Cum-Ex-Skandal: Neue Entwicklungen im wohl größten Steuerstrafverfahren Deutschlands

Der Cum-Ex-Skandal bleibt ein juristischer und gesellschaftlicher Dauerbrenner. Auch in den letzten Wochen gab es bedeutende Entwicklungen: Ein millionenschwerer Vergleich in Wiesbaden, der spektakuläre Geständnis-Widerruf eines Kronzeugen und die Ankündigung neuer Anklagen durch die Kölner Staatsanwaltschaft. Diese Vorgänge verdeutlichen, dass die juristische Aufarbeitung der systematischen Steuerhinterziehung durch Cum-Ex-Deals noch lange nicht abgeschlossen ist – eine Überblick über die spannendsten Pressemeldungen.

Wiesbadener Landgericht stellt Verfahren gegen Millionen-Zahlung ein

Ein weiteres Kapitel der Cum-Ex-Prozesse findet beim Landgericht Wiesbaden sein Ende, wie der Spiegel berichtet: Ein früherer Börsenhändler, der über Cum-Ex-Geschäfte der HypoVereinsbank (HVB) hohe Provisionen kassierte, muss nicht mehr mit einer Verurteilung rechnen. Gegen eine Geldauflage von 2,8 Millionen Euro wurde das Verfahren eingestellt. Hintergrund ist die weitreichende Anklage aus dem Jahr 2017, die den berüchtigten Steueranwalt Hanno Berger bereits zu einer Haftstrafe führte. Der hessische Fiskus erlitt allein in diesem Fall einen Steuerschaden von rund 113 Millionen Euro.

Diese Entscheidung wirft einmal mehr die Frage auf, wie gerecht ein System ist, das es hochrangigen Akteuren der Finanzwelt ermöglicht, sich durch Geldzahlungen vor einer strafrechtlichen Verurteilung zu schützen – während andere diesen Weg nicht gehen können. Gleichzeitig macht die Vielzahl der noch anhängigen Verfahren deutlich, dass ein vollständiges Schließen der Cum-Ex-Verfahren noch in weiter Ferne liegt.

Kronzeuge widerruft Geständnis

Für Aufsehen sorgt aktuell der Fall eines Kronzeugen, über den das Handelsblatt berichtet: Der Steueranwalt hatte in den vergangenen Jahren als Kronzeuge erheblich zur Aufklärung des Cum-Ex-Skandals beigetragen. Nun vollzog er eine dramatische Kehrtwende: Vor dem Landgericht Bonn erklärte er, dass sein ursprüngliches Geständnis unter Druck seiner ehemaligen Anwälte sowie der Kölner Staatsanwaltschaft zustande gekommen sei. Er sei von seinen Verteidigern zu Aussagen gedrängt worden, die ihn als vorsätzlichen Täter hinstellten. Der kronzeuge spricht von einem “Ablasshandel” zwischen seinen Ex-Verteidigern und der früheren Cum-Ex-Chefermittlerin.

Diese Entwicklung stellt die Glaubwürdigkeit früherer Zeugenaussagen in Frage und könnte weitreichende Konsequenzen für andere laufende Verfahren haben. Gleichzeitig könnte dieser Widerruf auch als strategischer Schachzug gewertet werden, um seine eigene Haftstrafe zu reduzieren. Die juristischen Folgen dieses Rückziehers sind derzeit von außen kaum prognostizierbar.

Hier bin ich wirklich gespannt, wie sich die Situation entwickelt – einiges in der Berichterstattung stimmt mich kritisch, hier vorschnell abzuwinken. Andererseits macht es auf mich den Eindruck, wie das typische Umkippen zum “Strampeln” vor Gericht, was extrem hässlich für Angeklagte enden kann (da man den bisher erarbeiteten Bonus zuerst verspielt und dann noch negatives drauf schaufelt). Ohne gute (krisen-)Kommunikation in der Verteidigung kann es übel werden …

Rechtsanwalt Jens Ferner

Fachanwalt für Strafrecht & zertifizierter Experte für Krisenkommunikation

Cum-Ex-Gutachten: Durchsuchung bei Universitätsprofessor

Im Rahmen der Ermittlungen zum Cum-Ex-Steuerskandal hat die Staatsanwaltschaft Köln laut Tagesschau-Bericht die Büroräume eines renommierten Universitätsprofessors durchsucht, der einst Gutachten zu den umstrittenen Aktiengeschäften verfasst hatte. Der Verdacht: Seine Rechtsgutachten könnten dazu beigetragen haben, dass Milliardensummen an Steuern unrechtmäßig erstattet wurden, obwohl sie nie gezahlt worden waren.

Angeblich sei man damals von der Rechtmäßigkeit der Modelle ausgegangen sein; die Ermittler prüfen nun, ob bewusst Gefälligkeitsgutachten erstellt wurden, um die Steuertricks der Akteure zu legitimieren. Der Fall wirft damit grundsätzliche Fragen zur Verantwortung wissenschaftlicher Expertise in wirtschaftskriminellen Kontexten auf.

