Ermittlungsverfahren: DNA-Spur am Tatort

Es ist gerade heute nichts Ungewöhnliches, dass an einem Tatort DNA-Spuren gefunden werden, die einem Tatverdächtigen zugeordnet werden. Hintergrund ist, dass zunehmend inflationär DNA-Proben genommen werden. Mitschuld tragen auch die Gerichte, die u.a. den §81g über Gebühr anwenden, der laut Gesetzestext nur bei schwersten Taten Anwendung finden sollte, tatsächlich aber bereits bei Körperverletzungsdelikten ab gefährlicher mitunter vorkommt (die beim Treten mit einem beschuhten Fuss schon vorliegen kann). Wie obskur es inzwischen zugeht, verdeutlicht das BVerfG (2 BvR 2392/12, hier zu finden), dass einen Anordnungsbeschluss aussetzen musste, bei dem von einem 14jährigen wegen sexuellen Missbrauchs einer 13jährigen eine DNA-Probe genommen werden sollte – Vorwurf: Er hatte ihr einen „Knutschfleck“ am Hals verpasst und sie (während sie angezogen war) am Geschlechtsteil berührt.

Das Ergebnis ist eine DNA-DAtenbank, die inzwischen über 1 Million Datensätze enthält (782.554 Personendatensätze und 226.916 Spurendatensätze im 1. Quartal 2013). Der erheblich überwiegende Teil erfasste Straftaten sind dabei Diebstahlsdelikte, daneben gibt es aber auch Beleidigungen, Betrügereien und Sachbeschädigung. Die schwersten Straftaten und Sexualdelikte machen einen sehr geringen Anteil aus (dazu die umfassende Statistik des BKA).

Was das bedeutet, erfuhr mein Mandant hautnah – bei einem Einbruch in ein Geschäftsgebäude fand man auf dem Boden eine Zigerattenkippe mit DNA-Material von ihm. Flugs war das eingeleitet, die Putzkräfte erinnerten sich natürlich ganz genau, dass am Abend vor dem Einbruch alles sauber geputzt war. Insbesondere eine Zigarettenkippe habe eindeutig nicht im Geschäftsraum gelegen. Bei so viel genauer Erinnerung, zumal von so wenig eigenen Interessen getragen (welche Putzkraft würde einräumen, nicht ordentlich zu putzen) wird man stutzig – gleichwohl lief das Ermittlungsverfahren. Dabei gab es insbesondere bei einem zahlreich frequentierten Geschäft unfassbar viele Möglichkeiten, wie fremdes DNA-Material dort hinein gelangen konnte. Ganz zu schweigen davon, dass kluge Täter heute bei einem Einbruch vielleicht sogar gezielt Kippen aus der Umgebung aufsammeln und am Tatort verstreuen.
Letztendlich konnte recht problemlos erreicht werden, dass es am Ende nach §170 II StPO eingestellt wurde, also weil sich kein Verdachtsmoment erhärten liess. Es zeigt sich aber, wie Risikoreich die Thematik sein kann. Gerade vor Gericht muss man vorsichtig sein, wo Richter auch mal damit locken, dass die freiwillige Einwilligung in eine DNA-Probe strafmildernd angerechnet wird.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften. Dabei bin ich fortgebildet in Krisenkommunikation und Compliance.

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