LG Aschaffenburg zur Impressumspflicht auf Facebook

Das Landgericht Aschaffenburg (2 HK O 54/11) hat sich mit der Impressumspflicht auf Facebook beschäftigtund – wenig überraschend – festgestellt:

„Auch Nutzer von „Social Media“ wie Facebook-Accounts müssen eine eigene Anbieterkennung vorhalten, wenn diese zu Marketingzwecken benutzt werden und nicht nur eine reine private Nutzung vorliegt“

Dass man zu dieser Feststellung lapidar auf zwei andere Urteile verweist, in denen es um ein Blog und einen Internet-Marktplatz ging – also nicht gerade vergleichbare Dienste im Vergleich zu Facebook – passt leider in das Gesamtbild der Entscheidung, die durchaus kritisch gesehen werden kann.

1. Impressumspflicht: Ja!

Wie schon angesprochen ist die Entscheidung zwar erstmalig auf Facebook bezogen, aber inhaltlich wenig überraschend. Auch ich, als einer der wenigen Vertreter der Ansicht, dass nicht jeder „Sub“-Dienst als eigener Telemediendienst einzustufen ist, muss insofern anerkennen, dass die herrschende Meinung es anders sieht.

2. Wie benennen?
Überraschend ist aber, mit welcher Leichtigkeit das Landgericht in seiner Entscheidung neue Probleme schafft. Dort wird nämlich mit folgenden Worten festgestellt, dass die Platzierung der Informationen unter dem Button „Info“ nicht ausreicht:

„Die Pflichtangaben müssen einfach und effektiv optisch wahrnehmbar sein. Sie müssen ohne langes Suchen auffindbar sein. Bezüglich der Bezeichnung des Links werden Bezeichnungen wie z.B. Nutzerinformationen mangels Klarheit abgelehnt (vgl. Micklitz/Schirmbacher Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 2. Auflage 2011 § 5 TMG Randnr. 21).

Deshalb liegt bereits in der Bezeichnung „Info“ ein Verstoß gegen § 5 Telemediengesetz vor.“

Nun ist der Spindler/Schuster inzwischen – wohl zu Recht – der neue Lieblingskommentar unter den IT-Recht-Kommentaren. Aber einfach mit einer Einzelmeinung eine derartige Behauptung, ohne eine auch nur irgendwie geartete Begründung, aufzustellen erscheint mir doch etwas gewagt und sollte hinterfragt werden.

Der (I ZR 228/03) hat bereits 2006 in seiner grundlegenden Entscheidung zum richtigerweise festgestellt:

„Die erforderlichen Informationen müssen deshalb u.a. leicht erkennbar sein. Befinden sich die erforderlichen Angaben nicht auf der Startseite, gehört hierzu, dass der Anbieter für weiterführende Links Bezeichnungen wählt, die verständlich sind und sich dem Nutzer ohne weiteres erschließen.“

Damals segnete der BGH die Bezeichnung „Kontakt“ ab und stellte klar, dass auch andere Bezeichnungen möglich sind – solange der Nutzer dahinter entsprechende Informationen (üblicherweise) erwartet. Nun ist „Info“ durchaus eine sehr allgemeine Schaltfläche und würde auf einer „normalen“ Webseite vielleicht wirklich nicht ausreichen. Hier aber geht es um keine Webseite, sondern um eine Facebook-Seite, wobei Facebook-Nutzer die seit Jahren üblichen (und von Facebook vorgegebenen) Standards kennen. Dazu gehört, dass sämtliche Informationen rund um das auf der jeweiligen Seite besprochene Thema/Produkt/Unternehmen unter „Info“ präsentiert werden. Das kann man durchaus anders sehen, wenn auch m.E. nicht überzeugend. Das Landgericht Aschaffenburg aber sieht das nicht einmal und nutzt eine Fundstelle zu einer Thematik („Webseite“), die bestenfalls mit dem jetzt vorhandenen Problem („Facebook-Fanpage“) Artverwandt ist. Der hier gezogene Schluss, ohne jegliche Begründung und Betrachtung der Sachlage grenzt an handwerkliches Misslingen und kann im Ergebnis so nicht überzeugen.

