Vor dem Amtsgericht Aachen (Schöffengericht) ging es um einen scheinbar klaren Fall: Der angeklagte Mandant war vom Zoll in der Nähe der niederländischen Grenze aufgegriffen worden, „von der niederländischen Grenze kommend“ mit 30 Gramm Heroin und 10 Gramm Kokain in der Tasche. Angeklagte war die unerlaubte Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, was nach §30 IV Nr.4 BtMG immerhin mit einer Mindestfreiheitsstrafe von 2 Jahren versehen ist. Gleichwohl änderte sich dann einiges im Laufe der Hauptverhandlung.
Einfuhr oder Besitz
Die Zeugenvernehmung der Polizeibeamten machte schnell klar: Nur einer hatte den Mandanten „von der Grenze kommend“ gesehen. Dabei wurde er beim Grenzübertritt nicht beobachtet, nur wie er aus Richtung der Grenze kam. Das reichte nicht mehr für eine Einfuhr, es blieb nur noch Raum für Handeltreiben und Besitz.
Handel oder reiner Besitz
Es ist leider nichts ungewöhnliches: Je mehr jemand dabei hat, umso eher ist das Handeltreiben in der Diskussion. Dass Abhängige dabei regelmäßig auf Vorrat kaufen wird mitunter ignoriert. Oder man macht den Fehler und räumt ein, dass man sein gesamtes Geld für die Drogen ausgegeben hat – dann wird im Umkehrschluss vorgehalten, dass man ja schon zwingend verkaufen muss, um wieder Geld zum Essen zu haben. Vorliegend konnte aber Konsens erzielt werden, dass weder die 30 Gramm Heroin noch die 10 Gramm Kokain eine Menge darstellen, bei der zwingend von einem Handel auszugehen ist. Vielmehr stellte es sich so dar, dass hier rein für den eigenen Bedarf ein Vorrat gehalten wurde. Damit stand „nur“ noch eine Mindeststrafe von einem Jahr wegen des Besitzes einer nicht geringen Menge von Betäubungsmitteln im Raum (§29a I Nr.2 BtMG).
Minder schwerer Fall
Auch dieses eine Jahr Mindeststrafe ist aber nicht in Stein gemeisselt – nach §29a II BtMG kann sie sich in einem minder schweren Fall nämlich auf 3 Monate Mindeststrafe reduzieren. Hier gilt es dann zielgerichtet zu argumentieren, wenn etwa zwar eine nicht geringe Menge vorliegt, diese aber nur in kleinen Teilen über dem Grenzwert liegt. Oder wenn der Betroffene zwar einschlägig vorbelastet ist, aus diesen Vorbelastungen aber auch eine klare Suchterkrankung spricht, die im Gesamtbild zu berücksichtigen ist.
Hinzu kam, dass der hier vertretene Mandant aus Bayern kam, wo man auf Substitution gerne mal verzichtet und stattdessen in der JVA direkt den „kalten Entzug“ exerziert. Das brachte im Strafmaß nochmals etwas Luft nach unten. Im Ergebnis blieben von anfänglich drohenden 2 Jahren Mindeststrafe 9 Monate übrig. Diese 9 Monate wiederum waren allerdings auch Ausdruck zahlreicher einschlägiger Vorstrafen, so dass sie nicht zu verallgemeinern sind. Es bleibt dabei: Strafzumessung bei BTM-Verfahren ist eine Frage des Einzelfalls.