Am 12. Dezember 2024 entschied der Bundesgerichtshof (BGH) im Verfahren 1 StR 112/24 über die Revision eines Angeklagten, der wegen Steuerhinterziehung in mehreren Fällen verurteilt worden war. Der Fall dreht sich um die komplexen juristischen Fragestellungen der Steuerhinterziehung, der Verfahrenseinstellung sowie der Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs. Ziel dieses Beitrags ist es, die Entscheidung des BGH detailliert zu analysieren und die rechtlichen Probleme präzise darzustellen.
Sachverhalt
Der Angeklagte betrieb ab März 2014 ein chinesisches Buffetrestaurant und wurde vom Landgericht Kiel wegen Steuerhinterziehung in 18 Fällen, davon in zwei Fällen im Versuch, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Zudem ordnete das Landgericht die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 901.897,25 Euro an, davon gesamtschuldnerisch mit der Mitangeklagten Z. in Höhe von 714.736,29 Euro.
Die Revision des Angeklagten richtete sich gegen die Verletzung materiellen Rechts. Der BGH entschied, das Verfahren in einem Fall einzustellen und den Schuldspruch teilweise zu ändern. Der Angeklagte wurde letztlich wegen Steuerhinterziehung in 17 Fällen, davon in zwei Fällen im Versuch, schuldig gesprochen. Darüber hinaus hob der BGH den Rechtsfolgenausspruch des Urteils auf und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurück.
Rechtliche Würdigung
1. Steuerhinterziehung und Versuch gemäß § 370 AO
Die Steuerhinterziehung stellt einen Verstoß gegen § 370 der Abgabenordnung (AO) dar, der sowohl die vollendete Tat als auch den Versuch unter Strafe stellt. Im vorliegenden Fall wurde die Steuerhinterziehung durch manipulierte Kassensysteme und die bewusste Unterschlagung von Einnahmen begangen. Die Einziehung des Tatertrages erfolgte auf Grundlage der §§ 73, 73c StGB.
Die teilweise Verfahrenseinstellung durch den BGH basiert auf § 206a Abs. 1 StPO, der die Einstellung des Verfahrens vorsieht, wenn ein Verfahrenshindernis vorliegt. In diesem Fall wurde ein Tatkomplex aufgrund eines Verfahrenshindernisses eingestellt, ohne dass dies die übrigen Schuldsprüche beeinträchtigte.
2. Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs
Die Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs durch den BGH ist besonders interessant. Sie erfolgte, weil das Landgericht die Zumessung der Strafe und die Anordnung der Einziehung nicht hinreichend begründet hatte. Die Verweisung an eine andere Kammer dient der objektiven Neubewertung der Strafe. Insbesondere die gesamtschuldnerische Haftung für die Einziehung des Tatertrages mit der Mitangeklagten Z. wirft Fragen zur konkreten Zurechnung und zu den Bemessungskriterien für die Höhe der Einziehung auf.
3. Die Rolle der Revision
Die Revision des Angeklagten hatte teilweise Erfolg. Während die Sachrüge zur Einstellung eines Teils des Verfahrens führte, wurde die weitergehende Revision als unbegründet verworfen. Dies zeigt, dass der BGH die materiellen Rechtsfragen differenziert geprüft hat und nur dort eingriff, wo erhebliche Rechtsfehler vorlagen. Die Entscheidung stützt sich auf § 349 Abs. 4 StPO, der eine teilweise Aufhebung bei Erfolg der Revision vorsieht.
Ergebnis
Die Entscheidung des BGH im Verfahren 1 StR 112/24 verdeutlicht die Komplexität des Steuerstrafrechts und die hohen Anforderungen an die Begründung von Strafzumessungen und Einziehungsentscheidungen. Insbesondere die Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs zeigt, dass formale Fehler in der Begründung eines Urteils erhebliche Folgen haben können. Die teilweise Einstellung des Verfahrens und die Änderung des Schuldspruchs unterstreichen zudem die Bedeutung einer sorgfältigen Prüfung im Revisionsverfahren.
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