Kölner Staatsanwaltschaft plant neue Anklagen

Trotz zahlreicher abgeschlossener Verfahren steht die strafrechtliche Aufarbeitung des Cum-Ex-Skandals noch am Anfang, berichtet das Manager-Magazin: Die Kölner Staatsanwaltschaft, die federführend in den Ermittlungen ist, kündigte jüngst an, weitere Anklagen in laufenden Verfahren zu erheben. Rund 130 Verfahren sind noch anhängig, mit insgesamt etwa 1700 Beschuldigten. Ziel ist es nicht nur, weitere Verantwortliche zur Rechenschaft zu ziehen, sondern auch, möglichst viele unrechtmäßig erstattete Steuerbeträge für den deutschen Fiskus zurückzuholen.

Ein Problem bleibt allerdings die Verjährung. Bereits in 34 Fällen konnten keine strafrechtlichen Konsequenzen mehr gezogen werden, da die Taten zu lange zurückliegen. Trotz der Anstrengungen der Ermittler sind somit einige der Hauptverantwortlichen nicht mehr justiziabel.

Rechtsanwalt Ferner zum Cum-Ex-Skandal: Neue Entwicklungen im wohl größten Steuerstrafverfahren Deutschlands

Die Situation ist für die Betroffenen undankbar: Soll man versuchen, weiter in die Länge zu ziehen und auf die Verjährung zu hoffen? Das Problem ist freilich, dass eine Einziehung (“Vermögensabschöpfung”) auch bei verjährten Taten im Raum steht. Selbst bei einer Einstellung sollte mit dem allgemeinen Verständnis des §401 AO eine Einziehung erwartet werden – wobei die Höhe der Auflage sich an dem Einziehungsbetrag zu orientieren hat (Nr.93 RiStBV). Im Zweifelsfall wird es eine Kombination der Verteidigungslinien sein, die zu einem optimierten, wenn auch nicht optimalen, Ergebnis führt. Klassisches Denken jedenfalls dürfte kaum bei der Entwicklung von Verteidigungsstrategien funktionieren.


Fazit: Ein Skandal, der Deutschland noch lange beschäftigen wird

Der Cum-Ex-Skandal hat den deutschen Steuerzahler Milliarden gekostet – und die juristische Aufarbeitung ist noch lange nicht abgeschlossen. Während einige Täter mit Geldauflagen davonkommen, kämpfen andere um ihre Glaubwürdigkeit. Gleichzeitig versuchen die Ermittler, durch neue Anklagen wenigstens einen Teil der veruntreuten Gelder zurückzuholen.

Diese jüngsten Entwicklungen zeigen, dass es bei der Ahndung von Finanzkriminalität oft um mehr als bloße Rechtsfragen geht – es geht um Glaubwürdigkeit, politische Verantwortung und die Frage, inwieweit ein System bereit ist, sich gegen seine eigenen Missstände zu wehren. Eines steht fest: Der Cum-Ex-Skandal wird Deutschland noch lange beschäftigen. Und ohne gute Verteidigungsstrategien stehen sozialer und finanzieller Ruin im Raum, die Rechtsprechung zeigt sich unnachgiebig.

Fachanwalt für Strafrecht & IT-Recht bei Anwaltskanzlei Ferner Alsdorf
Rechtsanwalt Jens Ferner ist Spezialist für Strafverteidigung (insbesondere bei Wirtschaftskriminalität wie Geldwäsche, Betrug bis zu Cybercrime) sowie für IT-Recht (Softwarerecht und KI, IT-Vertragsrecht und Compliance) mit zahlreichen Publikationen. Als Fachanwalt für Strafrecht und IT-Recht vertrete ich Mandanten in komplexen Zivil- und Strafverfahren, insbesondere bei streitigen Fragen im Softwarerecht, bei der Abwehr von strafrechtlichen Vorwürfen oder Ansprüchen in der Managerhaftung sowie bei der Einziehung von Vermögenswerten. Mein Fokus liegt auf der Schnittstelle zwischen technischem Verständnis und juristischer Strategie, um Sie in digitalen Fällen und wirtschaftlichen Strafsachen effektiv zu verteidigen und zu beraten.

Erreichbarkeit: Per Mail, Rückruf, Threema oder Whatsapp.

Unsere Anwaltskanzlei ist spezialisiert auf Strafverteidigung, Cybercrime, Wirtschaftsstrafrecht samt Steuerstrafrecht sowie IT-Recht und Managerhaftung. Von Verbrauchern werden allein Strafverteidigungen übernommen - wir sind im Raum Aachen zu finden und bundesweit tätig.
Rechtsanwalt Jens Ferner
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner

Rechtsanwalt Jens Ferner ist Spezialist für Strafverteidigung (insbesondere bei Wirtschaftskriminalität wie Geldwäsche, Betrug bis zu Cybercrime) sowie für IT-Recht (Softwarerecht und KI, IT-Vertragsrecht und Compliance) mit zahlreichen Publikationen. Als Fachanwalt für Strafrecht und IT-Recht vertrete ich Mandanten in komplexen Zivil- und Strafverfahren, insbesondere bei streitigen Fragen im Softwarerecht, bei der Abwehr von strafrechtlichen Vorwürfen oder Ansprüchen in der Managerhaftung sowie bei der Einziehung von Vermögenswerten. Mein Fokus liegt auf der Schnittstelle zwischen technischem Verständnis und juristischer Strategie, um Sie in digitalen Fällen und wirtschaftlichen Strafsachen effektiv zu verteidigen und zu beraten.

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