Relay Attack: Digitaler Einbruch in PKW ist kein Aufbrechen

Versicherungsschutz bei Relay Attack: Das LG München I (23 S 4598/20) hat die vorherige Entscheidung des AG München dahin gehend bestätigt, dass der Einsatz einer „Relay Attack“ weder das Eindringen mittels eines falschen Schlüssels noch eines anderen, nicht zum ordnungsgemäßen Öffnen bestimmten Werkzeugs im Sinne eines Einbruchsdiebstahls darstellt:

Ob eine „Relay Attack“ nach ihrer Funktionsweise überhaupt ein falscher Schlüssel oder ein nicht zum Öffnen bestimmtes Werkzeug im Sinne der Versicherungsbedingungen sein kann, kann jedoch offen bleiben. Denn durch das sogenannte „Jamming“ wird die Fahrzeugtür nicht geöffnet, sondern die Funkfernbedienung des Schlüssels dergestalt blockiert, dass die Fahrzeugtüren schon gar nicht abgeschlossen werden können.

Auch bei Einsatz einer sogenannten „Relay Attack“ wäre das Fahrzeug somit nicht „verschlossen“ im Sinne der Versicherungsbedingungen gewesen (Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 05. April 2016, Az. 9 U 10/16, Rn. 1-6, juris).

LG München I, 23 S 4598/20

Hinzu kommt das übliche Problem bei einer Relay Attack, den Nachweis dafür zu erbringen, dass es tatsächlich zu einer gezielten Störung der Funkübertragung durch „Jamming“ in dem Moment gekommen ist, wenn die Funkfernbedienung betätigt wird.

Die Rechtsprechung stellt – der heutigen Zeit unangemessen – weiterhin darauf ab, dass Einbruchspuren fehlen bei einem digitalen Angriff auf den öffnungsmechanismus des Autos. Damit kann, so die richterliche Logik, die Möglichkeit, dass das Fahrzeug nicht ordnungsgemäß abgeschlossen wurde, am Ende nie ausgeschlossen werden:

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 20.12.2006, Az. IV ZR 233/05, VersR 2007, 241 f.; Urteil vom 18.10.2006, Az. IV ZR 130/05, VersR 2007, 102 f.; Urteil vom 17.05.1995, Az. IV ZR 279/94, VersR 1995, 909) genügt der Versicherungsnehmer bei einem behaupteten seiner , wenn er das äußere Bild einer bedingungsgemäßen Entwendung beweist, also ein Mindestmaß an Tatsachen, die nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf eine versicherte Entwendung zulassen.

Zu dem Minimum an Tatsachen gehört, dass die als gestohlen gemeldeten Sachen vor dem behaupteten Diebstahl am angegebenen Ort vorhanden und danach nicht mehr aufzufinden waren und dass Einbruchspuren vorhanden sind, wenn nicht ein Nachschlüsseldiebstahl in Betracht kommt (Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 05. April 2016, Az. 9 U 10/16, Rn. 1-6, juris).

LG München I, 23 S 4598/20
Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften. Dabei bin ich fortgebildet in Krisenkommunikation und Compliance.

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