Einziehung von Tatwerkzeug

von Tatwerkzeug: Das Strafgesetzbuch sieht im §74 StGB die so genannte „Einziehung“ vor

Ist eine vorsätzliche Straftat begangen worden, so können Gegenstände, die durch sie hervorgebracht oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind, eingezogen werden.

Es besteht damit die grundsätzliche Möglichkeit, Tatwerkzeuge seitens des Gerichts einzuziehen. Dies natürlich nicht unbegrenzt, sondern es gibt Rahmenbedingungen. So ist eine nachvollziehbare Möglichkeit der Einziehung, wenn der betroffene Gegenstand der Begehung weiterer Taten dienen würde (§74 Abs.2 Nr.2). Andererseits soll die Einziehung ausgeschlossen sein, „wenn sie zur Bedeutung der begangenen Tat und zum Vorwurf […] außer Verhältnis steht.“ (§74b StGB). Gerade letzteres, den gesetzlich ausdrücklich normierten Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, muss der BGH in letzter Zeit zunehmend stärken.

Dazu bei uns: Einziehung im Strafverfahren

Grundsätzliches zur Einziehung

Regelmäßig spielt die Einziehung bei BTM-Verfahren eine Rolle – wenn der Angeklagte sich etwa aus den Niederlanden Gras mitgebracht hat, ist zu entscheiden was damit geschieht. Hier wäre die Einziehung durch das Gericht vorprogrammiert, insoweit ist es üblich, dass Angeklagte von sich aus der Einziehung zustimmen, was strafmildernd zu berücksichtigen ist. Schwieriger wird es aber bei anderen Delikten, wenn einerseits die Möglichkeit der Einziehung im Raum steht, andererseits der Angeklagte gerade nicht „einfach so“ zustimmen möchte. Nachvollziehbar ist diese Zurückhaltung etwa im IT-Strafrecht.

Einziehung im IT-Strafrecht

Nicht fiktives Beispiel: Jemand betreibt eine -Webseite, nach der wird sämtliche Hardware beschlagnahmt, darunter mehrere Notebooks und Smartphones. Angedacht wird später durch das Gericht, „zumindest die Rechner“ einzuziehen. Bei einer durchaus beachtlichen Menge von qualitativer Hardware kann am Ende der Verlust der Rechner (materiell) treffender sein, als die überhaupt im Raum stehende Strafe. Der Ausblick auf eine (geringe) Strafmilderung tröstet da dann Angeklagte auch nicht mehr wirklich. Oder das beispielhafte Szenario, dass der BGH in letzter Zeit gleich mehrmals beurteilen musste: Jemand „tauscht“ kinderpornographische Schriften. Im Verfahren wird dann gleich der ganze Rechner (oder die ganze Festplatte) eingezogen.

Hinweis: Beachten Sie zur Einziehung von Hardware unseren weiteren speziellen Artikel!

An dieser Stelle kommt die Verhältnismäßigkeit zum Tragen. So ist das Gericht frei, nach eigenem Ermessen zu prüfen, ob weniger einschneidende Maßnahmen zur Verfügung stehen wenn hierdurch der Zweck der Einziehung gewahrt bleibt. Insbesondere kann die Einziehung erst einmal vorbehalten bleiben und etwa eine Unbrauchbarmachung (§74b Abs.2 Nr.1 StGB) oder Untersagung besonderer Nutzungen (§74b Abs.2 Nr.3 StGB) vorgesehen werden. Dabei kann bereits eine ungeschickte Formulierung die gesamte Einziehung in Frage stellen:

Die vom Landgericht gewählte Formulierung („ist einzuziehen“) lässt besorgen, dass es sich nicht bewusst war, dass es sich bei der Einziehung um eine Ermessensentscheidung handelt, oder dass es von dem ihm eingeräumten Ermessen keinen Gebrauch gemacht hat (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Februar 2020 – 4 StR 672/19; Be- schluss vom 4. Januar 1994 ‒ 4 StR 718/93).

BGH, 4 StR 144/20

Wenn es um kinderpornographische Schriften geht, stellt der BGH (4 StR 612/11, 4 StR 370/13) fest, dass hier insbesondere zu prüfen ist, ob es nicht ausreicht, wenn dauerhaft und unwiderbringlich die entsprechenden (Bild-)Dateien gelöscht werden. Hardware im Übrigen, also Notebooks bzw. die betroffenen Festplatten, sind dann zurück zu geben.

Einziehung bei weiteren Delikten

Während es im IT-Strafrecht um spürbare materielle Interesse geht, können daneben auch durchaus ideelle Interesse nachvollziehbar betroffen sein. Etwa wenn einem Waffenliebhaber die Einziehung eines besonders geliebten Stückes droht. Oder wenn das geliebte Haustier auf dem Spiel steht.

Letzteres hatte ich vor einiger Zeit, es ging um einen offiziell in den Niederlanden gemeldeten „Kampfhund“. Bei einer Polizeikontrolle eskalierte die Situation, die Polizisten fühlten sich durch den Hund bedroht und er wurde in einem Tierheim untergebracht. Dabei war der Vorwurf, dass das Tier tatsächlich in NRW bei jemandem leben würde, der die gesetzlichen Voraussetzungen zum Halten des Hundes (§4 Hundegesetz NRW) nicht erfüllt. Auch hier hatte das Gericht zu Beginn die Einziehung des Hundes bereits in Aussicht gestellt. Nach Darlegung der einschlägigen BGH-Rechtsprechung wurde das Thema dann mit der Auflage gelöst, dass der offiziell in den Niederlanden lebende Hund nicht mehr ohne den Halter nach Deutschland verbracht werden darf.

Im Fazit ist die Einziehung als brenzliges Thema einzustufen: Es mag Bereiche geben, in denen problemlos einer Einziehung zugestimmt werden kann und auch sollte. Gleichwohl muss gesehen werden, dass der BGH den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sehr hoch hält. Es kann daher durchaus nicht nur diskutiert werden, sondern erfolgreich Gegenwehr gegen unverhältnismäßige Einziehungen betrieben werden. Wann eine Einziehung unverhältnismäßig ist, orientiert sich dabei an keiner starren Formel, insbesondere wird man nicht pauschal sagen können, dass alleine ein starkes Auseinanderdriften der (finanziellen) Wirkungen der Einziehung sowie der Strafe ausschlaggebend sind.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften. Dabei bin ich fortgebildet in Krisenkommunikation und Compliance.

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