§ 353d Nr. 3 StGB bei der Pressearbeit

Das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg (OLG Hamburg) hat sich in einer Entscheidung vom 19.03.2024 (Az. 7 U 13/23) ausführlich mit der Anwendung von § 353d Nr. 3 StGB befasst. Diese Vorschrift behandelt das Verbot der öffentlichen Mitteilung amtlicher Dokumente aus einem Straf-, Bußgeld- oder Disziplinarverfahren vor deren Erörterung in öffentlicher Verhandlung oder vor dem Abschluss des Verfahrens. Im vorliegenden Fall ging es um die Veröffentlichung von Zitaten aus einem Vernehmungsprotokoll eines Zeugen im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens.

Sachverhalt

Die Beklagte, ein Verlag, hatte Zitate aus der staatsanwaltschaftlichen Vernehmung des Klägers zu 2) in einem Artikel veröffentlicht, der sich mit dem Dieselskandal befasste. Die Kläger, bestehend aus dem Kläger zu 2) und einer Automobilzuliefererfirma (Klägerin zu 1)), klagten auf Unterlassung dieser Veröffentlichungen. Das Landgericht Hamburg hatte zunächst die der Klägerin zu 1) als begründet angesehen, die Klage des Klägers zu 2) jedoch abgewiesen. Das OLG Hamburg befasste sich in der Berufung umfassend mit der Frage, ob § 353d Nr. 3 StGB hier als Schutzgesetz zugunsten der Kläger greift.

Rechtliche Analyse

§ 353d Nr. 3 StGB als Schutzgesetz

  1. Schutzbereich des § 353d Nr. 3 StGB:
    • § 353d Nr. 3 StGB dient dem Schutz der Integrität amtlicher Dokumente, um die im Rahmen des Verfahrens beteiligten Personen vor einer Beeinflussung durch öffentliche Erörterung zu bewahren. Laut der amtlichen Begründung soll die Vorschrift auch den Betroffenen eines Verfahrens vor einer Bloßstellung schützen, bevor die Vorwürfe in öffentlicher Verhandlung geprüft wurde.
    • Das Gericht stellte fest, dass der Kläger zu 2) als nicht unter den Schutzbereich von § 353d Nr. 3 StGB fällt, da dieser Schutz nur den Beschuldigten eines Ermittlungsverfahrens zugutekommt.
  2. Veröffentlichung von Vernehmungsprotokollen:
    • Die Veröffentlichung der Zitate aus dem Vernehmungsprotokoll des Klägers zu 2) stellt nach Ansicht des OLG Hamburg keine Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar, da die Aussagen zutreffend wiedergegeben wurden und keine besonderen Vertraulichkeitsanforderungen bestanden.
    • Es wurde betont, dass wahre Tatsachenbehauptungen grundsätzlich keine Verletzung des Persönlichkeitsrechts darstellen und hingenommen werden müssen, selbst wenn sie nachteilig sind.
  3. Öffentliches Interesse und :
    • Die Berichterstattung der Beklagten über den Dieselskandal und die damit verbundenen Ermittlungen ist von hohem öffentlichen Interesse, was die Veröffentlichung der Zitate rechtfertigt.
    • Das OLG Hamburg stellte fest, dass die Beklagte mit der Veröffentlichung der Zitate einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung geleistet hat, was durch die Meinungs- und Medienfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG geschützt ist.

Abwägung der Interessen

Das Gericht führte eine Abwägung zwischen dem Schutz der Persönlichkeitsrechte der Kläger und dem öffentlichen Interesse an der Berichterstattung durch:

  • Wahrnehmung berechtigter Interessen: Trotz der Veröffentlichung von Zitaten aus dem Vernehmungsprotokoll überwiegt das öffentliche Interesse an der Berichterstattung über den Dieselskandal. Das Informationsinteresse der Öffentlichkeit ist in diesem Fall besonders hoch.
  • Keine schwerwiegende Beeinträchtigung: Die veröffentlichten Zitate beinhalten keine Informationen, die das Ansehen der Klägerin zu 1) erheblich beschädigen könnten. Vielmehr müssen Informationen über die unternehmerische Tätigkeit und die Vorgänge innerhalb der Firma im Zusammenhang mit dem Dieselskandal öffentlich zugänglich sein.

Fazit

Das OLG Hamburg hat klargestellt, dass § 353d Nr. 3 StGB als Schutzgesetz zugunsten der Beschuldigten in einem dient, jedoch nicht zum Schutz von Zeugen oder anderen Personen, deren Aussagen in den Ermittlungsakten enthalten sind. Die Veröffentlichung von Zitaten aus Vernehmungsprotokollen kann durch das öffentliche Interesse an der Berichterstattung gerechtfertigt sein, insbesondere wenn es sich um Vorgänge von erheblicher öffentlicher Bedeutung wie den Dieselskandal handelt.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften. Dabei bin ich fortgebildet in Krisenkommunikation und Compliance.

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