Im internationalen Vergleich hat sich Israel in den letzten Jahrzehnten als einer der führenden Akteure im digitalen Raum etabliert. Dabei prägen historische Sicherheitsdoktrinen, institutionelle Innovation und eine enge Verzahnung von Staat, Militär, Wirtschaft und Forschung Israels Fähigkeit, Bedrohungen im Cyberraum nicht nur abzuwehren, sondern selbst aktive Machtprojektion zu betreiben.
Cyberspionage als strategisches Werkzeug
Eine zentrale Säule israelischer Cybermacht ist die Informationsbeschaffung. Die wohl bekannteste Organisation in diesem Kontext ist Unit 8200, die größte Einheit innerhalb der israelischen Streitkräfte für SIGINT – also Signalaufklärung. Ihre Ursprünge reichen zurück in die Zeit vor der Staatsgründung; seither hat sie sich zu einer hochspezialisierten Struktur entwickelt, die oft mit der NSA verglichen wird. Unit 8200 gilt als Schlüsselakteur in der Sammlung von elektronischen Daten, Entschlüsselung fremder Kommunikationskanäle sowie der Entwicklung maßgeschneiderter Cyberwerkzeuge für offensive Operationen.
Bekannte Beispiele legen nahe, dass Israel bei der Entwicklung und dem Einsatz von Cyberwaffen eine Pionierrolle eingenommen hat. Die wohl bekannteste Operation ist Stuxnet – ein gemeinsam mit den USA entwickelter Computerwurm, der Irans Nuklearprogramm physisch sabotierte, indem Zentrifugen zerstört wurden. Ähnliche Aktivitäten werden auch im Zusammenhang mit Angriffen auf syrische Nuklearanlagen und iranische Häfen diskutiert.
Neben der militärischen Nutzung spielt Spionage im wirtschaftlichen Kontext eine wachsende Rolle. Israel selbst ist Ziel wie auch Quelle industrieller Cyberspionage. Angesichts seiner dichten Innovationslandschaft und des hohen Anteils an wissensbasierten Exporten ist die Industriespionage eine reale Bedrohung, die ebenso staatlich gefördert wie privat initiiert sein kann.
Ich beschäftige mich mit Blick auf meine Tätigkeit im Bereich Cybercrime & Cybersecurity aus eigenem Interesse auch mit den Themen Internationales Hacking, Cyberwar & Desinformation. Dazu lese ich seit Jahren mit viel Zeitaufwand frei verfügbare Forschungsarbeiten und Dossiers, etwa vom ETH Zürich, BfVS, BND & sonstigen Ministerien – aber auch von CIA, EU-Parlament & NATO. Auf keinen Fall bin ich ein Experte, die Beiträge speziell im Rahmen “Internationales Hacking” und “Cyberwar” hier auf der Webseite sind schlicht Ausfluss beschriebener Arbeitsweise.
Cyberkrieg: eine integrierte Kriegsdomäne
Die strategische Einbettung des Cyberraums als eigenständiges Operationsgebiet prägt Israels Militärdenken spätestens seit den 2000er Jahren. Die israelischen Streitkräfte betrachten digitale Operationen als Ergänzung zu klassischen Domänen wie Land, Luft und See. Nach außen ist Israels Doktrin auf Prävention, Abschreckung und operative Überlegenheit ausgerichtet. Nach innen zielt sie auf hohe Resilienz und sofortige Reaktionsfähigkeit bei Angriffen auf kritische Infrastrukturen ab.
Die enge Verschränkung von Cyberangriffen mit konventionellen Operationen ist wiederholt zu beobachten. Im Gaza-Konflikt etwa wurden während militärischer Aktionen massive DDoS- und Desinformationskampagnen registriert – teils gegen israelische, teils von israelischen Stellen gegen feindliche Netzwerke. Das Militär baut diese Fähigkeiten systematisch aus; mit der Etablierung eines eigenen Cyberkommandos ist der organisatorische Rahmen dafür geschaffen.
Cybersicherheit als nationale Ressource
Während der offensive Sektor gut dokumentiert ist, gilt Israels defensive Infrastruktur als ebenso ausgereift. Mit dem Israel National Cyber Directorate (INCD) existiert eine zentrale Behörde, die zivile, militärische und private Akteure koordiniert. Ziel ist der Schutz kritischer Infrastrukturen, die Abwehr komplexer Angriffe und die Förderung eines innovationsfreundlichen Klimas, das wiederum als nationaler Wirtschaftsmotor dient.
Die enge Zusammenarbeit von Regierung, Universitäten und Start-ups ist dabei charakteristisch. Forschungszentren an führenden Hochschulen, nationale Initiativen zur Talentförderung sowie internationale Partnerschaften bilden ein Netzwerk, das Sicherheitsbedürfnisse und wirtschaftliche Interessen verbindet. Israel sieht in der wirtschaftlichen Verwertung von Cyberkompetenz ein strategisches Mittel, um geopolitische Abhängigkeiten zu verringern und seine globale Position zu festigen.
