Kein „mailto“ im Impressum

LG Frankfurt a. M. präzisiert Anforderungen an elektronische Erreichbarkeit: Das Landgericht Frankfurt am Main hat mit Urteil vom 5. März 2025 (Az. 2-06 O 38/25) eine wettbewerbsrechtlich relevante Entscheidung zur Impressumspflicht im Onlinehandel getroffen und dabei deutlich gemacht, dass eine E-Mail-Adresse nicht bloß über einen „mailto“- abrufbar sein darf.

Zudem bestätigte das Gericht, dass Pflichtinformationen in einem vollständig englischsprachigen Online-Shop nicht zwingend in deutscher Sprache bereitgestellt werden müssen – auch dann nicht, wenn sich das Angebot auch an deutsche Verbraucher richtet. Die Entscheidung bietet damit gleichermaßen Orientierung für grenzüberschreitend tätige Onlinehändler wie für deutsche Webseitenbetreiber mit internationalem Publikum.

Verstoß gegen die Impressumspflicht durch versteckte E-Mail-Adresse

Im Mittelpunkt der Entscheidung stand eine englischsprachige Webseite mit Sitz in Polen, die ihre Produkte auch an deutsche Verbraucher verkaufte und dabei unter anderem Social-Media-Werbung und -Marketing in Deutschland einsetzte. Die Klägerin bemängelte unter anderem, dass die E-Mail-Adresse im der Seite nicht unmittelbar erkennbar sei, sondern sich erst durch Klicken auf einen „mailto“-Link offenbare. Dies verstoße gegen § 5 Abs. 1 Nr. 2 DDG, wonach Diensteanbieter eine Adresse für die elektronische Post leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar bereithalten müssen.

Das LG Frankfurt a. M. stellte hierzu klar, dass ein bloßer Hyperlink mit „mailto“-Funktion diesen Anforderungen nicht genügt. Denn zum einen sei die E-Mail-Adresse für Nutzer nicht auf Anhieb als solche sichtbar, zum anderen setze die Funktionsfähigkeit dieses Links ein lokal installiertes E-Mail-Programm voraus. Beides widerspricht dem Gebot der unmittelbaren und barrierefreien Kommunikation. Die Nennung der konkreten Adresse – etwa in der Form „info@domain.de“ – sei daher zwingend erforderlich. Diese Klarstellung ist vor allem für Betreiber von Webseiten mit minimalistischen oder automatisierten Impressumsdarstellungen von erheblicher praktischer Relevanz.

Pflichtinformationen auf Englisch – zulässig bei fremdsprachigem Shop

Einen weiteren Angriffspunkt sah die Klägerin in der ausschließlichen Verwendung der englischen Sprache auf der Website und forderte, dass Pflichtinformationen wie Produktmerkmale, Widerrufsrecht oder Bestellmodalitäten auf Deutsch bereitgestellt werden müssten, wenn sich das Angebot an deutsche Verbraucher richte. Das Landgericht erteilte dieser Sichtweise eine klare Absage. Maßgeblich sei allein, dass die bereitgestellten Informationen verständlich seien. Eine gesetzliche Pflicht zur Verwendung der deutschen Sprache gebe es nicht. Der deutsche Gesetzgeber habe bewusst auf eine entsprechende Vorgabe verzichtet, obwohl dies europarechtlich zulässig gewesen wäre. Solange ein durchschnittlich verständiger Verbraucher den Inhalt nachvollziehen kann – was bei einfacher englischer Sprache regelmäßig der Fall sei – genügt dies dem Transparenzgebot.

Das Gericht stellte in diesem Zusammenhang auch klar, dass die Bewerbung eines Produkts auf deutschsprachigen Seiten – etwa durch Retargeting oder über Influencer – allein noch nicht bedeutet, dass auch die rechtlich relevanten Informationen in deutscher Sprache vorliegen müssen. Entscheidend sei vielmehr die Ausgestaltung der Webseite selbst. Bestehe die Seite vollständig aus englischsprachigen Inhalten, sei davon auszugehen, dass sich auch das Informations- und Kommunikationsangebot an ein entsprechend sprachlich kompetentes Publikum richte.

Widerrufsrecht und sonstige Verbraucherinformationen

In weiteren Punkten wurde die Beklagte jedoch zur Unterlassung verpflichtet. So bemängelte das Gericht etwa die Art und Weise der Information über das gesetzliche Widerrufsrecht. Diese wich in mehreren Aspekten unzulässig vom gesetzlich vorgesehenen ab. Die Rückgabe war beispielsweise unzulässig beschränkt worden – etwa durch die Forderung, der Kunde müsse ein farbig gedrucktes Rücksendeetikett bestimmter Größe verwenden, oder durch Ausschlüsse für mit Gutscheinen gekaufte Produkte. Solche Regelungen sind unzulässig, da sie geeignet sind, Verbraucher vom Ausüben ihres Widerrufsrechts abzuhalten. Auch diese Verstöße begründen nach Ansicht des Gerichts eine spürbare Beeinträchtigung im Sinne des § 3a UWG.

Ergebnis

Die Entscheidung des LG Frankfurt a. M. bietet eine willkommene Präzisierung der Informationspflichten im elektronischen Geschäftsverkehr. Webseitenbetreiber müssen sicherstellen, dass ihre E-Mail-Adresse sichtbar ausgeschrieben und ohne technische Hürden erreichbar ist – ein bloßer „mailto“-Link reicht nicht.

Zugleich schafft das Urteil erfreuliche Klarheit im viel diskutierten Spannungsfeld zwischen Fremdsprachengebrauch und Verständlichkeit: Pflichtinformationen dürfen auf Englisch erfolgen, solange die Zielgruppe diese Sprache hinreichend versteht. Das Gericht verlangt keine sprachliche Gleichschaltung, sondern setzt auf funktionale Transparenz. Für Onlinehändler bedeutet das: Auch internationale Seiten mit deutschem Publikum können rechtssicher betrieben werden – aber nur, wenn sie strukturell sauber umgesetzt sind. Die Essenz dieser Entscheidung liegt in der klaren Trennung zwischen technischer Sichtbarkeit und inhaltlicher Verständlichkeit.

Fachanwalt für Strafrecht & IT-Recht bei Anwaltskanzlei Ferner Alsdorf
Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht mit Schwerpunkt Cybersecurity & Softwarerecht. Ich bin zertifizierter Experte für Krisenkommunikation & Cybersecurity; zudem Autor sowohl in Fachzeitschriften als auch in einem renommierten StPO-Kommentar zum IT-Strafprozessrecht und zur EU-Staatsanwaltschaft.Als Softwareentwickler bin ich in Python zertifiziert und habe IT-Handbücher geschrieben.

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