Anlässlich des Holzhandels konnte sich der BGH mit den Embargo-Maßnahmen zu Birma/Myanmar befassen. Dabei geht es um relevante Fragen der Auslegung, wie folgt:
- Ist der Begriff „Ursprung in Birma/Myanmar“ des Art. 2 Abs. 2 a) i) der EG-Verordnung 194/2008 dahin auszulegen, dass keine der nachfolgend aufgeführten Bearbeitungen von in Myanmar gewachsenen Teakholzstämmen in einem Drittstaat (hier: Taiwan) einen Ursprungswechsel bewirkte, sodass es sich bei entsprechend bearbeiteten Teakhölzern weiterhin um „Güter mit Ursprung in Birma/ Myanmar“ handelte;
- Ist der Begriff „aus Birma/Myanmar ausgeführt“ des Art. 2 Abs. 2 a) ii) der EG-Verordnung 194/2008 dahin auszulegen, dass nur Güter erfasst wurden, die direkt aus Myanmar in die Europäische Union eingeführt wurden, sodass Güter, die zunächst in einen Drittstaat (hier: Taiwan) verbracht und von dort in die Europäische Union weiter transportiert wurden, der Regelung nicht unterfielen, und zwar unabhängig davon, ob sie im Drittstaat ursprungsbegründend bearbeitet oder verarbeitet wurden?
- Ist Art. 2 Abs. 2 a) i) der EG-Verordnung 194/2008 dahin auszulegen, dass ein von einem Drittstaat (hier: Taiwan) ausgestelltes Ursprungszeugnis, wonach zersägte beziehungsweise zugesägte und aus Myanmar stammende Teakholzstämme durch diese Bearbeitung im Drittstaat den Ursprung dieses Staates erlangt hätten, für die Beurteilung eines Verstoßes gegen das Einfuhrverbot des Art. 2 Abs. 2 der EG-Verordnung 194/2008 nicht bindend ist?
Hinweis: Mit der Verordnung (EU) Nr. 401/2013 hat der Rat der Europäischen Union mit Wirkung zum 3. Mai 2013 die bis dahin geltenden Sanktionsmaßnahmen gegen Birma/Myanmar weitgehend aufgehoben. Die bisher zugrunde liegende Verordnung (EG) Nr. 194/2008, um die es hier geht, wurde durch die Verordnung (EU) Nr. 401/2013 vollständig ersetzt. Angesichts der schweren Menschenrechtsverletzungen durch die Streit- und Sicherheitskräfte in Myanmar (Birma) hat der Rat der Europäischen Union mit der Verordnung (EU) 2018/647 die Sanktionsmaßnahmen erneut verschärft. Diese betreffen die Ausfuhr von Gütern des Anhangs I der Verordnung (EU) 2021/821 (EU-Dual-Use-Verordnung) sowie die Ausfuhr bestimmter Software des Anhangs III. Neben der Embargo-Problematik sind auch die weiteren kritischen Probleme beim Handel mit Hölzern zu beachten!
Sachverhalt (in Kürze)
Der Angeklagte war alleiniger Geschäftsführer einer Holzhandelsgesellschaft mit Sitz in Hamburg, die unter anderem mit in Myanmar geschlagenem Teakholz handelte, das vor allem im Bootsbau Verwendung fand. Nachdem der Rat der Europäischen Union zur Umsetzung des Gemeinsamen Standpunkts 2007/750/GASP des Rates vom 19. November 2007 die Verordnung (EG) Nr. 194/2008 des Rates vom 25. Februar 2008 zur Verlängerung und Ausweitung der restriktiven Maßnahmen gegen Birma/Myanmar erlassen hatte, setzte die Holzhandlung unter der Leitung des Angeklagten die Einfuhr von und den Handel mit Teakholz aus Myanmar fort.
Ausweitung der restriktiven Maßnahmen gegen Birma/Myanmar und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 817/2016 (im Folgenden: Myanmar-Embargo-Verordnung) erlassen, mit der die Einfuhr von Teakholz mit Ursprung in Myanmar sowie die Ausfuhr von Teakholz aus Myanmar verboten wurde.
Auf Veranlassung des Angeklagten führte die Holzhandlung u.a. zwischen Oktober 2009 und Mai 2011 in 16 Fällen Teakholz in das Zollgebiet der Gemeinschaft ein (weitere vom Landgericht festgestellte Einfuhren sind für das Vorabentscheidungsersuchen nicht von Bedeutung). Der in Taiwan ansässige Lieferant der Holzhandlung des Angeklagten hatte die Teakbäume zuvor in Myanmar gefällt, die Stämme nach Taiwan verbracht und dort in Sägewerken weiterverarbeitet.
