Herausforderungen der Cyberkriminalität 2025

Cyberkriminalität stellt eine der größten Herausforderungen der digitalen Welt dar. Sie kennt keine geografischen Grenzen, entwickelt sich in rasantem Tempo weiter und erfordert ständig neue Ansätze zur Bekämpfung. In dem aktuell erschienenen Bericht „Common Challenges in Cybercrime – 2024 Review by Eurojust and Europol“ bietet einen umfassenden Überblick über die aktuellen Hürden, mit denen Strafverfolgungsbehörden in der EU konfrontiert sind, und diskutiert neue gesetzgeberische Maßnahmen, die Abhilfe schaffen sollen.

Eurojust und Europol arbeiten seit Jahren eng zusammen, um Cyberkriminalität effektiv zu bekämpfen. Der Bericht hebt sowohl bewährte Praktiken als auch bestehende Schwachstellen hervor und gibt einen strategischen Ausblick auf die Zukunft der Cyberkriminalitätsbekämpfung in Europa. Dabei geht es nicht nur um technische und organisatorische Aspekte, sondern auch um rechtliche Hürden, die die internationale Zusammenarbeit erschweren.

Die wesentlichen Herausforderungen der Cyberkriminalität

Der Bericht identifiziert sechs zentrale Herausforderungen, die Strafverfolgungsbehörden bei der Aufklärung und Bekämpfung von Cyberkriminalität bewältigen müssen:

1. Datenvolumen: Die Informationsflut bewältigen

Moderne Ermittlungen generieren enorme Datenmengen, die analysiert, strukturiert und gespeichert werden müssen. Dies stellt viele Behörden vor technische und finanzielle Probleme. Besonders die Vielfalt der Datenquellen und die mangelnde Standardisierung erschweren eine effiziente Auswertung. Ohne leistungsfähige Analysetools und entsprechende Schulungen für Ermittler bleibt das Potenzial vieler Datenquellen ungenutzt.

2. Datenverlust: Fehlende Zugriffsmöglichkeiten

Ein weiteres Problem ist der Verlust von Daten durch gesetzliche Beschränkungen oder das bewusste Löschen von Spuren durch Kriminelle. Die Abschaffung der in der EU hat dazu geführt, dass Ermittler oft nicht auf historische Kommunikationsdaten zugreifen können. So entstehen Beweisverluste, die die Strafverfolgung erheblich erschweren.

3. Zugang zu Daten: Verschlüsselung und Anonymisierung

Die zunehmende Nutzung von Ende-zu-Ende-Verschlüsselung und anonymisierenden Diensten wie VPNs oder dem Tor-Netzwerk erschwert es Ermittlern, die Herkunft krimineller Handlungen nachzuvollziehen. Der Bericht diskutiert die Notwendigkeit, rechtliche und technische Möglichkeiten zu schaffen, um den Zugriff auf relevante Daten zu verbessern, ohne die digitale Privatsphäre zu gefährden.

4. Internationale Zusammenarbeit: Rechtliche und operative Hürden

Da Cyberkriminelle in der Regel grenzüberschreitend agieren, ist internationale Zusammenarbeit unabdingbar. Doch länderspezifische Gesetze und langwierige Verfahren, wie das klassische Rechtshilfeverfahren (MLA), verzögern Ermittlungen oft erheblich. Der Bericht diskutiert die Vorteile neuer rechtlicher Instrumente wie das EU--Paket, das die Zusammenarbeit zwischen EU-Mitgliedstaaten vereinfachen soll.

5. Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft

Da viele Daten und potenzielle Beweise in den Händen privater Unternehmen liegen, sind Kooperationen zwischen öffentlichen und privaten Akteuren essenziell. Der Bericht weist jedoch darauf hin, dass Datenschutzvorschriften und wirtschaftliche Interessen der Unternehmen oft eine effektive Zusammenarbeit erschweren. Hier werden neue rechtliche Rahmenbedingungen und Best-Practice-Modelle für öffentlich-private Partnerschaften diskutiert.

6. Neue Technologien als Herausforderung und Chance

Kriminelle nutzen zunehmend neue Technologien wie Kryptowährungen, KI-basierte Betrugsmaschen und dezentrale Netzwerke, um Ermittlungen zu umgehen. Gleichzeitig können diese Technologien aber auch zur Strafverfolgung genutzt werden. Der Bericht hebt hervor, dass eine kontinuierliche technologische Weiterentwicklung der Ermittlungsbehörden unerlässlich ist.


