Es ist mitunter ein böses Erwachen: Wer jemandem ohne Fahrerlaubnis sein Kraftfahrzeug überlässt, kann sich entsprechend §21 Abs.1 Nr.2 StVG strafbar machen
Mit Freiheitsstrafe (…) oder (…) Geldstrafe wird bestraft, wer (…) als Halter eines Kraftfahrzeugs (…) zulässt, dass jemand das Fahrzeug führt, der die dazu erforderliche Fahrerlaubnis nicht hat (…)
Dabei ist auch Fahrlässigkeit strafbar. Besondere Relevanz hat diese Norm selbstverständlich im gewerblichen Bereich, wo Arbeitgeber Kraftfahrzeuge an Dritte überlassen, sei es im Rahmen einer Spedition, sei es im Kleingewerbe wo Arbeitnehmer mit betrieblichen KfZ unterwegs sind – man denke nur an den Heizungs- und Sanitärbetrieb. Gerade bei den Amtsgerichten trifft man hierbei häufig auf sehr hohe Erwartungen, was der Arbeitgeber zu tun hat, nicht selten werden lebensferne, sehr theoretische Lösungen verlangt wie etwa das tägliche kontrollieren des Führerscheins. Das Kammergericht – (3) 1 Ss 340/05 (86/05) – hat hierzu einmal sehr deutlich etwas gesagt.
Das Kammergericht möchte gerade lebensferne „Lösungen“ vermeiden und führt aus:
Zwar muss der Fahrzeughalter, der einem anderen ein Kraftfahrzeug zur Führung überlässt, grundsätzlich vorher prüfen, ob dieser im Besitz der erforderlichen Fahrerlaubnis ist. Hierbei sind an seine Sorgfaltspflicht strenge Anforderungen zu stellen. Er ist deshalb grundsätzlich verpflichtet, sich zunächst den Führerschein zeigen zu lassen. Das gilt jedoch dann nicht, wenn er bereits vorher sichere Kenntnis davon erlangt hatte, dass der andere über die erforderliche Fahrerlaubnis verfügte. In einem solchen Fall darf er grundsätzlich vom Fortbestehen der einmal erteilten Fahrerlaubnis ausgehen. Dass diese dem anderen inzwischen entzogen worden sein könnte, braucht er nur dann in Rechnung zu stellen, wenn besondere Umstände, die er kennt oder bei pflichtgemäßer Sorgfalt kennen könnte und müsste, auf eine solche Möglichkeit hindeuten. Solange letzteres nicht der Fall ist, muss der Halter nicht prüfen, ob die ihm bekannte Fahrerlaubnis des anderen noch fortbesteht.
Er muss sich deshalb auch nicht, bevor er diesem das Kraftfahrzeug zur Führung überlässt, (erneut) dessen Führerschein vorlegen lassen. Dies wird besonders deutlich in Fällen, in denen – beispielsweise im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses – einer Person die Führung eines Kraftfahrzeugs wiederholt überlassen wird. Es wäre eine Überspannung der Sorgfaltspflicht und würde an der Lebenswirklichkeit vorbeigehen, würde man vom Halter verlangen, er müsse sich vor jeder Fahrzeugüberlassung erneut den Führerschein vorlegen lassen (vgl. BayObLG DAR 1978, 168 [juris]; BayObLG DAR 1988, 387 [juris]; s. auch OLG Koblenz VRS 60, 56; Hentschel, StVR 38. Aufl., StVG § 21 Rdn. 12).
Doch Vorsicht, diese deutlichen Worte ändern nichts an der vorherrschenden Praxis, zumindest regelmäßige Kontrollen zu verlangen. Speziell im Bereich von Speditionen wird man auch vorsichtshalber überlegen müssen, die ohnehin verbreitet vorhandenen Kontrollen beizubehalten. In der heutigen Zeit ist dabei etwa denkbar, einen RFID-Chip an dem Führerschein anzubringen, der bei Fahrtantritt in der Spedition automatisiert ausgelesen wird. Freilich bringt dies andere Probleme mit sich, von uns vertretene Speditionen berichten etwa, dass ausländische Polizisten schnell Probleme bei Verkehrskontrollen machen, wenn ein solcher RFID-Chip auf dem Führerschein aufgebracht ist, da man gleich irgendwelche Fälschungen vermutet.
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