Vorlage durch den BGH
Ob eine Strafbarkeit des Beschuldigten gegeben ist und damit eine Einziehung der beschlagnahmten Baumstämme sowie eines Geldbetrages in Höhe des Wertes des erlangten, aber nicht sichergestellten Teakholzes gegen die Einziehungsbeteiligte in Betracht kommt, hängt davon ab, wie Art. 2 Abs. 2 lit. a) i) und ii) Myanmar-Embargo-Verordnung auszulegen sind.
Weder sind die mit den Vorlagefragen aufgeworfenen Rechtsfragen bereits vom Gerichtshof der Europäischen Union entschieden worden („acte éclairé“), noch ist die Anwendung des für den außenwirtschaftlichen Ursprungs- und Ausfuhrbegriff maßgeblichen Unionsrechts derart offenkundig, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt („acte clair“). Letzteres zeigen auch die unterschiedlichen Rechtsauffassungen der Verfahrensbeteiligten im bisherigen Verfahren.
Herstellung durch zwei Länder
Da das in Myanmar geschlagene und schließlich in die Bundesrepublik Deutschland eingeführte Teakholz nach den Feststellungen des Landgerichts in Taiwan zu (teil-)entrindetem Rundholz, Teak-Quadraten oder Teak-Schnittholz weiterverarbeitet wurde, waren aus Sicht des BGH an seiner Herstellung zwei Länder beteiligt – das wirft rechtliche Fragen auf:
Taiwanesische Ursprungsware kann das in Myanmar geschlagene und mithin im Sinne des Art. 23 Abs. 1 und 2 b) Zollkodex dort geerntete Teakholz, das damit jedenfalls zunächst Ursprungsware aus Myanmar war, indes nur geworden sein, wenn in dem Befreien von Ästen und groben Ansägen von Rundholz, dem Zusägen der von Ästen und Rinde befreiten Stämme zu einem quadratischen Querschnitt (sogenannte Teak-Squares) oder dem Zuschneiden zu Bohlen und Brettern (Teakschnittholz) eine letzte wesentliche und wirtschaftlich gerechtfertigte Bearbeitung oder Verarbeitung des Teakholzes in einem dazu eingerichteten Unternehmen zu sehen wäre, die zur Herstellung eines neuen Erzeugnisses führte oder eine bedeutende Herstellungsstufe darstellte.
Es erscheint dem BGH jedoch zweifelhaft, ob die Bearbeitung des in Myanmar geschlagenen Teakholzes in Taiwan so wesentlich war, dass es nach Art. 24 ZK Ursprungserzeugnis Taiwans wurde. Der hier beteiligte Senat neigt nach ausdrücklicher Mitteilung bereits im Vorlagebeschluss dazu, diese Frage zu verneinen, und zwar für alle hier in Rede stehenden Arten der Holzbearbeitung.
Denn, so der BGH, der Europäische Gerichtshof habe bereits entschieden, dass Vorgänge, die die Aufmachung eines Erzeugnisses im Hinblick auf seinen Verwendungszweck betreffen, aber nicht zu einer erheblichen qualitativen Veränderung seiner Eigenschaften führen, seinen Ursprung nicht bestimmen können (vgl. EuGH, Urteile vom 26. Januar 1977 – C-49/76, Rn. 6, ECLI:EU:C:1977:9; vom 23. Februar 1984 – C-93/83, Rn. 13, ECLI:EU:C:1984:78).
In diesem Zusammenhang wurde das Mahlen von Rohkasein auf verschiedene Feinheitsgrade als nicht ursprungsbegründend angesehen, da es lediglich die Konsistenz dieses Erzeugnisses und seine Aufmachung im Hinblick auf seine spätere Verwendung verändert (EuGH, Urteil vom 26. Januar 1977 – C-49/76, Rn. 7, ECLI:EU:C:1977:9). Auch das Entbeinen, Entsehnen, Entfetten, Zerlegen in Teilstücke und Vakuumverpacken von Rindfleisch wurde nicht als ursprungsbegründende Verarbeitung angesehen, da das Hauptergebnis dieser Vorgänge darin besteht, die verschiedenen Teile eines Schlachtkörpers entsprechend ihrer Qualität und ihrer vorgegebenen Eigenschaften aufzuteilen und ihre Aufmachung für den Verkauf zu verändern (EuGH, Urteil vom 23. Februar 1984 – C-93/83, Rn. 10, 14, ECLI:EU:C:1984:78).
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