Die grundlegende Frage, nämlich ob der Link namens „Info“ ausreicht, wurde vom Landgericht insofern nicht brauchbar gewürdigt, sondern geradezu ignoriert und lieblos „abgehakt“. An dieser Stelle ist die Entscheidung schlicht unbrauchbar und sollte nicht als Referenz-Entscheidung herhalten.

3. Wo anzeigen?
Wer meiner Sicht unter Punkt 2 zustimmt, wird die Entscheidung aus Aschaffenburg als Einzelmeinung abtun und die Platzierung der Informationen unter dem Button „Info“ genügen lassen. Andere behelfen sich damit, dass man eine weitere Seite anlegt, die „Impressum“ heißt und dort alle wesentlichen Informationen hinterlegt. Auch ein guter Ansatz, aber:

Arno Lampmann spricht richtigerweise an, dass diese Seiten nicht immer angezeigt werden. Wer etwa eine Facebook-Seite über m.facebook.com aufruft oder über die offizielle Facebook-App, der sieht diese Seite nicht, sondern nur „Info“. Das hilft dann also doch nicht weiter. Noch schlimmer: In der offiziellen Facebook-App (für das iPad, Stand 04.11.2011) wird nicht einmal mehr der Infotext angezeigt. Und, um noch einen drauf zu setzen, das OLG Hamm (I-4 U 225/09) hat bereits letztes Jahr entschieden, dass man sich darum zu kümmern hat, dass Pflicht angaben auf auf – zumindest offiziellen – alternativen Zugängen angezeigt werden müssen.

Also: Am Ende derzeit keine Möglichkeit, eine rechtssichere Facebook-Seite anzubieten? Das kommt drauf an:

  1. Wer mir oben im Punkt 2 zustimmt, der hinterlegt sein Impressum unter „Info“, das auch über m.facebook.com angezeigt wird, und ist insofern erst einmal beruhigt.
  2. Bei der (iPad-)App hilft das leider derzeit nicht, da dort der Infotext nicht angezeigt wird. Allerdings sehe ich hier, mit Blick auf das OLG Hamm, einige Einschränkungen: Zum einen ging es beim OLG Hamm um eine Verkaufsanzeige auf und deren Darstellung auf mobilen Endgeräten, wobei dem Betroffenen vorgeworfen wurde, schon längst gewusst zu haben, dass es hier Probleme gab. Das OLG Hamm hat ausdrücklich festgestellt, dass es keine Kontrollpflichten ins Blaue hinein gibt. Dazu kommt, dass im Zweifelsfall, wenn man sieht, dass bei eBay etwas nicht funktioniert, die entsprechenden Angaben einfach in die jeweilige Auktionsbeschreibung aufgenommen werden können, die ja in jedem Fall angezeigt wird. Damit ist die Abhilfe im konkreten Fall sowohl möglich als auch zumutbar. Bei der Facebook-App sieht das anders aus: Hier gibt es gar keine zentrale Möglichkeit, den Text zu hinterlegen. Wer hier anderes vom Seitenbetreiber verlangt, verlangt etwas unmögliches, was mit der deutschen Rechtsprechung nicht möglich wäre. Somit bliebe nur die Möglichkeit, zu verlangen, dann die Seite ganz einzustellen – hier wird man dann diskutieren müssen, ob das überhaupt noch zumutbar wäre, was ich verneinen möchte, da Facebook-Seiten wesentliche Marketingfaktoren geworden sind, deren Verzicht einen empfindlichen Werbenachteil bedeuten kann.

4. Zentrales Impressum: Ja, aber…

Während ich oben im Punkt 2 harsche Kritik am Gericht übe, möchte ich in einem anderen Punkt aber zustimmen. Man liest dort nämlich im Urteil, dass ein zentrales Impressum möglich ist. Das bedeutet, man hinterlegt auf der eigenen Webseite ein Impressum und verlinkt von anderen Seiten und auch Angeboten (wie Twitter) dorthin. Aber: Das Verlinken alleine reicht nicht! Vielmehr gilt:

Nach dem […] vorliegenden Impressum auf der Website der Antragsgegnerin im Zeitraum vom 25.07.-29.07.2011, ist nicht eindeutig erkennbar, auf welche Telemedien sich das Impressum bezieht.

