Digitale Fahndung nach Zeugen

Öffentliche Suche nach Zeugen: Inzwischen wird in manchen Fällen auch nach Zeugen digital gefahndet. Dabei stellt sich durchaus die Frage, auf welcher rechtlichen Grundlage dies geschieht.

Digitale Fahndung nach Zeugen: Rechtsgrundlage

Hinsichtlich der öffentlichen nach Zeugen gibt es gesetzliche Regelungen: Zu Beachten sind hier §§131a, 131b StPO, die eine Ausschreibung und auch öffentliche Bekanntgabe bei der Suche nach Zeugen erlaubt. Dabei ist auch die Veröffentlichung einer Abbildung erlaubt, sofern folgendes beachtet wird:

  1. Die Aufklärung hat eine Straftat von erheblicher Bedeutung zum Gegenstand
  2. Die Feststellung der Identität des Zeugen ist auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert.
  3. Die Veröffentlichung muss erkennbar machen, dass die abgebildete Person nicht Beschuldigter ist.

Entsprechend §131a IV StPO gilt aber auch:

„Die Öffentlichkeitsfahndung nach einem Zeugen unterbleibt, wenn überwiegende schutzwürdige Interessen des Zeugen entgegenstehen.“

Vorgehen bei öffentlicher Fahndung nach Zeugen

Das heisst, es muss im konkreten Einzelfall immer geprüft werden, ob es besondere Schutzwürdige Interessen des Zeugen gibt. Hier gibt es zwei Aspekte, die zu bedenken sind

  1. Natürlich das des Zeugen, der mitunter gegen seinen Willen in die Öffentlichkeit gezogen wird. Insbesondere wird man wohl eine Abstufung vornehmen müssen, in welchen Medien gesucht wird. Ggfs. wird man in einer ersten Stufe erst in lokalen Tageszeitungen und erst in einer späteren Stufe im Internet ausschreiben können – je nach Dringlichkeit im jeweiligen Fall.
  2. Dazu kommt aber ein weiterer Aspekt: Wer Öffentlich bekannt gibt, welcher in Betracht kommt, zeigt dem potentiellen Täter natürlich auch, wer ihn belasten könnte wobei zugleich klar gestellt wird, dass man auf den Zeugen noch keinen Zugriff hat. Gerade bei Gewalttaten muss man als Behörde damit sehen, dass man den Zeugen einem gewissen Risiko durch den Täter aussetzt, das ebenfalls in die Abwägung aufzunehmen ist!

Zu fragen bleibt, welche Kontrolle die Behörde hier überhaupt hat – ob eine Fahndung nur „im Internet“ oder „auch auf Facebook“ stattfindet lässt sich selten trennen. Ein Link zu einer Fahndung von einer Webseite einer Tageszeitung kann schliesslich auch auf Facebook samt „Fahndungsfoto“ geteilt werden. Letztlich wäre eine Kontrolle der Fahndung insofern ohnehin nur Illusion.

Im Ergebnis wäre die Fahndung auch nach Zeugen grundsätzlich digital möglich – man benötigt aber besonders schwere Straftaten als Voraussetzung. Dabei wird die Behörde immer zu prüfen haben, ob man letztlich den Zeugen selbst nicht gefährdet, wenn man dem Täter geradewegs auf dem Silbertablett präsentiert, wer ggfs. unter Druck gesetzt werden muss um einer Strafverfolgung zu entgehen. Insofern ist nicht nur die Frage ob ausgeschrieben wird eine Abwägungsfrage, sondern auch die Frage in welcher Form ausgeschrieben wird. Die Gestaltung solcher Anzeigen sind gerade bei Zeugen Feinarbeit, etwa um zu verhindern, dass der Täter direkt erfährt, dass dies der einzige Belastungszeuge wäre. Wer hier durch unachtsamkeit der Behörde Nachteile erleidet, dem stünden m.E. Schadensersatzansprüche zur Seite.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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