Entscheidung des LG Bamberg zum strafbaren Betreiben krimineller Handelsplattformen im Internet

Am 15. Dezember 2023 fällte das Landgericht Bamberg (45 KLs 640 Js 3283/22) ein wichtiges Cybercrime-Urteil in einem Fall, der das Betreiben krimineller Handelsplattformen im Internet betraf. Im Zentrum stand ein Online-Shop, der hauptsächlich für den Handel mit Betäubungsmitteln genutzt wurde. Die Verurteilung basierte auf § 127 StGB, der das schlichte Betreiben solcher Plattformen unter Strafe stellt – und das Landgericht machte deutlich, dass ein teils legales Angebot nichts an der Strafbarkeit ändert.

Sachverhalt

Die Angeklagten betrieben seit dem 29. August 2019 einen Online-Shop im unter verschiedenen Bezeichnungen. Sie boten dort Betäubungsmittel wie Speed und an und erzielten dadurch erhebliche Gewinne. Trotz technischer und organisatorischer Probleme blieben sie aktiv und verlegten ihren Shop schließlich ins Clearnet, um weiterhin illegalen Handel zu betreiben.

Im September 2021 kam es zu einer Vereinbarung zwischen den Hauptakteuren und einem zusätzlichen Angeklagten, der einen neuen Darknet-Shop für Betäubungsmittel programmierte und administrierte. Dafür erhielt er eine monatliche Vergütung sowie eine einmalige Kommission. Ebenso wurde ein weiterer Shop im frei zugänglichen Internet eingerichtet, um bis zur Fertigstellung des neuen Darknet-Shops den Handel aufrechtzuerhalten.

Rechtliche Würdigung

Das LG Bamberg stellte fest, dass die Angeklagten sich durch ihre Handlungen des Betreibens krimineller Handelsplattformen im Internet in Verbrechensförderungsabsicht gemäß § 127 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 1, Abs. 4 StGB schuldig gemacht hatten. Dabei wurde betont, dass die Plattformen hauptsächlich zum Handel mit Betäubungsmitteln genutzt wurden und die Forenregeln sowie die angebotenen Dienste gezielt auf die Förderung solcher illegalen Aktivitäten ausgerichtet waren.

Diese Norm (§127 StGB) ist noch relativ frisch, sie wurde im Jahr 2021 ins Strafgesetzbuch eingefügt, u.a. als Reaktion auf das Cyberbunker-Verfahren.

Anforderungen für die Annahme eines Anstellungsbetruges

Um als kriminelle Handelsplattform eingestuft zu werden, müssen bestimmte Kriterien erfüllt sein:

  1. Handelsplattform: Die Plattform muss als Handelsplattform im Sinne des § 127 StGB angesehen werden. Dies schließt auch Plattformen im Darknet ein.
  2. Verbrechensförderungsabsicht: Der Zweck der Plattform muss zumindest auch in der Förderung strafrechtlich relevanter Geschäfte liegen. Dies war hier eindeutig der Fall, da die Hauptaktivität im Handel mit Betäubungsmitteln bestand.
  3. Kommunikationsinfrastruktur: Die Plattform muss eine Kommunikationsinfrastruktur bereitstellen, die es den Nutzern ermöglicht, ihre illegalen Geschäfte anzubahnen und abzuwickeln. Dies wurde durch die spezifischen Forenregeln und das Treuhandsystem deutlich.

Das Gericht betonte, dass es unerheblich sei, wenn neben den illegalen Aktivitäten auch legale Bereiche auf der Plattform existieren.

Entscheidung des LG Bamberg zum strafbaren Betreiben krimineller Handelsplattformen im Internet - Rechtsanwalt Ferner

Die Entscheidung des LG Bamberg ist nicht die erste (aber wohl zweite) zum §127 StGB. Besonders spannend dürfte sein, dass man sich hier konkret damit auseinandersetzt, dass auch legale Angebote vorhanden waren.

Das Landgericht macht dabei deutlich, dass dies allein noch kein Argument gegen die Annahme einer kriminellen Handelsplattform ist. Dies entspricht der gesetzgeberischen Intention – es verbleibt aber Verteidigungspotential, denn es kommt auf den Gesamteindruck ana.

Entscheidend ist, dass ein zentraler Zweck der Plattform die Förderung illegaler Geschäfte ist:

Die Zweckausrichtung des Forums war dabei auch auf die Förderung von Straftaten – vorliegend den Betäubungsmittelhandel – gerichtet, da der entsprechende Taterfolg objektiv begünstigt bzw. erleichtert werden sollte (vgl. Kulane in: BeckOK StGB, § 127 RNC. 33).

Auf Grund einer Gesamtschau der Umstände des Einzelfalls – insbesondere den aufgestellten Forenregeln, durch die zum Teil zwingend Angaben zum Reinheitsgrad der Drogen vorgeschrieben waren, des angebotenen Treuhandsystems und auch der Menge an Betäubungsmittelvendoren – ist es zudem ausgeschlossen, dass es sich bei den Betäubungsangeboten lediglich um zwar geduldete, gleichsam aber unerwünschte Angebote vereinzelter „schwarzer Schafe“ gehandelt hat. Bereits der Gliederung des Marktplatzbereiches in Unterbereiche wie „ verifiziert“, „Stimulanzien verifiziert“ etc. vermochte ein einschlägig bewanderter Interessent problemlos zu entnehmen, dass an diesem digitalen Ort strukturell ein inkriminiertes Angebot vorgehalten wird (vgl. Kulhanek in: BeckOK StGB, § 127 Rn. 41).

Urteil und Konsequenzen

Der Hauptangeklagte wurde zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Jahren und 9 Monaten verurteilt. Zusätzlich wurde die in einer Entziehungsanstalt angeordnet, wobei ein Teil der vorwegzuvollziehen ist. Des Weiteren wurde die des Wertes von Taterträgen in Höhe von 1.000 Euro verfügt (den Betrag hatte er in für die Bereitstellung und Administration erhalten). Die Kosten des Verfahrens wurden ebenfalls dem Angeklagten auferlegt.


Bedeutung der Entscheidung

Diese Entscheidung unterstreicht die strikte Haltung der deutschen Justiz gegenüber dem Betrieb krimineller Handelsplattformen im Internet, die mit der Schaffung des §127 StGB nochmals einfacher wurde. Sie verdeutlicht, dass nicht nur der direkte Handel mit illegalen Gütern, sondern auch die Bereitstellung einer Plattform für solche Geschäfte strafbar ist, selbst wenn diese neben legalen Angeboten feilgehalten werden. Dies setzt ein klares Signal, dass Betreiber solcher Plattformen mit erheblichen rechtlichen Konsequenzen rechnen müssen, selbst wenn ihre Plattformen auch legale Inhalte enthalten.

Die Entscheidung des LG Bamberg ist die mir bekannte zweite Entscheidung zum neuen §127 StGB und dient als Präzedenzfall: sie zeigt die Konsequenzen auf, die auf diejenigen zukommen, die das Internet für kriminelle Zwecke missbrauchen. Sie stärkt die Handhabe der Strafverfolgungsbehörden im Kampf gegen den illegalen Online-Handel und betont die Wichtigkeit einer umfassenden rechtlichen Regulierung digitaler Plattformen.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften. Dabei bin ich fortgebildet in Krisenkommunikation und Compliance.

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