Das heisst, man muss im zentralen Impressum auch noch vermerken, „Dieses Impressum gilt auch für unser Angebot auf Facebook, zu finden unter ….“. Auf den ersten Blick sieht das aus wie Förmelei, ist aber sehr praxisrelevant und durchdacht: Wir leiden zunehmend unter so genannten Fake-Seiten, die vorgeben, im Namen einer Person oder eines Unternehmens betrieben zu werden, die davon nichts weiss. Durch die ausdrückliche Inbezugnahme im zentralen Impressum wird deutlich, dass es sich bei bestimmten Accounts eben nicht um Fake-Accounts handeln kann.

5. Datenschutzerklärung

Interessant ist, wie sich nun jeder auf das Thema das Impressums stürzt – und die Frage der Datenschutzerklärung außen vor lässt. Zur Erinnerung, im §13 TMG findet sich

„Der Diensteanbieter hat den Nutzer zu Beginn des Nutzungsvorgangs über Art, Umfang und Zwecke der Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten […] in allgemein verständlicher Form zu unterrichten, sofern eine solche Unterrichtung nicht bereits erfolgt ist.“

Wenn nun schon jeder Facebook-Seitenbetreiber als Diensteanbieter eingestuft wird: Muss der nun auch noch eine Datenschutzerklärung anbieten? Oder ist das „schon erfolgt“, weil ja Facebook eine (angeblich nicht ausreichende!) Erklärung anbietet, die allerdings jedenfalls nicht registrierte Nutzer sicherlich nicht vor Beginn des Nutzungsvorgangs gelesen haben werden. Das Problem wird man wahrscheinlich weiterhin damit ignorieren, dass man sich abhilft und den §13 TMG als Norm ohne verhaltensregelnden Charakter einstuft, also als „nicht abmahnfähig“. Lange dürfte es aber nicht mehr dauern, bis das Thema akut wird.

6. Und was nun?

Es kann zumindest nicht schaden, eine zusätzliche Seite anzulegen, auf der die Impressumsdaten hinterlegt werden, denn klar sollte eines sein: Die Impressumspflicht gilt nicht nur auf eigenen Webseiten, sondern eben auch bei anderen Diensten, ausdrücklich Twitter und Facebook. Ich plädiere weiterhin dafür, die Informationen unter „Info“ abzulegen, wo sie auch hingehören und von den Nutzern gesucht werden.

Hinsichtlich mobiler Endgeräte muss man mit dem OLG Hamm gerade nicht ständig prüfen, ob alles richtig angezeigt wird, sondern nur bei konkret bekannten Problemen agieren. Also wird man auch nicht dauerhaft mit Apps prüfen müssen, ob sich wieder etwas geändert hat (Die iPad-App hatte vor kurzem noch alles korrekt angezeigt). Wegen der bereits bekannten Probleme mit der iPad-App möchte ich eine restriktive Handhabung empfehlen und ansonsten dazu raten, entsprechend den obigen Ausführungen den Standpunkt aus Aschaffenburg, eine Bezeichnung „Info“ nicht ausreichen zu lassen, abzulehnen. Facebook-Nutzer sollten sich hier auch nicht von einer einzelnen Entscheidung einschüchtern lassen, gleichwohl aber das Problem im Auge behalten. Für panikartige Reaktionen sehe ich derzeit jedenfalls keinen Anlass.

Daneben sollte man beachten, dass zentrale Impressumsseiten die jeweils einbezogenen Angebote nennen sollten, wobei man nicht einfach nur „Gilt auch für unser Facebook-Angebot“ schreiben sollte, sondern vielmehr den konkreten Dienst „Unsere Facebook-Seite unter …“ zu benennen hat.

Übrigens: Anstatt sich von Einzelmeinungen „jeck“ machen zu lassen, sollte man lieber sein Impressum ordentlich pflegen. Bis heute sehe ich immer wieder drei typische Fehler, die einfach nicht verschwinden wollen: (1) Der Vertretungsberechtigte samt ladungsfähiger Anschrift wird nicht benannt, (2) die Rechtsform wird nicht benannt, wobei auch „GbR“ zwingend zu nennen ist und (3) man denkt nur an das TMG und vergisst den inhaltlich verantwortlichen zu benennen.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften. Dabei bin ich fortgebildet in Krisenkommunikation und Compliance.

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