Anforderungen an DNA-Gutachten im Urteil

Welche Anforderungen sind an ein molekulargenetisches Vergleichsgutachten („DNA-Gutachten“) zu stellen? Es ist zu bedenken, dass der Fund von DNA an einem Tatort immer nur ein Indiz darstellen kann um dann in die Gesamtwürdigung einzufliessen; zudem muss bei der Zuordnung von DNA zu einer Person ein Gutachten eingeholt werden, an das konkrete Anforderungen zu stellen sind.

Dazu auch: Notwendige Feststellungen im Urteil

Allgemeine Anforderungen an die Darstellung bei einem DNA-Gutachten

Wenn das Gericht auf ein Gutachten Bezug nimmt gilt der Grundsatz, dass dessen wesentliche Anknüpfungstatsachen und Ausführungen so darzulegen sind, dass das Rechtsmittelgericht prüfen kann, ob die Beweiswürdigung auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht und die Schlussfolgerungen nach den Gesetzen der Logik, den Erfahrungssätzen des täglichen und den Erkenntnissen der Wissenschaft möglich sind (BGH, 1 StR 79/19, 1 StR 564/18, 4 StR 410/18).

Das bedeutet, mit dem BGH ist die Darstellung der Ergebnisse einer auf einer molekulargenetischen Vergleichsuntersuchung beruhenden Wahrscheinlichkeitsberechnung so auszugestalten, dass die Wahrscheinlichkeitsberechnung für das Revisionsgericht
nachvollziehbar ist. Hiernach muss in jedem Fall wenigstens die Spurenart (Einzel- oder Mischspur) und das Gutachtenergebnis in Form einer numerischen biostatistischen Wahrscheinlichkeitsaussage mitgeteilt werden (BGH, 5 StR 529/20). Eine Mitteilung des erzielten Ergebnisses in verbalisierter Form genügt jedoch nicht (BGH, 4 StR 262/21).

Deshalb muss das Tatgericht in den Urteilsgründen mitteilen,
wie viele Systeme untersucht wurden, ob und inwieweit sich Übereinstimmungen in den untersuchten Systemen ergaben, mit welcher „Wahrscheinlichkeit“ die festgestellte Merkmalskombination bei einer weiteren Person zu erwarten ist und, sofern der Angeklagte einer fremden Ethnie angehört, inwieweit dieser Umstand bei der Auswahl der Vergleichspopulation von Bedeutung war (zu alledem BGH, 4 StR 439/13, 5 StR 50/17, 2 StR 572/16, 4 StR 46/21 und 4 StR 555/14).

Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt nach neuer Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofs nur bei DNA-Vergleichsuntersuchungen, die sich auf eindeutige Einzelspuren beziehen und keine Besonderheiten in der forensischen Fragestellung aufweisen. Liegt dem Gutachten ein solch allgemein anerkanntes und weithin standardisiertes Verfahren zugrunde, wie dies etwa bei daktyloskopischen Gutachten, der Blutalkoholanalyse oder der Bestimmung von Blutgruppen der Fall ist, so genügt die bloße Mitteilung des erzielten Ergebnisses (BGH, 4 StR 410/18, 5 StR 345/10, 5 StR 50/17). Für DNA-Treffer genügt insoweit die Mitteilung, mit welcher
Wahrscheinlichkeit die festgestellte Merkmalskombination bei einer weiteren Person zu erwarten ist (BGH, 4 StR 46/21).

Molekulargenetische Vergleichsgutachten

Einzelspuren

Bei Einzelspuren muss mit dem in den in der forensischen Praxis gebräuchlichen Verfahren lediglich das Gutachtenergebnis in Form der biostatistischen Wahrscheinlichkeitsaussage in numerischer Form mitgeteilt werden – wenn sich keine Besonderheiten in der forensischen Fragestellung stellen (BGH, 5 StR 50/17 und 5 StR 217/21).

Mischspur

Anders bei Mischspuren, das sind jene Spuren, die mehr als zwei Allele in einem DNA-System aufweisen und demnach von mehr als einer einzelnen Person stammen (siehe hierzu auch BGH, 6 StR 60/21). Hier ist in den Urteilsgründen mitzuteilen, wie viele Systeme untersucht wurden, ob und inwieweit sich Übereinstimmungen in den untersuchten Systemen ergeben, mit welcher Wahrscheinlichkeit die festgestellte Merkmalskombination bei einer anderen Person zu erwarten ist und, sofern der Angeklagte einer fremden Ethnie angehört, ob dieser Umstand bei der Auswahl der Vergleichspopulation von Bedeutung war (BGH, 1 StR 79/19, 1 StR 564/18, 1 StR 499/18 und 5 StR 109/20).

Je nach den Umständen des konkreten Einzelfalls können strengere Anforderungen gelten. Dabei wird sich regelmäßig die Angabe empfehlen, wie viele Spurenverursacher in Betracht kommen und um welchen Typ von Mischspur es sich handelt (BGH, 1 StR 79/19, 2 StR 572/16, 4 StR 318/19). Aber: In Fällen, in denen Mischspuren eine eindeutige Hauptkomponente aufweisen, können für die Darstellung der DNA-Vergleichsuntersuchung
die für die Einzelspur entwickelten Grundsätze gelten (siehe nur BGH, BGH, 4 StR 46/21 und – 6 StR 183/20).

Im Übrigen ist daran zu erinnern, dass im Urteil die DNA-Analyse der Hauptkomponente einer Mischspur nach den für die Einzelspur entwickelten Grundsätzen dargestellt werden kann, wenn die Peakhöhen von Hauptkomponente zu Nebenkomponente durchgängig bei allen heterozygoten DNA-Systemen im Verhältnis 4 : 1 stehen (BGH, 6 StR 183/20)

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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