BGH: Unterlassungserklärung per PDF-Anhang genügt – aber nur unter bestimmten Voraussetzungen

Mit Urteil vom 12. Januar 2023 (Az. I ZR 49/22 – „Unterwerfung durch PDF“) hat der (BGH) eine praxisrelevante Klarstellung zum Zugang und zur Wirksamkeit einer strafbewehrten getroffen, die per E-Mail und als PDF-Datei übermittelt wurde. Die Entscheidung konkretisiert die Anforderungen an die Ernstlichkeit und Rechtsverbindlichkeit einer solchen Erklärung – insbesondere im Lichte technischer Entwicklungen und handelsrechtlicher Sonderregelungen.

Sachverhalt

Ein Unternehmen hatte zwei Werbe-E-Mails an eine gewerbliche E-Mail-Adresse einer Klägerin versandt – ohne deren Einwilligung. Diese mahnte ab und forderte eine unterschriebene Unterlassungserklärung im Original, gestattete jedoch die Vorabübersendung per E-Mail oder Fax. Der Beklagte übersandte am letzten Tag der Frist eine unterschriebene Erklärung per E-Mail im PDF-Format, jedoch nicht im Original. Die Klägerin akzeptierte die Erklärung nicht und erhob . Während des Verfahrens reichte der Beklagte das Original nach. Die Klägerin erklärte daraufhin die Hauptsache für erledigt. Umstritten war nun, wer die Kosten des Verfahrens zu tragen hat.

Rechtliche Analyse

1. Formfreiheit bei Unterlassungserklärungen von Kaufleuten

Der BGH stellte zunächst klar: Bei Unterlassungserklärungen eines Kaufmanns im Rahmen seines Handelsgewerbes gelten die §§ 343 Abs. 1, 350 HGB – mithin besteht keine gesetzliche Schriftformpflicht. Eine Übermittlung als PDF genügt daher grundsätzlich den formellen Anforderungen an die Abgabe einer Unterlassungserklärung.

2. Ernstlichkeit der Erklärung trotz E-Mail-Versand

Zentral war die Frage, ob die per PDF übermittelte Erklärung die beseitigt. Hierzu bekräftigte der BGH: Entscheidend ist, ob die Erklärung aus Sicht eines objektiven Empfängers ernst gemeint ist und eine geeignete Sanktionsandrohung enthält, also ein Vertragsstrafeversprechen beinhaltet.

Die bloße Ablehnung der Schriftform durch den Schuldner begründet für sich genommen nicht zwingend Zweifel an der Ernstlichkeit – vorausgesetzt, der Gläubiger kann die Erklärung inhaltlich und urheberschaftlich rechtssicher zuordnen. Gerade bei PDF-Dateien mit handschriftlicher Signatur sei dies – anders als früher etwa bei Fernschreiben – regelmäßig gegeben.

3. Keine rechtliche Sanktion bei Ablehnung durch Gläubiger

Der BGH verweist auf seine erst jüngst geänderte Rechtsprechung: Lehnt der Gläubiger die Annahme einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ab, entfällt die Wiederholungsgefahr nicht – denn dann fehlt es an einer wirksamen Sanktionsandrohung (Verweis auf BGH, I ZR 144/21 – „Wegfall der Wiederholungsgefahr III“). Diese Linie zieht der Senat auch hier durch: Die per E-Mail übermittelte Erklärung genügte zwar den formellen Anforderungen, wurde aber von der Gläubigerin ausdrücklich abgelehnt. Damit bestand die Wiederholungsgefahr fort – und die Klage war zunächst begründet.

4. Kein Vertrauensschutz für Altfälle

Der Beklagte konnte sich nicht auf die frühere Rechtslage berufen. Zwar hatte der BGH in älteren Urteilen (z. B. „Senioren-Paß“, GRUR 1982, 688) den Zugang einer Unterlassungserklärung auch bei Ablehnung durch den Gläubiger ausreichen lassen. Doch die geänderte Rechtsprechung gilt rückwirkend – jedenfalls dann, wenn keine unzumutbare Härte ersichtlich ist. Diese erkannte der BGH im konkreten Fall nicht.

Rechtsanwalt Jens Ferner, TOP-Strafverteidiger und IT-Rechts-Experte - Fachanwalt für Strafrecht und Fachanwalt für IT-Recht

Die Unterlassung per PDF-Datei ist rechtlich zulässig – sofern sie ernsthaft gemeint und verlässlich zugeordnet werden kann. Doch ohne Zustimmung des Gläubigers bleibt sie wirkungslos. Der digitale Weg ersetzt nicht die rechtliche Bindung. Der BGH setzt damit sowohl auf Rechtsklarheit im Zeitalter elektronischer Kommunikation als auch auf konsequente Durchsetzung formeller Anforderungen bei verhaltenssteuernden Erklärungen.

Fazit

Die Entscheidung des BGH verdeutlicht die zunehmende Akzeptanz digitaler Kommunikationsformen im Rechtsverkehr – insbesondere bei Unterlassungserklärungen von Kaufleuten. Zugleich bleibt der Maßstab der Ernstlichkeit und Sanktionswirkung entscheidend für den Wegfall der Wiederholungsgefahr. Eine PDF-Datei genügt formell, aber nur bei rechtssicherer Annahme durch den Gläubiger entfaltet sie ihre rechtliche Wirkung.

Fachanwalt für Strafrecht & IT-Recht bei Anwaltskanzlei Ferner Alsdorf
Rechtsanwalt Jens Ferner ist Fachanwalt für Strafrecht sowie Fachanwalt für IT-Recht und widmet sich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht - mit Schwerpunkten in Cybercrime, Cybersecurity, Softwarerecht und Managerhaftung. Er ist zertifizierter Experte für Krisenkommunikation & Cybersecurity; zudem Autor sowohl in Fachzeitschriften als auch in einem renommierten StPO-Kommentar zum IT-Strafprozessrecht sowie zur EU-Staatsanwaltschaft. Als Softwareentwickler ist er in Python zertifiziert und hat IT-Handbücher geschrieben.

Erreichbarkeit: Per Mail, Rückruf, Threema oder Whatsapp.

Unsere Kanzlei ist spezialisiert auf Starke Strafverteidigung, seriöses Wirtschaftsstrafrecht und anspruchsvolles IT-Recht inkl. IT-Sicherheitsrecht - ergänzt um Arbeitsrecht mit Fokus auf Managerhaftung. Von Verbrauchern werden allein Strafverteidigungen und im Einzelfall Fälle im Arbeitsrecht übernommen!
Rechtsanwalt Jens Ferner

Von Rechtsanwalt Jens Ferner

Rechtsanwalt Jens Ferner ist Fachanwalt für Strafrecht sowie Fachanwalt für IT-Recht und widmet sich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht - mit Schwerpunkten in Cybercrime, Cybersecurity, Softwarerecht und Managerhaftung. Er ist zertifizierter Experte für Krisenkommunikation & Cybersecurity; zudem Autor sowohl in Fachzeitschriften als auch in einem renommierten StPO-Kommentar zum IT-Strafprozessrecht sowie zur EU-Staatsanwaltschaft. Als Softwareentwickler ist er in Python zertifiziert und hat IT-Handbücher geschrieben.

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