Verbogene iPhones: Ein Gewährleistungsfall

Es ist soweit, ich wurde auf den – jedenfalls für mich – ersten Fall eines verbogenen iPhones in Deutschland aufmerksam. Bei Mobilegeeks findet sich ein Artikel, auf Facebook wurde der Account „Telekom hilft“ darauf hingewiesen.

Reaktion auf „Telekom hilft“

Mit einer Mischung aus Skepsis und Amusement muss ich zur Kenntnis nehmen, wie seitens der Telekom reagiert wird:

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Es wird also wohl die Meinung vertreten, es handele sich um ein bekanntes Problem von Apple und es wird kein Gewährleistungsfall anzunehmen sein. Das erschliesst sich mir auf Anhieb nicht.

Gewährleistungsfall bei verbogenem iPhone

Wer (als Verbraucher) ein iPhone gekauft hat, hat grundsätzliche Rechte (siehe nur §475 BGB). Dabei stellt §476 BGB klar:

Zeigt sich innerhalb von sechs Monaten seit Gefahrübergang ein , so wird vermutet, dass die Sache bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war, es sei denn, diese Vermutung ist mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar.

Der Nachweis, dass der Mangel schon von Anfang an vorhanden war ist mit dieser Vermutung also einfach zu führen. Nun trägt man also ein Iphone in der Hostentasche und es verbiegt sich – ist das dann überhaupt ein Sachmangel? Was ein Sachmangel ist, findet sich in §434 BGB, hier liest man

Die Sache ist frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat. Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist die Sache frei von Sachmängeln,
1. wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet, sonst
2. wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann.

So einfach ist es: Ist es für die vorausgesetzte Verwendung, hilfsweise die gewöhnliche Verwendung, geeignet? Vielleicht mag man beim Telekomsupport denken, dass es ein Mobiltelefon ist, dass man damit telefonieren kann und somit kein Gewährleistungsfall vorliegt – dies wäre allerdings fatal. Denn ein Mobiltelefon ist beides, „mobil“ und „Telefon“. Dass man es transportiert, mitführt und unterwegs nutzt – und es hierdurch keinen Schaden nimmt – ist Teil des Produktes. Ebenso, wie es gewöhnliche Verwendung ist, sein Smartphone in der Hosentasche zu transportieren und eben nicht in einem gesondert geschützten Behältnis oder nur in einem Schaukasten.

Nachweis des Mangels

In einem Prozess wäre durch den Verbraucher als Kläger der Nachweis zu führen, dass überhaupt ein Mangel vorliegt. Zumindest in ersten Prozessen sehe ich, dass hier wohl ein Sachverständigen-Gutachten angezeigt sein wird, sofern durch den Verkäufer bestritten ist, dass sich das iPhone in der Hosentasche beim Transport verbogen hat. Apple hatte meines Wissens in ersten Stellungnahmen darauf hingewiesen, dass man vorsätzliches Verbiegen – etwa durch bestimmte Bruchstellen – nachweisen kann. Ich gehe davon aus, dass ein zu dieser Frage Stellung nehmen kann, so dass sich hier ein Beweis als möglich darstellt.

Mangel ist doch bekannt?

Auch sonst ist die Argumentation bei „Telekom hilft“ seltsam, wenn darauf verwiesen wird, dass das Problem doch schon lange bekannt sei: Ja eben. Vor dem Hintergrund fragt man sich bereits, wieso die Telekom (als Verkäufer) darauf dann nicht vorbereitet ist. Losgelöst davon, wenn seitens der Telekom dankenswerter Weise klar gestellt wird, dass der Mangel bereits seit langem bekannt ist, so wird diese auch keinen Streit führen können ob der Mangel erst später aufgetreten ist (dazu aber auch oben, es gilt ja eine Beweislastumkehr!).

Fazit: Verbogenes iPhone6 ist ein Gewährleistungsfall

Es handelt sich hier um den klassischen Gewährleistungsfall, ausser man hat das iPhone mit Absicht verbogen: Denn das Produkt scheint, zumindest in ausgewählten Einzelfällen, gewöhnlichen täglichen Belastungen im Rahmen üblicher Verwendung nicht gewachsen zu sein, der Käufer hat damit einen Anspruch auf Nachbesserungen mit den zugehörigen Folgerechten (§437 BGB). Dazu ist weder eine Zusatzversicherung notwendig, noch muss man sich an Apple verweisen lassen. Wenn Apple eine Garantie ausgesprochen hat, wäre dies eine zusätzliche Möglichkeit, es ist aber sinnvoller unmittelbar an den Verkäufer heran zutreten (jedenfalls in den ersten 6 Monaten), wobei sich der Verkäufer bei seinem Lieferanten schadlos halten kann (§478 BGB). Grund für lange Diskussionen gibt es also nicht einmal.

Daher im Fazit: Wer betroffen ist, lässt sich nicht mit Hinweisen abspeisen, sondern wehrt sich.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

Unsere Kanzlei ist spezialisiert auf Starke Strafverteidigung, seriöses Wirtschaftsstrafrecht, Arbeitsrecht und IT-Recht / Technologierecht. Beachten Sie unsere Tätigkeit im Steuerstrafrecht, digitaler gewerblicher Rechtsschutz, IT-Sicherheitsrecht sowie Softwarerecht.