Cyberkriminalität im Wandel

Der Bericht betont mehrfach, dass sich die Cyberkriminalität stetig verändert und weiterentwickelt. Besonders hervorgehoben werden folgende Aspekte des Wandels:

  1. Zunehmende Komplexität und Professionalisierung
    • Cyberkriminelle nutzen immer raffiniertere Methoden, darunter KI-gestützte Angriffe, dezentrale Finanztechnologien (DeFi) und neue Verschlüsselungstechniken, um Ermittlungen zu umgehen.
    • Es gibt eine klare Tendenz zur Organisierten Cyberkriminalität, bei der sich Kriminelle in spezialisierten Netzwerken zusammenschließen.
  2. Technologischer Fortschritt verändert sowohl Kriminalität als auch Ermittlungen
    • Während Kriminelle zunehmend auf Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, Anonymisierungsdienste und kryptowährungsbasierte Geldwäsche setzen, entwickeln Strafverfolgungsbehörden neue Werkzeuge, um diese Herausforderungen zu bewältigen.
    • Die Nutzung von KI in der Kriminalitätsbekämpfung ist ein zentrales Thema.
  3. Neue Bedrohungen und Angriffsmethoden
    • bleibt eine der größten Bedrohungen, aber sie entwickelt sich weiter: Angreifer kombinieren Verschlüsselung von Daten mit durch gestohlene Informationen („Double Extortion“).
    • Cybercrime-as-a-Service wächst: Kriminelle bieten fertige Angriffswerkzeuge an, sodass selbst technisch wenig versierte Täter hochentwickelte Angriffe ausführen können.
    • Gezielte Angriffe auf kritische Infrastrukturen nehmen zu, insbesondere durch staatlich unterstützte Hackergruppen.
  4. Herausforderungen durch internationale Dimension der Kriminalität
    • Cyberkriminalität kennt keine Grenzen. Ermittlungen sind durch uneinheitliche internationale Gesetzgebung erschwert, und Kriminelle operieren oft aus Ländern, die nicht kooperieren.
    • Neue rechtliche Rahmenbedingungen wie das EU-e-Evidence-Paket und der AI Act sollen helfen, den grenzüberschreitenden Datenaustausch zu verbessern.
  5. Steigende Relevanz der Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft
    • Viele relevante Daten liegen bei privaten Unternehmen, doch Datenschutzbestimmungen und wirtschaftliche Interessen erschweren oft die Zusammenarbeit mit Ermittlungsbehörden.
    • Public-Private-Partnerships werden als Lösung hervorgehoben, um Cyberkriminalität effektiver zu bekämpfen.

Der Ausblick: Was erwartet uns in der Zukunft?

Der Bericht zeigt, dass die Bekämpfung von Cyberkriminalität nicht allein durch polizeiliche Maßnahmen gelingen kann. Es braucht ein Zusammenspiel aus:

  • Neuen rechtlichen Rahmenbedingungen (z. B. e-Evidence-Paket, Digital Services Act, AI Act)
  • Technischer Innovation (bessere Analysetools, KI-basierte Ermittlungsmethoden)
  • Internationaler Zusammenarbeit (verstärkter Datenaustausch, schnellere Verfahren)
  • Sensibilisierung und Schulung (Ermittlungskompetenzen stärken, technisches Know-how ausbauen)

Eurojust und Europol setzen sich dafür ein, dass Cyberkriminalität nicht nur national, sondern auf europäischer Ebene effektiver bekämpft wird. Die Entwicklung neuer Instrumente wie JUDEX (eine digitale Plattform für den sicheren Austausch elektronischer Beweismittel) oder die Verbesserung des Budapest-Übereinkommens zur internationalen Zusammenarbeit sind vielversprechende Schritte.

Herausforderungen der Cyberkriminalität 2025 - Rechtsanwalt Ferner

Der Bericht macht deutlich, dass Cyberkriminalität nicht statisch ist, sondern sich mit technologischen Entwicklungen, neuen Geschäftsmodellen und gesellschaftlichen Veränderungen stetig weiterentwickelt. Strafverfolgung muss sich daher kontinuierlich anpassen, um mit dieser Entwicklung Schritt zu halten. Eurojust und Europol fordern daher mehr internationale Kooperation, neue gesetzgeberische Maßnahmen und verstärkten Einsatz innovativer Technologien, um den Wandel effektiv zu adressieren.

Fazit: Fortschritte, aber kein Grund zur Entwarnung

Die Cyberkriminalität entwickelt sich stetig weiter und stellt Ermittlungsbehörden vor immer neue Herausforderungen. Der Bericht von Eurojust und Europol zeigt jedoch, dass erhebliche Fortschritte gemacht wurden, sowohl in technischer als auch in rechtlicher Hinsicht. Dennoch bleibt der Handlungsbedarf groß: , Bürgerrechte und effektive Strafverfolgung müssen in Einklang gebracht werden, um einen nachhaltigen Schutz gegen Cyberkriminalität zu gewährleisten.

Die zentrale Erkenntnis: Ohne eine enge Zusammenarbeit zwischen Staaten, Institutionen und der Privatwirtschaft wird es kaum gelingen, die digitalen Kriminellen wirksam in die Schranken zu weisen. Nur durch den konsequenten Ausbau internationaler Kooperationen, den Einsatz moderner Technologien und die kontinuierliche Anpassung des rechtlichen Rahmens kann Europa der Cyberkriminalität langfristig etwas entgegensetzen.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Ich bin zertifizierter Experte für Krisenkommunikation & Cybersecurity; zudem Autor sowohl in Fachzeitschriften als auch in einem renommierten StPO-Kommentar zum IT-Strafprozessrecht und zur EU-Staatsanwaltschaft. Ich bin Softwareentwickler, in Python zertifiziert und habe IT-Handbücher geschrieben.

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