nichts zu den Einzelheiten der Lizenzbedingungen vorgetragen und vor allem nicht behauptet worden, dass es dem Beklagten freistehe, Anpassungen, Erweiterungen Dritter aufzunehmen oder abzulehnen. Bislang war davon auszugehen, dass die Software des Beklagten zum Download zur Verfügung gestellt wurde und zwar mit dem Quellcode, so dass alle, die sich die Software heruntergeladen hatten, diese entsprechend selbständig und unabhängig von einer Akzeptanz des Beklagten verändern und anpassen durften. Die Änderungen mussten zwar markiert werden, dass aber bei jeder veränderten Version andere Bezeichnungen zu wählen waren, war bislang nicht vorgetragen.
Interessanterweise hätte der Entwickler beide Probleme mit einem einzelnen Kniff wohl lösen können: Mit dem Verlangen einer Gebühr für die Verwendung des Markennamens bei Eigenentwicklungen wäre er bereits geschäftlich tätig gewesen, hätte einer Verwässerung der Marke vorgesorgt und damit vielleicht seine Marke gerettet.
Abschliessend nimmt das OLG Köln auf die Rechtsprechung des OLG Düsseldorf Bezug, wonach bei einer Opensource-Software weniger von einer markenmäßigen, als vielmehr einer rein titelmäßigen Verwendung ausgegangen werden dürfte: Es geht im Regelfall bei dem Open Source Programm nicht um die Unterscheidung der betrieblichen Herkunft, sondern um die Benennung des Werkes.
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