Hackergruppen und der Graubereich
Die klare institutionelle Struktur Israels bedeutet nicht, dass alle Cyberaktivitäten ausschließlich staatlich gelenkt werden. Mehrfach wurden informelle Gruppen bekannt, die aus dem Umfeld ehemaliger Soldaten oder ziviler Sicherheitsexperten bestehen. Diese Akteure agieren oft an der Grenze zwischen staatlicher Beauftragung und eigenständigem Handeln. Berichte über die Beteiligung an gezielten Hacktivismus-Kampagnen gegen feindliche Staaten oder Organisationen zeigen, dass das israelische Cyberökosystem nicht nur durch formale Befehlsketten geprägt ist, sondern auch durch eine Kultur individueller Initiative und kollektiver Loyalität.
Staatliche Hacker im Überblick
Wir beschäftigen uns mit Cyberrisks – dazu gehört auch das Thema Cyberwar, wozu zahlreiche Informationen auf unserer Seite finden. Insbesondere bieten wir eine Artikelserie zum staatlichen Hacking: Zu den bedeutsamsten internationalen Akteuren gehören vor allem staatliche Akteure aus Russland, China und Iran. Diese Länder setzen verschiedene Taktiken ein, um ihre geopolitischen Interessen zu fördern und die Stabilität der europäischen Demokratien zu untergraben. Die Aktivitäten in diesem Bereich zumindest im Grundsatz zu verstehen ist eine wichtige Grundlage um Zugang zur Cyberspionage oder auch der Notwendigkeit von Cyber-Diplomatie zu erhalten!
Neben den im Folgenden benannten Hauptakteuren gibt es auch andere Länder und nichtstaatliche Akteure, die versuchen, Wahlen in Europa zu beeinflussen. Dazu gehören beispielsweise Gruppen, die im Auftrag von Regierungen oder aus eigenem Interesse handeln, um bestimmte politische Agenden voranzutreiben. Diese Akteure nutzen eine Vielzahl von Methoden, darunter Cyberangriffe, Desinformation, wirtschaftlichen Druck und diplomatische Manöver, um ihre Ziele zu erreichen. Die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten stehen vor der Herausforderung, diese Bedrohungen zu erkennen und abzuwehren, um die Integrität ihrer demokratischen Prozesse zu schützen. Losgelöst zu dieser Thematik gibt es inzwischen bei uns auch einen Beitrag zu den Cyberfähigkeiten Israels.
Russland
Russland ist bekannt für seine umfangreichen Desinformationskampagnen und Cyberangriffe, die darauf abzielen, das Vertrauen in demokratische Prozesse zu schwächen. Zu den bekanntesten Beispielen gehört die Beeinflussung der US-Wahlen 2016 sowie die Versuche, die Brexit-Abstimmung zu beeinflussen. Russische Akteure nutzen häufig Social-Media-Plattformen, um falsche Informationen zu verbreiten und gesellschaftliche Spaltungen zu vertiefen.
China
China setzt zunehmend auf Cyberangriffe und Desinformationskampagnen, um seinen Einfluss in Europa auszubauen. Chinesische Hackergruppen sind dafür bekannt, Wirtschaftsspionage zu betreiben und sensible Informationen zu stehlen, die dann genutzt werden können, um politische Entscheidungen zu beeinflussen. Zudem versucht China, durch die Verbreitung von pro-chinesischen Narrativen in den Medien die öffentliche Meinung in Europa zu manipulieren.
Iran
Iranische Akteure nutzen ebenfalls Desinformationskampagnen und Cyberangriffe, um ihre geopolitischen Ziele zu verfolgen. Diese Kampagnen zielen oft darauf ab, die Politik der USA und ihrer Verbündeten in Europa zu destabilisieren. Iranische Hackergruppen greifen dabei auf ähnliche Techniken zurück wie ihre russischen und chinesischen Gegenstücke.
Nordkorea
Nordkorea ist ein weiterer internationaler Akteur, der versucht, durch Cyberaktivitäten Einfluss auf Wahlen und politische Prozesse weltweit zu nehmen, einschließlich in Europa. Während Nordkorea im Vergleich zu Russland, China und Iran weniger im Fokus steht, gibt es dennoch bedeutende Aktivitäten, die von nordkoreanischen Akteuren ausgehen. Nordkorea nutzt auch Desinformation, um seine geopolitischen Ziele zu fördern und politische Unruhen zu schüren. Während es weniger dokumentierte Fälle von direkter Wahlbeeinflussung durch Nordkorea gibt, nutzt das Regime dennoch Cyberoperationen, um politischen Druck auszuüben und seine Interessen zu wahren, etwa durch Veröffentlichung von kompromittierenden Informationen über politische Kandidaten oder die Verbreitung von Propaganda.
Überblick
Israels Cybermacht ist das Ergebnis einer jahrzehntelangen Verbindung von sicherheitsorientiertem Staatsdenken, pragmatischer Technologiepolitik und einem offenen Innovationsumfeld. Cyberspionage, Cyberkrieg und Cybersicherheit bilden dabei keine isolierten Felder, sondern sind eng miteinander verwoben. Für Israel stellt der digitale Raum eine ebenso reale Front dar wie die physischen Grenzen des Landes – und ist gleichzeitig eine der lukrativsten Exportquellen. Dieses Modell gilt vielen Beobachtern als Vorbild dafür, wie kleine Staaten im digitalen Zeitalter ihre Verwundbarkeit in eine Quelle strategischer Stärke umwandeln können, ohne dabei auf konventionelle Sicherheitsprinzipien zu verzichten.
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