Einem Auskunftsersuchen der Presse, das auf Mitteilung der Namen von Personen gerichtet ist, die in einem Gerichtsverfahren mitgewirkt haben, ist regelmäßig stattzugeben. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig (6 C 35.13) entschieden.
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Sachverhalt
Der Kläger ist Redakteur der „Anwaltsnachrichten Ausländer- und Asylrecht“. Er bat den Direktor des Amtsgerichts Nürtingen, ihm die Abschrift einer strafgerichtlichen Entscheidung zwecks Publikation in dieser Zeitschrift zu übersenden. Er erhielt eine anonymisierte Kopie des Urteils, in der die Namen der Personen geschwärzt waren, die an dem Verfahren mitgewirkt hatten (Berufsrichterin und Schöffen, Vertreter der Staatsanwaltschaft, Verteidiger, Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle). In der Folge teilte der Direktor des Amtsgerichts dem Kläger den Namen der Berufsrichterin mit, lehnte aber weitere Angaben ab. Der Kläger hat hiergegen Klage erhoben.
Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat der Verwaltungsgerichtshof Mannheim das beklagte Land Baden-Württemberg verpflichtet, dem Kläger Auskunft auch über die Namen der Schöffen zu erteilen, und im Übrigen, nämlich hinsichtlich der Namen des Vertreters der Staatsanwaltschaft, des Verteidigers und der Urkundsbeamtin, die Abweisung der Klage bestätigt: Insoweit überwiege das grundrechtlich geschützte Persönlichkeitsrecht der Betroffenen das ebenfalls grundrechtlich geschützte Auskunftsrecht der Presse. Mit seiner Revision wendet sich der Kläger gegen das Berufungsurteil, soweit dieses die Klageabweisung bestätigt hat.
Die Entscheidung
Das Bundesverwaltungsgericht hat der Revision hinsichtlich des Anspruchs auf Auskunftserteilung über die Namen des Staatsanwalts und des Verteidigers stattgegeben. Das Persönlichkeitsrecht dieser Personen muss hinter dem grundrechtlich geschützten Auskunftsinteresse der Presse zurückstehen. Sie stehen kraft des ihnen übertragenen Amtes bzw. ihrer Stellung als Organ der Rechtspflege hinsichtlich ihrer Mitwirkung an Gerichtsverfahren im Blickfeld der Öffentlichkeit. Ein berechtigtes Interesse, ihre Identität nicht gegenüber der Presse preiszugeben, ist angesichts der hohen Bedeutung des Grundsatzes der Öffentlichkeit für ein rechtsstaatliches Gerichtsverfahren nur dann anzunehmen, wenn sie erhebliche Belästigungen oder eine Gefährdung ihrer Sicherheit zu befürchten haben. Letzteres war nach den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs hier nicht der Fall.
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs lässt sich ein Vorrang ihres Persönlichkeitsrechts nicht mit der Erwägung begründen, sie trügen keine unmittelbare Verantwortung für ein Strafurteil, so dass die Kenntnis ihrer Namen keinen hinreichenden Informationswert für die Presse besitze. Unabhängig davon, dass Verteidiger und Staatsanwalt auf den gerichtlichen Verfahrensgang Einfluss nehmen können, ist es nicht Sache staatlicher Stellen, sondern Sache der Presse selbst, darüber zu bestimmen, welche Informationen unter welchen Aspekten vonnöten sind, um ein bestimmtes Thema zum Zweck einer möglichen Berichterstattung über Gerichtsverfahren im Recherchewege aufzubereiten. Der Staat hat nicht in eine journalistische Relevanzprüfung einzutreten.
Dies bedeutet allerdings nicht, dass die Presse im Rahmen der Recherche zu Gerichtsverfahren auch solche personenbezogenen Informationen herausverlangen dürfte, denen selbst bei Anlegung eines großzügigen, den besonderen Funktionsbedürfnissen und Arbeitsgewohnheiten der Presse vollauf Rechnung tragenden Maßstabs jede erkennbare materielle Bedeutung im Zusammenhang mit dem Thema der Recherche bzw. der ins Auge gefassten Berichterstattung abgeht. Das Persönlichkeitsrecht betroffener Personen hat keinen Nachrang gegenüber dem Auskunftsinteresse der Presse, wenn letzteres in Bezug auf diese Person im Dunkeln bleibt und so die Vermutung naheliegt, das Informationsverlangen erfolge insoweit „ins Blaue“ hinein oder besitze jedenfalls keinen ernsthaften sachlichen Hintergrund. Verweigert eine staatliche Stelle aus diesen Gründen die Herausgabe einer personenbezogenen Information und erläutert die Presse daraufhin nicht zumindest ansatzweise den von ihr zugrunde gelegten Wert dieser Information für ihre Recherche bzw. die ins Auge gefasste Berichterstattung, muss die staatliche Stelle davon ausgehen, dass dem Informationsverlangen ein ernsthafter Hintergrund fehlt, und ist daher ausnahmsweise nicht zur Informationsherausgabe verpflichtet. Deshalb hat das Bundesverwaltungsgericht im vorliegenden Fall die Revision des Klägers zurückgewiesen, soweit sie das Verlangen nach Bekanntgabe des Namens der Urkundsbeamtin betraf.
Quelle: Pressemitteilung des Gerichts
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